Institut für Humangenetik

Universität Göttingen

  letzte Änderung:

26.1.2000

 
       
       
   

Informationsblatt

 
   
Molekulargenetische Untersuchung bei Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit

Klinik und Vererbung der Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit

Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit kommt mit einer Inzidenz von ca. 1:1000 in der europäisichen Bevölkerung vor. 4% der Mitteleuropäer entwickeln von dem 45. Lebensjahr eine Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit und bei ca. 15-20% tritt im Laufe des Lebens eine Hörminderung auf. Es ist davon auszugehen, daß ca. 50% der Fälle von Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit auf exogene Ursachen (z.B. pränatale Rötelninfektion, Sauerstoffmangel unter der Geburt, Menigoenzephalitis, Mittelohrentzündungen, Traumata) zurückzuführen sind. Mit derselben Häufigkeit von 50% tritt die Schwerhörig- keit/Gehörlosigkeit als genetisch bedingte Erkrankung erstmals auf, kommt mehrmals innerhalb einer Geschwisterschaft vor oder wird in einer Familie über mehrere Generationen vererbt. Bei 70-75% der Kinder oder Erwachsenen mit einer Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit findet man keine weiteren Fehlbildungen oder Krankheiten, bei 25-30% tritt die Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit im Rahmen von komplexen Krankheitsbildern (Syndromen) auf.
Die überwiegende Mehrheit von 70-80% der nicht syndromalen Formen der Schwerhörig- keit/Gehörlosigkeit wird autosomal rezessiv vererbt. 10-20% folgen einem autosomal dominanten und 2-3% einem X-chromosomalen Erbgang. Alle Formen dieser Schwerhörig- keit/Gehörlosigkeit können einseitig oder beidseitig angeboren sein oder erst im Laufe des Lebens auftreten. Die angeborenen beidseitigen Schwerhörigkeiten/Gehörlosigkeiten sind meist schwerwiegend und werde autosomal rezessiv vererbt, während die später auftretenden Hörminderungen meist weniger schwerwiegend, aber progredient sind und autosomal dominant vererbt werden. Das Wiederholungsrisiko für Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit bei Geschwistern bzw. Kindern Betroffener kann je nach dem zugrundeliegenden Erbgang 25% bzw. 50% betragen.

Molekulargenetische Untersuchungen

Die Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit ist sehr heterogen. Mutationen in mindestens 100 Genen werden für Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit verantwortlich gemacht. Bisher wurden ca. 25 dieser Gene chromosomal lokalisiert. 1997 wurde ein entscheidender Fortschritt bei der Suche nach für Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit wichtigen Genen erzielt. Eine Gruppe internationaler Wissenschaftler konnte in einem auf Chromosom 13q11-q12 lokalisierten, als Connexin 26 bezeichneten Gen, Mutationen nachweisen. Diese Mutationen sind nach der- zeitigen Kenntnissen für ca. 70% der nicht syndromalen sensoneurinalen Schwerhörig- keiten/Gehörlosigkeiten verantwortlich.

Mit Hilfe einer einfachen molekulargenetischen Untersuchung können Patienten mit Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit auf Mutationen im Connexin 26-Gen untersucht werden. Aufgrund der Literaturdaten kann man davon ausgehen, daß in 50% der untersuchten Probanden Mutationen im Connexin 26-Gen nachgewiesen werden. Es ist dann möglich, die Untersuchung bei weiteren Verwandten vorzunehmen und verläßliche Aussagen zum Wiederholungsrisiko für Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit bei Kindern oder Verwandten zu machen. Besonders im Hinblick auf die Sprachentwicklung ist es wichtig, die Schwerhörig- keit/Gehörlosigkeit möglichst früh im Säuglingsalter zu erkennen und zu behandeln. Auch schon bei Neugeborenen (oder pränatal) besteht die Möglichkeit des Mutationsnachweises, so daß eine optimale Therapie bei den Betroffenen gewährleistet ist.

Für eine Untersuchung benötigt man ca. 10 ml EDTA-Blut, bei Kindern genügen 2-5 ml EDTA-Blut.

Fragen können Sie richten an:
Dr. med. (I) F. Laccone, Tel. 0551/39 7597
PD Dr. med. Barbara Zoll, Tel. 0551/ 39 9011
Prof. Dr. med. W. Engel, Tel. 0551/39 7590

Institut für Humangenetik
Heinrich-Düker-Weg 12
37073 Göttingen

 
       
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