Vergleichende Untersuchung der Carabidenfauna auf vegetationsarmen Insel- und Uferflächen am Mittelrhein

Zusammenfassung

Ziel der Arbeit war es, die Bedeutung vegetationsarmer Insel- und Uferbereiche am Oberen Mittelrhein, zwischen Bingen und Lahnstein, als Lebensraum für Laufkäfer (Coleoptera, Carabidae) zu untersuchen. Mit Hilfe von Bodenfallen und Aufsammlungen nach der Quadratmethode wurde von April bis Oktober 1999 die Laufkäferfauna von vier Ufer- und vier Inselflächen erfaßt. Da im Frühjahr ein Hochwasser die Untersuchungsflächen überflutete, mußten die Untersuchungen vom 14. Mai bis 28. Juni 1999 unterbrochen werden.

Während der gesamten Vegetationsperiode wurden 51 Arten mit insgesamt 919 Individuen nachgewiesen.
Die vergleichende Betrachtung der Ufer- und Inselzönosen ergab, daß sich die Carabidenzönosen hauptsächlich in ihrer Besiedlungsdichte unterscheiden. Am Ufer wurden in den Bodenfallen durchschnittlich 10,3 Individuen, auf den Inseln lediglich 2,7 Individuen pro 100 Fangtage erfaßt; die Untersuchungen nach der Quadratmethode bestätigen diesen Eindruck. Die weiterhin auftretenden Abweichungen im Artenspektrum scheinen vor allem in den Standortcharakteristika der Einzelflächen begründet zu sein, und weniger in der Tatsache, daß sich eine der Flächen auf einer Insel befindet und eine andere am Ufer. Die Arten Bembidion punctulatum, B. tetracolum und B. atrocaeruleum bilden sowohl auf den Ufer- als auch auf den Inselstandorten die Gruppe der dominanten Arten. Ufer- und Inselflächen sind in der stark anthropogen überformten Flußlandschaft des Oberen Mittelrheins als Inselhabitate anzusehen.

In den Vergleich der Ufer- und Inselzönosen gingen nur Fangdaten ein, die nach der Überflutung erhoben wurden, da die Fangergebnisse zum Frühjahrsaspekt auf sehr unterschiedlichen Stichprobengrößen basierten. Der Inselabschnitt I2 nimmt aufgrund seines Auwaldcharakters und der Eudominanz der typischen Auenart Limodromus assimilis eine Sonderstellung innerhalb der Untersuchungsflächen ein und wurde somit nicht in die vergleichende Betrachtung mit einbezogen.

Um den Lebensraum "vegetationsarmes Fluß-Kiesufer" zu charakterisieren wurden die Laufkäfer aller Fänge zusammengenommen und anhand ihrer autökologischen Parameter gruppiert. Der hohe Anteil kleiner, flugfähiger Carabiden wurde als Hinweis auf die Instabilität des Lebensraums gedeutet. Als Hauptgrund dafür sind die periodisch auftretenden Hochwasser zu nennen, die den Lebensraum Flußufer von dem eines Seeufers abgrenzen. Neben der Instabilität ist auch Feuchtigkeit ein wichtiger standortbestimmender Faktor im untersuchten Lebensraum.

Es konnte weiterhin gezeigt werden, daß die Flußufer überwiegend von Frühjahrsbrütern besiedelt wurden. Zehn der 51 insgesamt nachgewiesenen Arten waren Herbstbrüter. Im Vergleich zu den frühjahrsbrütenden Spezies wurden nur wenige Individuen der herbstbrütenden Spezies gefangen. Es wurde die Frage diskutiert ob die Carabidenfauna der untersuchten Rheinuferbereiche als autochthon anzusehen ist. Die Ergebnisse der Untersuchungen deuten darauf hin, daß keine komplette Neubesiedlung der Uferbereiche nach dem Hochwasser auftritt. Innerhalb dieses Fragenkomplexes wurde ebenfalls das Problem der Überwinterungshabitate der Ufercarabiden angesprochen. Zur Klärung dieser Thematik sind allerdings weitere Untersuchungen nötig, wobei das Verhalten einzelner Individuen im Jahresverlauf genauer verfolgt werden müßte.

Die im Gesamtfang dominierende Art Bembidion tetracolum wurde als typische Ufer - aber nicht als reine Flußuferart eingestuft. Die drei der insgesamt sechs subdominanten Arten, B. punctulatum, B. fasciolatum und B. atrocaeruleum, wurden aufgrund ihrer engen Habitatbindung als typische Laufkäfer der Wechselwasserzone eingeordnet. Die übrigen subdominanten Spezies, Paranchus albipes, Bembidion properans und B. velox, scheinen nicht unbedingt an den Standort vegetationsarmes Flußufer gebunden zu sein, sondern sind als Arten feuchter, instabiler Kiesstandorte einzustufen.

39% der gefangenen Arten sind in der Roten Liste und in der Vorwarnliste für Rheinland-Pfalz und das Saarland aufgeführt. Die meisten dieser Spezies sind in der Roten Liste Deutschlands einem geringeren Gefährdungsstatus zugeordnet. Dies deutet darauf hin, daß flußauentypische Kiesstandorte in den beiden Ländern seltener sind als im Bundesdurchschnitt und somit gerade hier besonderer Schutz gefordert ist.

Der kombinierte Einsatz von Bodenfallen und der Quadratmethode wird als sinnvoll zur Untersuchung von Flußuferzönosen angesehen, obwohl der direkte Vergleich der Fangdaten nur eingeschränkt möglich ist.

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Lage des Untersuchungsgebietes "Oberer Mittelrhein"

Lage des Untersuchungsgebiets

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Artenliste

Unterfamilie Gattung Art
NEBRIINAE Leistus
Nebria
L. ferrugineus (Linné) 1758
N. brevicollis (Fabricius) 1792
LORICERINAE Loricera L. pilicornis (Fabricius) 1775
SCARITINAE Clivina
 
Dyschirius
C. fossor (Linné) 1758
C. collaris (Herbst) 1784
D. politus (Dejean) 1825
TRECHINAE Trechus T. quadristriatus (Schrank) 1781
BEMBIDIINAE Elaphropus
Bembidion
E. parvulus (Dejean) 1831
B. striatum (Fabricius) 1792
B. argenteolum Ahrens 1812
B. velox (Linné) 1761
B. lampros (Herbst) 1784
B. properans Stephens 1829
B. punctulatum Drapiez 1820
B. obliquum Sturm 1825
B. varium (Olivier) 1795
B. semipunctatum (Donovan) 1806
B. atrocaeruleum Stephens 1828
B. fasciolatum (Duftschmid) 1812
B. tetracolum Say 1823
B. femoratum Sturm 1825
B. testaceum (Duftschmid) 1812
B. decorum (Zenker) 1801
B. gilvipes Sturm 1825
B. quadrimaculatum (Linné) 1761
PATROBINAE Patrobus P. atrorufus (Ström) 1768
ANISODACTYLINAE Anisodactylus A. binotatus (Fabricius) 1787
HARPALINAE Harpalus
 
Pseudoophonus
H. affinis (Schrank) 1781
H. rubripes (Duftschmid) 1812
P. rufipes (Degeer) 1774
PTEROSTICHINAE Poecilus
 
Pterostichus
 
 
 
Agonum
 
 
Anchomenus
Limodromus
Paranchus
Oxyselaphus
P. cupreus (Linné) 1758
P. versicolor (Sturm) 1824
Pt. strenuus (Panzer) 1797
Pt. vernalis (Panzer) 1796
Pt. anthracinus (Illiger) 1798
Pt. melanarius (Illiger) 1798
A. marginatum (Linné) 1758
A. mülleri (Herbst) 1785
A. viduum (Panzer)1797
A. dorsalis (Pontoppidan) 1763
L. assimilis (Paykull) 1790
P. albipes (Fabricius) 1796
O. obscurus (Herbst) 1784
ZABRINAE Amara A. ovata (Fabricius) 1792
A. aenea (Degeer) 1774
A. fulva (O.F. Müller) 1776
A. apricaria (Paykull) 1790
CALLISTINAE Chlaenius Ch. vestitus (Paykull) 1790
DEMETRIINAE Demetrias D. monostigma Smouelle 1819
DROMIINAE Lionychus
Microlestes
L. quadrillum (Duftschmid) 1812
M. minutulus (Goeze) 1777

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Anmerkungen an: J. Rothenbücher
Stand: Mai 2002