Der Proletarische Siebeck


Ist noch jemand da?

oder: Weihnachtlicher Schweinebraten zu Kartoffeln

Ist noch jemand da? Nein, diese Frage bezieht sich nicht auf die weihnachtliche Universität, die still und verträumt im Göttinger Niesel dahinschläft, auch nicht auf irgendwelche Außerirdischen, die mit Vorliebe kleine NASA-Projektile verspeisen (was also auch ein Thema für diese Kolumne wäre), sondern auf die bange Ungewißheit, die die USA und damit wohl auch uns beschleicht, wenn wir an die Silvesternacht denken. Es gibt da nämlich ein Problem mit dem Jahr 2000. Und das soll dazu führen, daß wir alle am 1. Januar ohne die chipgesteuerte Kaffeemaschine auskommen müssen, der Induktionsherd das Zeitliche segnet und der Funkwecker erst recht nicht weckt. Eine gigantische Stille wird sich ausbreiten und wüßte man nicht, daß der Heilige Abend schon stille Nacht war, würde man diese Nacht so oder ähnlich nennen. Und danach leben wir wieder alle ganz einfach und bescheiden, die rotation Nr. 50 gibt es wieder im Schreibmaschinenlayout und per Hand durchgekurbelt und wer das Wort "Computer" auch nur in den Mund nimmt, wird gesteinigt (ach, der elektrische Stuhl ist ausgefallen). Alles in allem bekommen wir also ein nettes kleines Apokalypschen geweissagt. Und eigentlich würde diese Kolumne das sofort glauben, wenn, ja wenn es eben nicht aus Amerika käme, wo man uns auch weismachen will, daß fettarme Milche zu irgend etwas gut sein soll, daß Butter krank macht während Gen-Essen gesund ist.

Wir aber leben weiter

Und deshalb hier noch einmal ein Plädoyer für ein klassisches, wunderbares Essen, das dabei keinesfalls unter Nouvelle-Cuisine-Verdacht steht: Den Schweinebraten. Und weil es draußen Weihnachten ist, braten wir unseren 2-kg-Braten aus dem Rücken nicht nur auf dem Ofen scharf an, umsäumen ihn mit Zwiebeln und Backpflaumen, wir legen zum Schmoren auch noch Nelken, Zimt und einen oder zwei zerkrümmelte Lebkuchen (ohne Zucker- oder Schokoglasur!) dazu (und eventuell etwas Lorbeer und Wacholder). Obenauf kommt etwas Speck, um uns den Braten schön saftig zu halten und die Amis zu ärgern, und angegossen wird das ganze mit Brühe und Rotwein. Und nun muß dieser Braten nur noch anderthalb Stunden im Rohr bei 170°C schmoren, wird aus der Flüssigkeit genommen und kurz zum Ruhen gelegt, während wir die Soße mit Salz und Pfeffer abschmecken, mit Creme fraiche binden und alles mit ordinären, aber leckeren Kartoffeln servieren. Den Braten lassen wir uns im Munde zergehen, stoßen auf den Weiterlauf der Welt an und bleiben





Die Juso-Hochschulgruppe trifft sich jeden Donnerstag
um 20 Uhr im Theologicum (Campus), Raum TO 7.
Interessierte sind jederzeit herzlich willkommen!


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