Kritische Edition von Georg Friedrich Händels Messiah in der Fassung Johann Adam Hillers (1786)

2009–2010, gefördert von der Fritz-Thyssen-Stiftung

Erstmalige Wiederaufführung bei den Göttinger Händel-Festspielen 2010 am 21. Mai 2010Georg Friedrich Händels Oratorium Messiah, heute eines der populärsten Werke der Musikgeschichte, erlebte eine sehr wechselvolle Aufnahme seitens des Publikums. Händel, seit 1712 in London ansässig und eine der zentralen Personen des musikalischen Lebens jener Zeit, feierte mit der Uraufführung 1742 in Dublin einen triumphalen Erfolg, stieß kurz darauf beim heimischen Publikum in London indes auf schroffe Ablehnung. Zwar änderte sich dies einige Jahre später gründlich, dennoch blieb Messiah – wie auch die anderen Oratorien Händels – außerhalb der britischen Inseln für lange Zeit unbekannt. Im deutschsprachigen Raum fanden die ersten Aufführungen erst 1772 in Hamburg statt. Dabei erwies sich bei aller Begeisterung für das Werk schnell, dass sich der musikalische Geschmack zwischenzeitlich erheblich gewandelt hatte. Ebenso war man gegenüber der englischen Sprache des Textes reserviert. Verschiedene Versuche wurden unternommen, diesen vermeintlichen Mängeln abzuhelfen: Ein Ergebnis war beispielsweise eine Aufführung in italienischer Sprache, die 1777 in Mannheim unternommen worden war, freilich ohne besonderen Erfolg.

Dieser Erfolg war erst einer bis heute nur wenig bekannten Bearbeitung des Messiah durch Johann Adam Hiller (1728–1804) beschieden. Als Gründer der Leipziger Musikübenden Gesellschaft, deren Konzerte seit 1781 im Gewandhaus stattfanden, war Hiller faktisch der erste Gewandhauskapellmeister. Seine Bearbeitung, die er 1786 in Berlin und Leipzig sowie 1788 in Breslau aufführte, war inspiriert von der monumental besetzten Aufführung des Messiah im Rahmen der Londoner Feierlichkeiten zu Händels 100. Geburtstag, und sie brachte Lösungen für die beiden ästhetischen Vorbehalte: Hiller übersetzte den Text ins Deutsche (wobei er sich von anderen, bereits existierenden Übersetzungen emanzipierte) und bereicherte die Instrumentation um Bläserstimmen. Mit Rücksicht auf die abweichende Textdeklamation der deutschen Fassung waren zudem teilweise erhebliche Eingriffe in die Komposition erforderlich.

Von Hillers Bearbeitung sind zwei vollständige sowie vier unvollständige Partituren erhalten, deren breit gestreute Provenienzen belegen, dass Händels Messiah im deutschsprachigen Raum bis ins 19. Jahrhundert hinein vornehmlich in der Fassung Hillers bekannt gewesen sein dürfte. Gegenstand dieses von der Fritz Thyssen Stiftung geförderten Forschungsprojekts war eine kritische Edition des Werks in der Bearbeitung Hillers. Mit der Kenntnis der Bearbeitung Hillers wird eine wichtige Lücke im Wissen um die Rezeption des Messiah wie auch des Händelschen Schaffens überhaupt geschlossen. Die Edition war zudem Grundlage für die Herstellung von Aufführungsmaterial, mit dem die erstmalige Wiederaufführung des Messiah im Rahmen der Göttinger Händelfestspiele im Mai 2010 möglich wurde.

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