Institut für Humangenetik

Universität Göttingen

  letzte Änderung:

8.3.2000

 
       
       
   

Informationsblatt

 
   
Indikation für eine pränatale Chromosomendiagnostik bei pathologischem Ultraschallbefund

Die Ultraschalluntersuchung stellt eine der wichtigsten Methoden zur Überwachung der Schwangerschaft dar. Sie erlaubt zuverlässig, nicht-invasiv und praktisch nebenwirkungsfrei die Bestimmung des Gestationsalters, Plazentasitz, Feststellung von Mehrlingsschwanger- schaften und die Kontrolle der somatischen Entwicklung des Feten. Jede Störung dieser Entwicklung und jede Fehlbildung kann einen Hinweis auf eine Chromosomenanomalie darstellen. Während bei bestimmten Risikokonstellationen (z.B. mütterliches Alter >35 J., Translokationsträger) eine primäre pränatale Chromosomenanalyse empfohlen wird, treten die meisten Chromosomenanomalie in Nicht-Risikoschwangerschaften auf. Hier bietet der Ultraschall eine wesentliche Möglichkeit zur frühzeitigen Entdeckung solcher Schwanger- schaften.

Die verschiedenen Ultraschallauffälligkeiten weisen mit unterschiedlicher Spezifität auf eine Chromosomenanomalie hin. Bei isolierter Wachstumsretardierung oder singulären Fehlbildungen werden in ca. 8-10% d.F., bei Wachstumsretardierung plus Fehlbildung oder multiplen Fehlbildungen in bis zu 35% d.F. chromosomale Anomalien gefunden. Bei bestimmten Symptomen kann die Assoziation zu Chromosomenstörungen auch sehr viel höher sein: so werden z.B. bei zystischem Hygroma colli in bis zu 70% d.F chromosomale Aberrationen gefunden. In der Tabelle 1 sind die häufigsten Ultraschallbefunde aufgelistet, zusammen mit der Wahrscheinlichkeit, eine Chromosomenanomalie zu detektieren (Prozentangaben zusammengefaßt für isoliert und kombiniert vorliegende Fehlbildungen). In vielen Fällen ist eine präzise Ultraschalldiagnose nötig, um das Risiko einer Chromosomenanomalie einzuschätzen. Während z.B. Omphalozele, Duodenalatresie und Holoprosencephalie mit Chromosomenaberrationen vergesellschaftet sind, gilt dies nicht für Gastroschisis, Jejunalatresie, und Hydranencephalie.

Je nach Alter der Schwangerschaft sind verschiedene Verfahren zur Gewinnung fetaler Zellen zur Karyotypisierung möglich (s. Tabelle 2). Eine pränatale Chromosomenanalyse ist also nicht nur in der Frühschwangerschaft sondern auch noch in der fortgeschrittenen Schwangerschaft möglich und sinnvoll.

Tabelle 1

Ultraschallbefund
Risiko für Chromosomenanomalie
zystisches Hygroma colli
Nackenödem (<16. SSW)
Hydrops fetalis (<18. SSW)
Hydrops fetalis (19.-24. SSW)
Hydrops fetalis (>24. SSW)
Fehlbildungen des Gesichts
Herzfehlbildungen
Gastroschisis
Hydrocephalus
Neuralrohrdefekte
Urogenitalfehlbildungen
Ascites
Mikrozephalus
Wachstumsretardierung
Wachstumsretardierung + Fehlbildungen
bis 70%
48%
62%
24%
8%
40%
33%
23%
19%
19%
17%
13%
8%

8%

38%

Tabelle 2

Verfahren
Abortrisiko
Dauer der Untersuchung
Amniocentese (15./16. SSW)

Karyotypisierung von Metapasechromosomen

Hybridisierung von Interphasechromosomen (FISH 1)

0,5 - 1%


10-20 Tage

2-3 Tage

CVS (9. - 12. SSW)

Karyotypisierung von Metapasechromosomen

1-2%


1 Tag
Nabelschnurpunktion (ab 20. SSW)

Karyotypisierung von Metaphasechromosomen

2%


3 Tage

1 Eingeschränkte Aussagekraft, da nur numerische Anomalien für Chromosomen 13, 18, 21, X und Y untersucht werden.

Weitere Informationen erteilen:

PD Dr. med. Stefan Bohlander Tel. 0551-397596 sbohlan@gwdg.de
PD Dr. med. Barbara Zoll Tel. 0551-399011 bzoll@gwdg.de
Prof. Dr. med. Wolfgang Engel Tel. 0551-397589 wengel@gwdg.de

Stand: 01.02.2000

 
       
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