Institut für Humangenetik

Universität Göttingen

  letzte Änderung:

9.2.2000

 
       
       
   

Informationsblatt

 
   
Die Interphase-FISH-Analyse an Fruchtwasserzellen zur schnellen Diagnose von Trisomien

Jedes 200. Kind wird mit einer Chromosomenaberration geboren. Die häufigsten chromosomal bedingten Erkrankungen bei Neugeborenen sind die Trisomie 21 (Down Syndrom), dieTrisomie 13 (Pätau-Syndrom) und die Trisomie 18 (Edwards Syndrom). Um diese und andere Chromosomenaberration auszuschließen bzw. frühzeitig zu erkennen, wird üblicherweise eine Chromosomenuntersuchung aus einer Fruchtwasserprobe durchgeführt. Mit der Chromosomenanalyse aus Fruchtwasserzellen werden sowohl zahlenmäßige als auch strukturelle Veränderungen aller Chromosomen erfaßt. Eine komplette Chromosomenanalyse aus Fruchtwasser incl. Zellkultur, Färbung und Analyse dauert ca. 3 Wochen. Der Vorteil der Interphase-FISH-Analyse besteht darin, daß ein Ergebnis bereits innerhalb von 2-3 Werktagen nach Amniocentese vorliegt und damit die von vielen Schwangeren als belastend empfundene Wartezeit erheblich verkürzt wird. Allerdings wird bei der InterphaseFISH-Analyse nur die Zahl der Chromosomen 21, 18 und 13 und der Geschlechtschromosomen bestimmt. Aus diesem Grund wird die Interphase-FISH-Analyse nur zusätzlich zu einer kompletten Chromosomenanalyse angeboten.

Die Interphase-FISH-Analyse ist eine über die übliche Schwangerschaftsvorsorge hinausgehende Zusatzuntersuchung, deren Inanspruchnahme eine medizinische Indikation voraussetzt.

Bei folgenden Indikationen ist die Durchführung einer Interphase-FISH-Analyse sinnvoll:

  1. erhöhtes mütterliches Alter (38 Jahre oder älter)
  2. weit fortgeschrittene Schwangerschaft (ab 18. SSW)
  3. auffälliger Triple-Test mit erhöhtem Risiko für Trisomie 21oder 18
  4. vorausgegangene Schwangerschaft mit einer numerischen Chromosomenaberration (bei familiären Chromosomenaberrationen ist im Einzelfall zu klären, ob die Interphase-FISH-Analyse sinnvoll ist)
  5. auffälliger Ultraschallbefund mit Hinweis auf eine Chromosomenaberration, wenn eine Schnellkaryotypisierung aus Chorionzottengewebe oder Nabelschnurblut nicht möglich ist
  6. wenn ein Verwandter 1. Grades der Schwangeren oder ihres Partners eine numerische Anomalie der Chromosomen 13, 18, 21, X oder Y hat
  7. wenn ein Verwandter 1. Grades der Schwangeren oder ihres Partners ein Kind oder eine Fehlgeburt/Abort mit einer freien Trisomie gehabt hat
  8. wenn eine familiäre Robertsonsche Translokation unter Beteiligung der Chromosomen13 und/oder 21 bekannt ist.

Bei den Indikationen 2 und 5 ist bis auf weiteres von einer Bezahlung durch die Krankenkassen auszugehen. Möchte die Patientin oder der Arzt, daß die Interphase-FISH-Analyse ohne eine dieser beiden Indikationen durchgeführt wird, so muß diese Leistung von der Patientin selbst bezahlt werden (DM 280,-).

Methode

Die Interphase-FISH-Analyse beruht auf derFluoreszenz-In Situ-Hybridisierung (FISH) auf Kernen von nichtkultivierten Amnionzellen, die aus 2 bis 5 ml Fruchtwasser präpariert werden. Bei der Auswertung wird die Anzahl der Signale für die jeweils verwendete chromosomenspezifische DNA-Sonde am Interphasekern ausgezählt. Sind in einem Zellkern 2 homologe Chromosomen vorhanden, so findet man 2 Fluoreszenzsignale im Kern. Sind jedoch 3 homologe Chromosomen vorhanden (z.B. Trisomie 21) werden 3 Signale festgestellt. Durch qualitätssichernde Maßnahmen müssen die Grenzwerte für unauffällige und auffällige Ergebnisse laborintern ermittelt werden. Die Grenzwerte aus unserem Labor sind in nach folgender Tabelle dargestellt:

Tabelle 1: Laborinterne Grenzwerte der Interphase-FISH-Analyse (je Sonde)

<10% Kerne mit auffälligem Signalmuster unauffälliges Ergebnis
10-54% Kerne mit auffälligem Signalmuster kontrollbedürftiges Ergebnis
>55% Kerne mit auffälligem Signalmuster auffälliges Ergebnis

Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik zur Durchführung des "Pränatalen Schnelltests (FISH)" an nichtkultivierten Amnionzellen sollen für die Chromosomen 21, 18, 13, X und Y jeweils 50 Interphasekerne ausgewertet werden. Wenn diese Kriterien nicht eingehalten werden können, ist das Ergebnis nur eingeschränkt aussagekräftig. Dies wird im Befundbrief mitgeteilt.

Bedeutung eines unauffälligen Ergebnisses bei der Interphase-FISH-Analyse

Wenn für alle Sonden (Chromosomen 21,18, 13, X und Y) ein unauffälliges Ergebnis festgestellt wird, ist beidem Feten eine zahlenmäßige Chromosomenaberration (z. B. Trisomie) für diese Chromosomen weitgehend ausgeschlossen. Strukturelle Chromosomenaberrationen oder numerische Aberrationen anderer Chromosomen als 21, 18, 13, X und Y können durch die Interphase-FISH-Analyse nicht erkannt werden.

Etwa 10% aller pathologischen Chromosomenbefunde aus Fruchtwasserproben, denen eine Altersindikation oder ein pathologischer Triple-Test zugrunde liegt, sind mit der Interphase-FISH-Analyse nicht diagnostizierbar. Bei einem auffälligen Ultraschallbefund ist dieser Anteil etwas höher.

Bei ca. 0,015% der Feten, bei denen ein normaler Befund im Interphase-FISH-Test erhoben wird, stellt sich nach Auswertung der Chromosomen aus kultivierten Amnionzellen heraus, daß doch eine numerische Aberration der Chromosomen 21, 18, 13, X oder Y vorliegt. Eine Erklärung dafür kann eine Kontamination der Fruchtwasserprobe mit mütterlichen Zellen sein.

Bedeutung eines auffälligen Ergebnisses bei der Interphase-FISH-Analyse

Ein auffälliges Ergebnis deutet mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Chromosomenaberration hin (95-97% nach Literaturangaben). Es gibt Hinweise auf einzelne Fälle falsch-positiver Ergebnisse, der Grund dafür ist noch nicht bekannt. Ein pathologisches Ergebnis in der Interphase-FISH-Analyse muß daher immer durch eine komplette Chromosomenanalyse bestätigt werden. Um diese Bestätigung möglichst schnell zu erhalten, kann ggf. mit Hilfe einer Chorionzottenbiopsie innerhalb von 24 Stunden eine zytogenetische Diagnose gestellt werden. In diesem Zusammenhang soll eine genetische Beratung angeboten werden.

Bedeutung eines kontrollbedürftigen Ergebnisses beim Interphase-FISH-Analyse

In 3-5% der Analysen findet sich einauffälliges Ergebnis nur in einem Teil der untersuchten Zellkerne. Ein solches Ergebnis wird als kontrollbedürftig bezeichnet (s. Tabelle). In diesen Fällen muß eine intensive zytogenetische Untersuchung der kultivierten Amnionzellen folgen, da sich in diesem Wertbereich möglicherweise auch Chromosomenmosaike verbergen können.

Empfehlung für die Probengewinnung und Hinweise

Da die Interphase-FISH-Analyse zusätzlich zur konventionellen Chromosomenanalyse aus kultivierten Amnionzellen durchgeführt wird, kann die Untersuchung nur dann erfolgen, wenn eine ausreichende Fruchtwassermenge (12-15 ml) zur Verfügung steht. Bei der Amniocentese ist der erste Milliliter zu verwerfen, um die Gefahr der Kontamination mit mütterlichen Zellen gering zu halten. Bei blutigen Fruchtwasserproben besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine falsch-negative Diagnose aufgrund einer maternalen Zellkontamination. Transplacentar gewonnene Proben können ebenfalls problematisch sein.

Bei Proben, die vor der 15. Schwangerschaftswoche entnommen werden, ist die Zellzahl häufig zu niedrig, um sowohl die FISH-Analyse als auch die konventionelle Chromosomenanalyse aus kultivierten Amnionzellen durchführen zu können. Bei nicht ausreichender Fruchtwassermenge oder zu geringer Zelldichte wird daher nur die konventionelle Chromosomenanalyse durchgeführt. Wie auch bei der klassischen Karyotypisierung ist bei der Interphase-FISH-Analyse die Diagnose chromosomaler Mosaike problematisch.

Gelegentlich liefert die Interphase-FISH-Analyse kein Ergebnis. Nach neueren klinischen Studien ist mit etwa 10% erfolglosen Analysen oder kontrollbedürftigen Ergebnissen zu rechnen. Falls eine dringende Notwendigkeit für eine Schnellkaryotypisierung innerhalb von 24 bis 48 Stunden besteht, ist daher zu erwägen, ob anstatt der Interphase-FISH-Analyse nicht doch eineChromosomenanalyse aus Chorionzottengewebe erfolgen sollte.

Weitere Informationen erhalten Sie bei jeder Genetischen Beratungsstelle.

Für Fragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Sie erreichen uns über folgende Adressen:

PD Dr. med. S.K. Bohlander Tel. 0551/397596

sbohlan@gwdg.de

PD Dr. med. BarbaraZoll Tel. 0551/399011

Prof. Dr. med. W. Engel Tel. 0551/397590

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Heinrich-Düker-Weg 12

37073Göttingen

Fax 0551/399303