Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte
Georg-August-Universität Göttingen
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PD Dr. Habbo Knoch
Habilitationsprojekt
Das Habilitationsprojekt behandelt die Entstehung und Entwicklung des Grandhotels
als Phänomen der Urbanisierung um 1900. Großstädtische Luxushotels
waren in dieser Phase Schrittmacher und Prismen der urbanen Modernität.
Die hier praktizierten und ausgeformten sozialen Stile waren maßgeblicher
Bestandteil einer Umwidmung von Vergesellschaftungsformen im Übergang
von der aristokratisch-bürgerlichen Doppelgesellschaft des 19. zur demokratischen
Massengesellschaft des 20. Jahrhunderts.
Zunächst vor allem Kristallisationspunkte einer urbanen „High Society“
verkörperten Grandhotels den von dieser geprägten Luxus, in dem
sich aristokratische Traditionen mit der Stilsuche großbürgerlicher
Aufsteiger verbanden. Mit dem Aufstieg der Grandhotels zu selbständigen
Vergnügungsorten in der City-Topographie, zu Reisezielen und zu medialen
Sehnsuchtsorten ging eine soziale Öffnung einher, die sie in den zwanziger
Jahren zu Leitorten der großstädtischen Erlebniskultur werden
ließ.
An der Schnittstelle von Stadt-, Bürgertums- und
Konsumgeschichte werden Muster der sozialen Topographie, Kommunikationsprozesse
und soziale Praktiken sowie Repräsentationen der auch mit dem Raum der
Hotels neu entstehenden Oberschichten untersucht. Das Grandhotel wird dabei
als Projektionsfeld sozialer Phantasien, als Brennpunkt der Transformationsprozesse
innerhalb der (städtischen) Oberschichten sowie als Katalysator der Modernisierung
von Konsumformen in den Blick genommen.
Seine Doppelfunktion als luxuriöse Unterkunft und
Ort einheimischer Festivitäten verweist auf die Verbindung von lokaler
Bindung und translokaler Mobilität als Parallelphänomenen der modernen
Massengesellschaft, in der sich das Großstadthotel als spezifisches
Feld moderner Vergesellschaftungsformen etabliert. Unter Einbeziehung der
innereuropäischen und transatlantischen Transferprozesse wird der Ausdifferenzierung
von Konsumstilen als Medium der sozialen Differenzierung im Zeitalter der
„Massengesellschaft“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
In der Analyse des Wechselspiels von Raum, Praxis und Imagination soll jener
Anteil näher bestimmt werden, den die Kultur der Grandhotels für
den Übergang von sich endogen definierenden, aus der Binnenkultur ihrer
Vergesellschaftung wertsetzenden Gruppen wie „Adeligen“ und „Bürgern“
zu einer im öffentlichen und medialen Raum gerahmten, kommerziell überformten
und in ihren Verhaltensformen von außen gesteuerten Oberschicht zukam.
Bürgerlicher Verkehr und städtischer
Raum
Großstadthotels in Berlin, London und New York 1880-1930