Der Proletarische Siebeck


Süßes für die linke Seele

oder: Panna Cotta mit Orangenkaramel

Die Zeiten sind so hart wie die Koalitionsverhandlungen bitter. Wer kann bei solchen Gelegenheiten noch ans Essen denken? Vermutlich nur ein herzloser Zyniker, den das politische Schicksal von Tausenden von Studierenden völlig kalt läßt. Und so offenbart sich diese Kolumne einmal wieder als nicht nur unpolitische, sondern auch unverdauliche Begleiterin der Ereignisse?

Zuerst kommt das Fressen...

Natürlich ist das Gegenteil der Fall. Wir alle wissen, daß jede Art von Gesprächen nur durch die Essens- und Kaffeepausen gerettet wird. Und da das demokratische Parlieren mit der Dauer stark an den Nerven zehrt, empfehlen wir heute Nervennahrung. Dazu gehören tierische Fette wie der Knoblauch an den Braten: Es geht also um Sahne! Als Basis unserer Süß- und Nervennahrung dient eine schlichte "Panna Cotta", für die wir eine Vanilleschote in einem halben Liter Sahne auskochen, dieses mit zusätzlich Zucker und Marsala (oder einem Likör) abschmecken (gerne üppig, denn die Gelatine ist ein Geschmacksfresser) und dann mit vier Blättern Gelatine - vorher gewässert, ausgedrückt - andicken. In einer passenden Form dauert dies im Kühlschrank einige Stunden, also rechtzeitig beginnen!
Und weil jetzt noch die nötige Frische fehlt, gibt es dazu Orangenfilets mit Granatapfelsoße. Die unbehandelte Orangenschale, nur die Schale, nicht das Weiße, wird in feinste Scheiben zerlegt und mit Grenadinesirup aufgekocht. Die Orangen werden derweil von allem Weißen und der Schale befreit, so daß man mit einem scharfen Messer die Filets zwischen den dünnen Häuten herausschneiden kann. Die Frucht enthält jetzt noch viel Saft, der zum Teil in die Soße gepreßt werden kann. Auch in dieser kann etwas brauner Zucker oder Likör nicht schaden.
Schließlich nur noch die "Panna Cotta" teilen, daneben die Orangenfilets entfalten und mit Soße übergießen. Wen die Süßspeise nicht in kürzester Zeit versöhnt, dem ist vermutlich auch durch langes Zureden nicht mehr zu helfen. Weshalb zu beschließen ist, daß dieses Dessert nicht nur bei den Koalitionsverhandlungen Wunder wirken kann.


aus: Rotation Nr. 32, 20. April 1998



Die Juso-Hochschulgruppe trifft sich jeden Donnerstag
um 20 Uhr im Theologicum (Campus), Raum TO 7.
Interessierte sind jederzeit herzlich willkommen!


Wenn ihr Fragen oder Anregungen habt, könnt ihr uns hier mailen.