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Inhalt der rotation 85:


Wahlen für alle!
„Demokratie finde ich gut. Wenn nur die Politik nicht wäre!“

Schon wieder werden einem an jeder Ecke Zeitungen und Flyer in die Hand gedrückt, und auch die Wände sind mit Plakaten zugehängt – keine Frage, es ist Wahlkampf. „Aber es sind doch nur Uni-Wahlen“, mag jetzt der eine oder die andere einwenden, „die sind doch total unwichtig“. ...Falsch gedacht! Zwar gibt es Wahlen zu Organen, die mehr Befugnisse haben als die Uni-Gremien. Doch die ach so langweiligen Uniwahlen sind dicht an euch allen dran – ob ihr wollt oder nicht.

Mensa-Preise? Prüfungsordnung? Neue Dozierende? SUB-Ausstattung? Renovieren maroder Gebäude? Bei all diesen Dingen könnt ihr unmittelbar (aktiv werden!) und mittelbar (wählen gehen!) mitreden, denn es gibt viel zu bestimmen. An den Fachbereichen werden in den Gremien Evaluationen, Studienordnungen und Berufungen zuallererst behandelt. Und gut vorbereitete studentische VertreterInnen können in dieser Phase eine Menge erreichen. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf eure Studiensituation.

Gleiches gilt für den Senat und seine einzelnen Kommissionen auf gesamtuniversitärer Ebene. Hier werden sowohl die grundlegende und langfristige Entwicklung der Universität als auch solche „Kleinigkeiten“ wie Bibliotheksöffnungszeiten und Seminarausstattungen besprochen.

Da die Wahlbeteiligung nicht so hoch ist wie bei Bundestags- oder Landtagswahlen, hat jede einzelne Stimme einen sehr hohen Einfluss auf den Ausgang der Wahlen. Es ist also überhaupt nicht egal, ob man wählen geht – und auch nicht wen. Wenn ihr sicherstellen wollt, dass eure Interessen tatsächlich vertreten werden, dann geht wählen. An vielen Fachbereichen treten befreundete und eigeneListen der Juso-Hochschulgruppe an (z.B. AsJ, AK Hist-Phil, Sowi-Jusos). Auf der Ebene des Senats kandidieren wir gemeinsam mit der Grünen Hochschulgruppe. In den letzten Jahren haben die Jusos und die GHG gemeinsam eine kompetente Senatsarbeit geleistet – diese Erfahrung wollen wir auch weiterhin für euch einbringen.

Im Mittelpunkt der studentischen Interessenvertretung stehen neben der Gremienarbeit aber vor allem das Studierendenparlament und der von ihm gewählte AStA. Der AStA als offiziell verankerte Studierendenvertretung ist eure Stimme – zumindest sollte er das sein. Wenn Entscheidungen des Landes, der Stadt oder der Uni-Leitung uns als Studierende betreffen, dann ist die Aufgabe des AStA, unsere Interessen zu vertreten.

Das heißt nicht, dass ein AStA alle Forderungen zu einhundert Prozent durchsetzen kann, er sollte es aber zumindest versuchen. Den Kopf in den Sand zu stecken, erst verspätet auf vielfaches Drängen aktiv werden und dabei gleichzeitig die Aussichtlosigkeit jeglichen Bemühens zu verkünden (wie der derzeitige AStA-Vorsitzende es getan hat, s. S. 4), gehört ganz sicher nicht dazu.

Und weil die Schließung von Studiengängen und die ständig drohenden Studiengebühren ab dem ersten Semester schnell die anderen Themengebiete und Probleme verdeckt, seine sie hier noch einmal erwähnt: BAföG- und andere Sozial- und Rechts-Beratungen, Preise und Qualität von Mensa-Essen und Wohnheimen, Erstsemesterinfos, Kulturveranstaltungen, Semesterpartys, Fahrradverleih und vieles, vieles mehr, was das (studentische) Leben betrifft – und mittels Stimmabgabe bei den Uni-Wahlenbeeinflusst werden kann.

Jede einzelne Stimme hat großen Einluss darauf, wie die Universität, wie sich dein Studium verändert. Und der Weg ist ganz einfach. Vom 20. bis zum 22. Januar könnt ihr in den Wahllokalen in euren Fachbereichen wählen, am 23.01. noch bei der Zentralstelle im ZHG (1. Stock). Ihr braucht nur euren Personalausweis mitbringen, die Wahlbenachrichtigungskarte ist nicht nötig. Einfach auf dem Weg zwischen Mensa, Cafeteria und Vorlesung vorbeischauen. Es tut gar nicht weh und hilft trotzdem!

Die genauen Räume der Wahllokale und eine Auflistung und Erläuterung aller wählbaren Gremien und Organe befindet sich auf unsere Homepage, zu erreichen unter: www.juso-hsg-goettingen.de

Außerdem findet ihr dort weitere Informationen über Veranstaltungen von uns und unsere Arbeit. Auch (fast) alle vergangenen rotationen sind dort abrufbar. Über achtzig Ausgaben aus den letzten Jahren, denn wir setzen uns schon lange ein für bessere Studienbedingungen und gegen Studiengebühren.

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Danke für Nichts!
Ein Jahr rechter AStA aus ADF und RCDS

In diesem Jahr hat die AStA-Koalition aus RCDS (Ring christlich-demokratischer Studenten) und ADF (Arbeitsgemeinschaft demokratischer Fachschaftsmitglieder) nachdrücklich klargemacht, dass sie nicht in der Lage ist, eine Politik zu machen, die auch nur annähernd Studierendeninteressen vertritt.

Begonnen hat die Legislaturperiode zunächst mit einem quälenden Selbstfindungsprozess des AStA. So brauchten die Mehrheitsfraktionen drei Studierendenparlaments - Sitzungen, um einen vollständigen AStA zusammenzustellen, da die internen Gegensätze schon jetzt kaum überbrückbar waren.

Langer Anlauf
Als der AStA unter dem Vorsitzenden Gerhard Riewe nun endlich die Arbeit hätte aufnehmen können, gingen die Probleme aber erst richtig los. Der AStA war nicht in der Lage ein Erstsemesterinfo zum Sommersemester rauszugeben, mit der Begründung, dass zuerst die personellen Streitigkeiten geklärt werden mussten. Erst im Mai, vier Monate nach der Wahl, kam mit der AStA revista die erste Publikation heraus. Wohlwollende Beobachter hätten nun meinen können, nach einer stürmischen Anfangsphase käme der AStA nun in ruhigere Fahrwasser.

Jedoch entschloss sich nun der der ADF zugehörige StuPa-Präsident für Aufsehen zu sorgen, indem er ein eigenartiges Verständnis eines Amtes offenbarte. Er hatte bei einer der für die Koalition schwierigen Wahlgänge zum AStA verschiedenfarbige Stimmzettel ausgegeben und sich im Nachhinein damit gebrüstet zu wissen, wer wie abgestimmt hatte. Nach einem Misstrauensantrag der Juso-HSG wegen Amtsmissbrauch wurde der StuPa-Präsident Christian Zigenhorn Anfang Juni ab- und der Juso-Kandidat Stephan Giese zum Nachfolger gewählt.

Neuanfang nicht genutzt
Aber damit nicht genug: Am 2. Juli kam es dann zu einem weiteren kläglichen „Höhepunkt“, als der AStA-Vorsitzende auf der StuPa-Sitzung seinen Rücktritt aus persönlichen Gründen erklärte. Als die verwunderten ParlamentarierInnen aber doch noch Rechenschaft über seine bisherige Arbeit verlangten, entzog er sich, auch zur Überraschung seiner eigenen KollegInnen, einer Befragung und verließ fluchtartig den Raum. Der verduzte Finanzreferent Andreas Lompe, gezwungen, nun seinerseits den Bericht zu halten, sah sich dazu kaum in der Lage.

Zum neuen AStA-Vorsitzenden wurde in der letzten Woche des Sommersemesters Daniel Flore gewählt. Da nun die Semesterferien begonnen hatten, ging der AStA, von all diesen Aufregungen sichtlich erschöpft, in die dreimonatigen natürlich bezahlten Sommerferien. Als Ferienstreich wählte der AStA die tote Zeit Ende August, um eine AStA Revista herauszugeben, die weder verteilt noch gelesen wurde.

Auch in der Zeit danach legte man im AStA offensichtlich mal ganz gerne die Beine hoch. Es kamen kaum Publikationen heraus und wenn doch, waren diese inhaltlich eher bescheiden (siehe Erstsemesterinfo zum Wintersemester mit Tipps zu Fleckentfernung, Kochen und Waschen ohne Mutti). Was der AStA intern tut, scheint dieser mit dem barmherzigen Mantel des Schweigens bedecken zu wollen, indem er seit dem 20. Juni bis heute keine Protokolle der wöchentlich stattfindenden AStA-Sitzungen veröffentlichte. Auch Veranstaltungen fanden nur spärlich statt.

Abenteuer Leben: Meine erste Wäsche
Bei der anlässlich der letzten Wahl abgehaltenen Urabstimmung hatte der AStA von den Studierenden den Auftrag erhalten, mit der Bahn über ein Semesterticket zu verhandeln. Diesem Auftrag ist er nicht nachgekommen, bis heute liegt noch nicht einmal ein Angebot der Bahn vor. Die Verhandlungen sollte zuletzt der Vater des AStA-Vorsitzenden übernehmen (sic), weil er sich mit so etwas auskennen würde. Aber auch diese Beauftragung der familia blieb fruchtlos – anscheinend konnte dieses Angebot abgelehnt werden. Nachdem die niedersächsische Landesregierung (CDU/FDP) drastische Sparmaßnahmen an den Unis und insbesondere an der Uni Göttingen angekündigt hatte, wartete man weiterhin vergebens auf Aktivitäten des AStA. Erst nach der Gründung des Bündnisses gegen Bildungsklau, massivem Druck von Seiten der Studierendenschaft und erneuten Streitigkeiten in der Koalition, war der AStA endlich in der Lage, sich zu den Kürzungen zu äußern.

Nun begann der AStA seiner Pflicht als Vertretung der Studierendenschaft nachzukommen und organisierte gemeinsam mit den Gewerkschaften zwei Demos in Göttingen. Leider war der AStA auch später der Überzeugung, alle Aktionen müssten zentral von ihm gelenkt werden, und interessierte sich darum auch nur für einige von ihm selbst initiierte Aktionen.

Nicht's sagen, vielleicht merkt's ja keiner
In der folgenden Zeit war von ADF und RCDS so gut wie keine Unterstützung für andere Aktionen zu erlangen. So ging z.B. der Aufruf zur Abschlussdemo am 10.12. in Hannover im internen Streit zwischen RCDS und ADF unter: Der RCDS war nicht bereit, öffentlich gegen die Maßnahmen der CDU/FDP-Landesregierung Stellung zu nehmen.

Einen absoluten Tiefpunkt fand die „Arbeit“ des AStA in der Zustimmung zur Räumung des Oeconomicums mit Polizeigewalt. Zwar ist die Wirksamkeit einer Besetzung und ihre Auswirkung auf die öffentliche Meinung fragwürdig, dennoch steht eine Räumung mit Gewalt und deren negative Außenwirkung zu der kurzzeitigen friedlichen Besetzung in keinem Verhältnis. Handelt ein AStA, der zugelassen hat, dass unnötig Polizei gegen die eigenen Kommilitonen eingesetzt wurde, wirklich im Interesse der Studierenden?

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der AStA so gut wie überhaupt nicht produktiv gearbeitet hat und gerade auch in so wichtigen Bereichen wie der Hochschulkürzung aufgrund interner Streitigkeiten nicht handlungsfähig war.

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Die irrelevante Stiftung?
Ein Jahr Universität Göttingen als Stiftung – eine Zwischenbilanz

Seit nunmehr einem Jahr ist die Universität Göttingen keine staatliche Universität mehr. Vor dem 1. Januar 2003 war die Uni eine staatliche Anstalt des Landes Niedersachsen, finanziert und beaufsichtigt vom Land, wenn auch mit gewissen Selbstverwaltungsrechten. Die Uni-Beschäftigten arbeiteten für das Land Niedersachsen, die Gebäude waren Landeseigentum. Ab dem 1. Januar 2003 trat die Stiftung öffentlichen Rechts Universität Göttingen an die Stelle des Landes, übernahm (fast) alle seine Befugnisse, die Landesbeschäftigten als Stiftungsbedienstete, die Gebäude als Stiftungskapital. Geleitet wird die Stiftung von einem Stiftungsrat, dem fünf externe Mitglieder, ein Mitglied des Senats der Universität und nur noch ein Landesvertreter angehören.

Die Universität ist vielleicht noch öffentlich, aber nicht mehr staatlich, eine Universität in Niedersachsen, aber keine Landesuniversität. Einige Leser mögen sich an dieser Stelle fragen, warum sie das alles nicht mitbekommen haben und warum die Studierenden immer noch gegen Kürzungspläne aus Hannover protestieren, wo wir doch jetzt „entstaatlicht“ sind.

Unerfüllte Hoffnungen
Die Antwort ist einfach: In ersten Jahr ihres Bestehens hat sich die Stiftung als wenig relevant erwiesen und vermutlich wird sie nie relevant werden. Bei einer solchen Bilanz ist wichtig, sich zu erinnern, welche Erwartungen mit der Stiftung verbunden waren. Eingeführt hat die Stiftungsuniversität in Niedersachen der damalige Wissenschaftsminister Oppermann (SPD). Er versprach sich von einer „Entstaatlichung“ ein besseres Funktionieren der Hochschule ohne staatliche Eingriffe. Außerdem sollte die Rechtsform der Stiftung private Geldgeber anlocken und eine größere Identifizierung der Studierenden mit der Hochschule ermöglichen. Die Hochschulleitung und den Senat der Universität verlockte vor allem die Aussicht, die Liegenschaften der Universität selber zu verwalten. Außerdem hofften sie auf kurzfristige finanzielle Vorteile, wenn sie den Wunsch des Ministers erfüllten und die Uni Göttingen noch vor der Wahl zur Stiftung machten.

Bangen und Hoffen
Die Studierenden waren gespalten, einige fürchteten die Privatisierung und eine Auslieferung an die Wirtschaft, andere begrüßten gerade eine Entstaatlichung. Die Juso-HSG war skeptisch, aber gelassen, da wir wenig Wandel erwarteten. Dies sollte sich als richtig erweisen. Denn die Wirtschaft erwies sich als an der Stiftung uninteressiert, sie wollte sie weder beinflussen noch ihr Geld geben. Die Studierenden identifizieren sich ebenso wenig mit der Stiftung wie mit der Landesuni. Das aus den Liegenschaften bestehende Stiftungskapital hat der Uni auch bisher wenig eingebracht, da sie zum einem die Gebäude ja selber benutzt, zum andern viele Unigebäude ziemlich marode sind.

Im wichtigsten Punkt, in den Beziehungen zum Land, hat sich wenig geändert. Denn ob nun als Landeseinrichtung oder über einen Zuschuss zur Stiftung: In der Finanzierung ist die Uni weiterhin völlig vom Land abhängig. Damit aber ist der Einfluss des Landes auf die Universität immer noch entscheidend. Seit die Regierung gewechselt hat, sind auch alle Hoffnungen auf besondere Vorteile für Stiftungsunis verflogen, da es sich nicht um ein Projekt der neuen CDU/FDP-Regierung handelt. Es gibt bei den Kürzungen nur den einen Unterschied, dass normale Unis schon 2003 bluten durften, bei den Stiftungsuniversitäten dagegen 2004 für beide Jahre gekürzt wurde.

Der Stiftungsrat als Lenkungsgremium der Stiftung war bisher ziemlich einflusslos. Er hat sich im letzten Jahr lediglich zweimal getroffen. Die täglich arbeitende Uni-Leitung, die sich monatlich treffenden Fakultätsräte oder der Senat sind schon deswegen praktisch einflussreicher. Sicherlich hat auch der Stiftungsrat die Kürzungen debattiert, aber mehr als eine weitere Protestresolution ist nicht herausgekommen. Dabei wäre es doch nahe liegend, die Sache gleich mit dem Vertreter der Landesregierung im Stiftungsrat zu besprechen.

Kaffeekränzchen
Tatsächlich aber fällt die Entscheidung über die Umsetzung der Kürzungen im Präsidium, im Senat und vor Ort in den Fakultäten. Wenn sich der Stiftungsrat in so aufregenden Zeiten nur zweimal trifft, wie häufig wird er sich in ruhigeren Jahren treffen? Einmal zur Entgegennahme eines Jahresberichts des Präsidiums? Natürlich hat die niedrige Frequenz auch mit den Terminplänen der externen Prominenz im Stiftungsrat zu tun – aber das zeigt vielleicht nur, das externe Mitglieder eben für die Leitung einer Hochschule nicht sonderlich geeignet sind.

Alles in allem ist die Universität Göttingen trotz des schönen Wortes Stiftung das, was sie vor einem Jahr auch war. Eine Universität des Landes mit relativ großen Selbstverwaltungsrechten, nicht mehr und nicht weniger.

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Alles nichts oder!
Kürzungen, Proteste und Streiks – die zweite Zwischenbilanz

Am 12. Dezember 2003 hat es der Landtag in Hannover beschlossen. 40,6 Millionen Euro weniger werden die niedersächsischen Hochschulen im Haushaltsjahr 2004 vom Land erhalten. Dabei ist die von vornherein vorgesehene Summe der Einsparungen für die Universität Göttingen allen Protesten zum Trotz gleich geblieben, sie bekommt 7 Millionen weniger, der Bereich Humanmedizin 5 Millionen weniger. Es ist lediglich zugesichert worden, dass Berufungsverpflichtungen weiterhin eingehalten werden sollen. Die Standorte Nienburg und Buxtehude werden geschlossen. Leer bekommt eine Gnadenfrist, da die lokale Wirtschaft eine Stiftungsprofessur angeboten hat. Was noch verhandelbar bleibt sind die weiteren Einsparsummen für 2005 und 2006.

Aktionsstreik
Obwohl die Einsparungen mit dem anmaßenden Titel „Hochschuloptimierungskonzept“ (HOK) bereits die dritte Einsparwelle in Niedersachsen seit 1995 darstellen, kam es vorher lange nicht zu solchen Superlativen. Sogar die Einführung von Studiengebühren 2003 erregte nur geringes Aufsehen. Aber dieses Mal ließen sich die Studis glücklicherweise von der allgemeinen Demo-Euphorie („Gemeinsam gegen Krieg“ etc.) anstecken und machten ihrem Ärger auf oftmals kreative Art und Weise Luft. So wurde ein ums andere Mal die Bildung zu Grabe getragen, öffentliche Vorlesungen im Carré oder Neuen Rathaus abgehalten und manche boten gar ihren Körper feil, um Geld für ihre Bildung zu erarbeiten. Dabei gingen viele der kleineren aber öffentlichkeitswirksamen Aktionen von Seminaren, neu gegründeten Gruppen an den Fachbereichen und EinzelkämpferInnen aus.

Nachdem die offiziellen Studierendenvertretungen wie AStA und Fachschaften etwas zögerlich reagierten, wurde ein neu gegründetes Bündnis gegen Bildungsklau zum Initiator und Koordinator der Prostestaktionen. In vielen Fachbereichen fanden auf seine Einladung hin gutbesuchte Vollversammlungen statt, die sich für einen Streik an der Universität aussprachen. Zusammen mit dem AStA konnte das Bündnis dann eine uniweite Vollversammlung (VV) einberufen, die dann einen Aktionsstreik beschloss, der zweimal von späteren VVs um eine Woche verlängert wurde.

Besetzungsstreik
Allein, was bleibt? Die tiefe Spaltung der Studierendenschaft nach dem 8. Dezember, also vor der alles entscheidenden Abstimmung im Landtag, die dann sang- und klanglos unterging.

Am Montagmorgen hatte sich eine Gruppe Demonstrierender dazu verabredet einige Unigebäude komplett zu blockieren, um mit dieser Aussperrung den Studierenden die Zeit und Muße, nicht aber den Raum (jedenfalls nicht drinnen), zu geben, mal was für den Protest, sich selbst und damit für die Gesellschaft zu tun.

Die so Befreiten fühlten sich (man kennt das ja) überfordert und wollten dieser Freiheit entsagen, was zu Rangeleien, Beschimpfungen und sogar Gewaltandrohung von Seiten der (teilweise angeblich von auswärts importierten) BefreierInnenfront führte. Diese fühlten sich nämlich durch eine Vollversammlung am vorangegangenen Freitag zu diesen Taten legitimiert. Auf der wurde nicht über eine Blockade, sondern über eine Weiterführung des Aktionsstreiks abgestimmt, aber jemand hat wohl gehört, dass dort jemand was von Radikalisierung gesagt haben soll, aha! Na also! Die Szenen erinnerten die älteren Semester an das sogenannte Streiksemester 1997/98, als es zu Kloppereien zwischen Sowis und Wiwis gekommen war. Der Beschluss der Vollversammlung war zumindest unklar, auch der AStA propagierte die Parole, die Uni müsste Montag und Dienstag dicht sein. Was bedeutet dies wenn nicht eine Blockade? Bündnis und AStA scheinen zum Teil absichtlich aneinander vorbeigeredet zu haben. Für die einen bedeutete dieses Dichtmachen eine Blockade, für die anderen nur eine Aufforderung zum Nichtbesuch der Vorlesungen.

"Wir wollen doch nur euer Bestes"
Viele BarrikadenbefürworterInnen betonten, dass es z.B. in Berlin auch Blockaden gäbe und man wolle es so machen, dabei haben sie aber übersehen, dass es sich dort um Aktionen handelt, die sowohl von einer breiten Basis der Studis als auch von Uni-Seite getragen werden und es im vorhinein genaue Aushandlungen über Scheine, Examina, Hausarbeiten etc. gab. Eine solche Vorbereitung bezüglich der Kooperation mit den Dozierenden hat uniweit weder durch den AStA noch durch das Bündnis stattgefunden.Außerdem kann es nicht sein, dass andere Aktionsformen vernachlässigt werden, und die Information der Mitstudierenden sollte dabei immer im Vordergrund stehen.

Im übrigen sollte es sowohl aus Gründen des politischen Gespürs als auch aus praktischen Erwägungen den einzelnen Fachbereichen überlassen werden, welche konkreten Aktionsformen sie für richtig und der Stimmung in ihrem Bereich angemessen und somit auch für durchführbar halten. Die Jura-VV hatte sich z.B. ganz eindeutig gegen eine Besetzung entschieden, trotzdem wurde ihr Gebäude am Montag gesperrt. Oligarchie, Anarchie, Diktatur der Unangepassten?

Die letztendliche Räumung durch die Polizei wird von uns als ein nicht angemessenes Mittel angesehen, mit studentischen Protesten umzugehen. Schade, dass nicht versucht wurde mit dem Universitätspräsidenten Horst Kern, der zwei Mal zum Oec kam, um sich die Lage anzusehen und mit den BesetzerInnen zu sprechen, ins Gespräch zu kommen. Schade, dass der AStA-Vorsitzende, der von der Räumung im Vorhinein in Kenntnis gesetzt wurde und sie auch absegnete (die Frage “Warum?” wurde wohl schon genügend in anderen Publikationen diskutiert), nicht wenigstens seine KommilitonInnen über diese Planungen in Kenntnis setzte. Ist er doch sonst um Statements in jedes Mikro nicht verlegen (siehe z.B. Spiegel Online „Die Luft ist raus!“, in dem er in der Woche vor der Besetzung die Proteste schon für gescheitert erklärte). Dass Streiks studentische Organe überlasten, ist bekannt. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass der gewählte Vertreter der Studierenden der Uni Göttingen eben dieser um ihre Interessen kämpfenden Studierendenschaft ein ums andere Mal in den Rücken fällt.

Demokratie wagen?
Am Montagabend war der Frust bei den Geräumten immer noch so stark, dass man in die Sitzung des Studierendenparlaments kam, um dem AStA-Vorsitzenden die Meinung zu sagen.

Gute Absicht, schlechte Umsetzung. Denn es handelte sich doch um eine Sitzung des StuPa, also des Parlaments, und nicht allein um eine Sitzung des AStA. Und weil die Wahl der studentischen VertreterInnen für das Studentenwerk, die nun mal auch zu den Aufgaben des StuPa gehören, einigen der hereinströmenden BesucherInnen offensichtlich zu lange dauerte, wurde das Präsidium von einem der BesucherInnen „gestürmt“, die Wahlurnenpappbox zerrissen und einige Wahlzettel gemampft. Danach wurde zu allem Überfluss die gerade im Amt bestätigte Sportreferentin für den Hochschulsport angegriffen, weil sie den Tumult um den Präsidiumstisch schlichten wollte. Als dann noch mehr Gegenstände in Richtung Präsidium flogen, verließen die meisten ParlamentarierInnen den Saal, weil ein vernünftiges Weiterarbeiten nicht mehr möglich war.

Am Abend wurde dann in der Zentralmensa ein Sachschaden von ca. 20.000 Euro durch Parolenschmierereien und eine aufgebrochene Tür verursacht. Als müsste das Studentenwerk nicht schon genug unter den Landeskürzungen leiden.
Zu der von uns unterstützten Diskussionsveranstaltung mit Gabriele Andretta, der bildungspolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, am folgenden Dienstag ließ sich dann auch weder jemand von den AStA-tragenden Gruppen noch vom Bündnis gegen Bildungsklau blicken. Schade, denn hier hatten alle die Gelegenheit mit einer direkt Beteiligten über die Auswirkungen des HOK, geplante Studiengebühren und die Auswirkungen der Ermächtigungsverordnungen der Landesregierung zu diskutieren.

Ausreden lassen und so keine Ausreden lassen
Als die ausgefallene StuPa-Sitzung eine Woche später nachgeholt wurde, war leider inhaltlich von beiden Seiten auch nichts Besseres zu hören. Weder wollten die UnterstützerInnen der Besetzung die Probleme ihrer Protestzwangsbeglückung einsehen, noch war vom AStA-Vorsitzenden viel Sinnvolles zu hören. Er versuchte sich damit herauszureden, dass er gar nicht dagewesen sei, und im übrigen wolle er sich in Zukunft zu Fragen der Besetzung einfach nicht mehr äußern.

Tatsächlich war der AStA in den letzten Streikwochen zunehmend handlungsunfähig. Wegen den Meinungsverschiedenheiten zwischen dem RCDS, der keine Kritik and der CDU-geführten Landesregierung wollte, und der ADF, die in Teilen einem – natürlich „gemäßigten“ – Streik nicht ablehnend gegenüberstand, wollte der rechte AStA nicht mehr zur zweiten landesweiten Demo in Hannover am 12. Dezember aufrufen. Diese von der Landesastenkonferenz in Zusammenarbeit mit ver.di und anderen gesellschaftlichen Gruppen avisierte Veranstaltung hatte dann auch mit dementsprechend enttäuschenden TeilnehmerInnenzahlen aus Göttingen zu kämpfen. Und das, obwohl Göttingen von den Landeskürzungen am stärksten betroffen ist, handelt es sich doch nicht um den Wahlkreis eines Kabinettmitglieds.

Und was jetzt?
Der Senat, das höchste Entscheidungsgremium der Universität, hat unter studentischer Beteiligung schon am 10. Dezember beschlossen, dass die Fächer Medien- und Kommunikationswissenschaften (MuK), Sinologie, Japanologie und Europa- und Nordamerikastudien dichtgemacht werden. Das heißt, ab dem kommenden Semester werden hier keine Studierwilligen mehr aufgenommen. Publizistik und Kommunikationswissenschaft (PuK), u.a. im Rahmen des Sowi-Studiengangs (Diplom), soll aber nach dem Willen der Fakultät weiter bestehen bleiben. Die beiden kommunikationswissenschaftlichen Professuren bleiben somit an der Sowi-Fakultät, die beiden anderen gehen an die philosophische Fakultät. Infolge dessen wird das Zentrum für interdisziplinäre Medienwissenschaft (ZiM) abgewickelt. Das Zentrum für Europa- und Nordamerikastudien (ZENS) und der sozialwissenschaftliche Teil des Instituts für Sozialpolitik werden als Abteilungen in das Soziologische Seminar integriert. Gleichzeitig ist den Lehrenden klargeworden, dass sie durch die stark eingeschränkte Lehrkapazität dazu gezwungen sind, die Studiengänge auf BA/MA-Modelle umzustellen.

2004 muss die Uni mit 7 Millionen Euro weniger Landesmitteln auskommen. Da ca. 70% der Mittel für Personal ausgegeben werden und es sich bei dem Rest um wenig bewegliche Gelder handelt, sind also in diesem Jahr die Bereiche betroffen, die eben das Pech haben, dass besonders viele Leute gerade in den Ruhestand treten. Von Optimierung kann also keine Rede sein, die Stellen werden gesperrt wo sie eben frei werden. An die Fakultäten kam die Aufforderung, Pläne zur Einsparung von 6% ihres Etats vorzulegen. Schließlich kam es noch auf das eventuelle Verhandlungsgeschick bzw. das Standing des/der DekanIn beim Präsidium an, wie stark diese 6% unterlaufen werden konnten.

Studiengebühren - Nein, danke!
In den studentischen Protest gegen die Mittelkürzungen mischten sich auch viele Stimmen gegen allgemeine Studiengebühren, die, sollte das Bundesverfassungsgericht den Klagen der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen stattgeben, auch hier sofort Einzug halten werden. Die Pläne dafür liegen bereits in der Schublade des niedersächsischen Wissenschaftsministers Stratmann. Und genauso wie die sogenannten Langzeitstudiengebühren werden sie nicht den Hochschulen zu gute kommen, sondern in den maroden Landeshaushalt fließen. Die Gebühren in ungefährer Höhe von 500 Euro ab dem ersten Semester wäre dabei nur der Anfang. Damit hätte dann die CDU ein weiteres Wahlversprechen gebrochen, denn vor der Landtagswahl hatte sich der Parteitag noch gegen Studiengebühren in Niedersachsen ausgesprochen. Auch der RCDS, der von der Mutterpartei unterstützte Studierendenverband der CDU/CSU, hat sich klar auf die Seite der GebührenbefürworterInnen gestellt. In ihrem Papier „Leistung – Autonomie – Wettbewerb“, das mit seiner bildungspolitischen Folklore an die Rhetorik des ‘Centrum für Hochschulentwicklung’ erinnert, kommen die ChristdemokratInnen zu dem Schluss, dass das alleinige Einführen von Studiengebühren nicht reiche, vielmehr sollten sozial Schwache die Möglichkeit bekommen, ein „Fleißstipendium“ zu erhalten.

Wer darf Studiengebühren erheben, wer verbieten?
Noch verbietet das Hochschulrahmengesetz der Bundesregierung das Erheben von Gebühren bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss. Bei der erwähnten Normenkontrollklage der Länder geht es aber nicht um den Inhalt des Bundesgesetzes, vielmehr meinen diese, dass es einen unzulässigen Eingriff in die Souveränität der Länder in Bildungsfragen darstellt, Studiengebühren zu verbieten. Die Bundesregierung verweist jedoch auf die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes. Falls die Karlsruher RichterInnen das HRG für verfassungskonform erachten, wird sich also bis zu einem eventuellen Regierungswechsel in Berlin nichts ändern; Bildungsministerin Edelgard Buhlman (SPD) ist strikt gegen Studiengebühren. Kein Wunder: Studiengebühren sind unsozial, unfair und Unsinn!

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Wahlprogramm 2004
Wofür wir stehen. Was wir wollen.

Wir wollen einen politischen AStA

Da die Hochschule ein Teil der Gesellschaft ist, ist eine Trennung von Hochschul- und Allgemeinpolitik weder sinnvoll noch möglich. Ebenso wie die Hochschule Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben hat, muss auch die Gesellschaft Verantwortung gegenüber der Uni tragen. Vor allem die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik bestimmen massiv die Zustände an den Hochschulen mit, so dass sich die Studierenden auch zu diesen Politikfeldern äußern müssen. So ist die aktuelle Unterfinanzierung der Hochschulen vor allem eine Folge der falschen Umverteilungspolitik und des Sparens im Bereich der öffentlichen Haushalte.

Die Hochschule wirkt unter anderem über die AkademikerInnenausbildung und die Forschung auf die Ausgestaltung unserer Lebenswelt ein. Deshalb wollen wir Jusos uns im AStA für eine verantwortungsbewusste Politik einsetzen, die studentische Interessen aktiv gegenüber Uni und Wissenschaftsministerium vertritt. Das im derzeitigen AStA vorherrschende zaudernde Aufsichzukommen lassen der politischen Ereignisse muss ebenso aufhören wie die falsche Rücksichtnahme auf Landespolitiker aufgrund gleichen Parteibuchs – so etwas hat es bei ASten mit Juso-Beteiligung nicht gegeben!

Eine effektive Interessenvertretung der Studierenden braucht starke PartnerInnen auf allen Ebenen. Wir halten die Mitgliedschaft im bundesweiten studentischen Dachverband ‘freier zusammenschluß von studentInnenschaften’ (fzs) für unabdingbar. Ebenso halten wir eine stärkere Koordination auf Landesebene für erforderlich. Der AStA muss weiterhin gemeinsam mit dem Studierendenwerk und den Gewerkschaften sowie politisch und kulturell aktiven Gruppen Positionen formulieren und propagieren.

Wir wollen einen AStA, der Studierenden konkret hilft
In Zeiten immer größer werdender sozialer Unterschiede muss der AStA kompetent bei Problemen wie Miet-, Prüfungs-, Unterhalts- und AusländerInnenrecht helfen. In einem von uns besetzten AStA-Sozialreferat wird es eine kostenlose Sozial- und BAföG-Beratung geben. Neben der individuellen Beratung und dem Erstellen von Informationsbroschüren durch das Sozialreferat gehört die laufende Information über und Tipps und Hinweise zu sozialpolitische Themen für Studierende.

Die Aufgabe des AStA ist es, die Wünsche der Studierenden aufzunehmen. Als Vertretungsorgan muss er ihre Interessen bündeln und politisch umsetzen sowie die erforderliche Öffentlichkeit schaffen. Wir wollen unsere Arbeit im AStA weiterhin offen und transparent für alle Studierenden gestalten. Deshalb muss die Präsenz des AStA auf dem Campus weiter verstärkt werden.

Wir wollen die Hochschule wieder als Lebensraum erschließen
Ziel unserer politischen Aktivität ist es, möglichst vielen Menschen ein Studium zu ermöglichen. Das Studium soll der Ausbildung ihrer Persönlichkeit dienen und demokratisches Bewusstsein schaffen sowie dazu befähigen, Bildungsinhalte zu beurteilen und diese verantwortlich in der Gesellschaft umzusetzen. Die Uni darf keine Lernfabrik sein!

Wir wollen verstärkt kulturelle Aktivitäten in der Hochschule fördern. Dabei müssen studentische Projekte und Initiativen unterstützt werden. Ebenso soll die Uni wieder zum Gesprächsraum und Ort gesellschaftlicher Diskussionen werden.

Die soziale Infrastruktur an der Universität muss generell verbessert werden, beispielsweise dürfen das Studieren mit Kind oder eine Erziehungspause nicht das Ende der wissenschaftlichen Karriere bedeuten. Die Organisation des Studiums sowie die Ausbildungsförderung sollte die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums bieten. Ein Studium muss unabhängig von der finanziellen Situation möglich sein.

Wir wollen Chancengleichheit beim Hochschulzugang
Die Einführung von Studiengebühren muss auf Dauer verhindert werden. Studiengebühren sind unsozial, ganz gleich wie sie ausgestaltet oder begründet werden. Daher lehnen wir auch die schon beschlossenen Langzeitstudiengebühren ebenso ab wie die neueren allgemeinen Studiengebühren-Initiativen aus Politik und Wirtschaft, egal ob sie Studiengebühr heißen oder als Studienguthaben getarnt werden. Eine Finanzierung von Bildung sollte durch ein gerechtes Steuersystem erfolgen, das Arme weniger, Reiche mehr belastet. Es sollen nicht nur Familien mit Kindern für Bildung und Ausbildung der kommenden Generationen aufkommen. Wir fordern, dass ein generelles Verbot von Studiengebühren, welches auch Einschreib- oder andere „Verwaltungsgebühren“ einschließen muss, im Hochschulrahmengesetz verankert bleibt.

Wir setzen uns für eine grundlegende BAföG-Reform ein, die weit über die Änderungen des Jahres 2001 hinausgeht. Die Bedarfssätze müssen sich endlich an den Bedürfnissen der Studierenden und die Förderungszeiten an der durchschnittlichen Studiendauer orientieren. Das Zins-BAföG muss schnellstens vollständig ersetzt werden. Auf längere Sicht wollen wir die Einbettung der Ausbildungsfinanzierung in ein System der elternunabhängigen sozialen Grundsicherung.

Wir wollen die Demokratisierung der Hochschule
Wir wollen, dass die Universität stärker als bisher von Studierenden gestaltet wird. Dazu bedarf es der Demokratisierung der bislang völlig von ProfessorInnen bestimmten Gremien. Wir haben uns in der Diskussion der Novelle des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) dafür eingesetzt und werden dies auch weiterhin tun, da wir unsere Vorstellungen noch nicht verwirklicht sehen. Der AStA muss sich in der universitären Gremienarbeit engagieren. Dazu gehört für uns eine noch engere Vernetzung und Beratung mit den studentischen Mitgliedern im Senat und den einzelnen Senatskommissionen.

Die Universität ist nicht nur eine Bildungsstätte, sondern auch ein Ort der Forschung. Deshalb verlangen wir gerade in Zeiten, in denen die Wissenschaft immer stärker von den Interessen der Drittmittel-Geber bestimmt wird, eine stärkere demokratische Kontrolle. Wir fordern von den ProfessorInnen klare Rechenschaft über Herkunft und Verwendung ihrer Forschungsgelder.

Eine Forschung, die hauptsächlich wirtschaftlichen Interessen dient und die gesellschaftliche Verantwortung außer Acht lässt, lehnen wir ab. Gerade die Diskussion um die Grenzen der Genforschung hat gezeigt, wie schwierig, aber gleichzeitig wichtig hierbei eine genaue Abwägung ist. Wir verkennen nicht die Chancen, die sich im Bereich der Medizin durch die Gentechnik ergeben können. Allerdings muss die Genforschung ethische und gesellschaftliche Fragen als integralen und gleichberechtigten Bestandteil ernst nehmen. Hier wird an der Universität Göttingen bislang noch zu wenig getan.

Wir wollen Benachteiligungen bekämpfen
Auch innerhalb der Uni dürfen weder organisatorische noch ausstattungsbedingte oder bauliche Schranken einen gleichberechtigten Zugang zum Studium verhindern. Der AStA muss sich dafür einsetzen, dass derartige Diskriminierungen an der Uni beseitigt werden. So müssen Maßnahmen ergriffen werden, um gleichberechtigten Zugang behinderter Studierender zu erreichen.

Die Benachteiligung von ausländischen Studierenden muss zügig abgebaut werden, ein Studium an deutschen Hochschulen entscheidend erleichtert werden. Wir fordern, dass auch ausländische Studierende das Recht auf Sozialleistungen und Ausbildungsförderung, sowie eine Arbeitserlaubnis erhalten. Außerdem werden wir uns auch weiterhin für die Beibehaltung der Deutschkurse im AStA einsetzen.

Auch die Benachteiligung von Studierenden mit Kindern oder derer, die über den zweiten Bildungsweg den Zugang zur Uni erreicht haben, muss bekämpft werden. Auch die Benachteiligungen, die aufgrund des Geschlechts, der geschlechtlichen und der sexuellen Identität stattfinden, müssen deutlich gemacht und bekämpft werden. Als einen ersten Schritt dazu sehen wir die Wiedereinrichtung der vom derzeitigen rechten AStA abgeschafften Referate für FrauenLesben und Schwule und bzw. oder die Schaffung eines Gender-Referats im AStA an.

An den Universitäten werden Frauen nach wie vor benachteiligt: Das zeigt sich in allen Bereichen, z. B. in der Stellenbesetzung oder dem Verhalten in Seminaren und Sprechstunden. Wie unsere Gesamtgesellschaft, so ist auch die Hochschule androzentrisch geprägt. Eine kritische Geschlechterpolitik an der Universität ist immer auch engagierte Wissenschaftskritik und zielt auf eine grundlegende Reform der Hochschule.

Dazu gehört deshalb auch, dass systematische Frauenförderung an den einzelnen Fachbereichen als Kriterium für die Mittelvergabe – ja, die Kürzungen der Landesmittel machen es auch der kritischen Geschlechterpolitik nicht einfacher – über den Globalhaushalt etabliert wird. Alle Fakultäten haben sich in ihren Frauenförderplänen (FFP) dazu verpflichtet, die Gleichstellung der Geschlechter in ihrem Bereich gezielt zu fördern. Die FFP sind dabei integrativer Bestandteil des Entwicklungsplanes der Universität. Wir fordern, dass die Einhaltung der FFP überprüft und eine Nichtbeachtung von der Universitätsleitung sanktioniert wird.

Am offensichtlichsten ist die Notwendigkeit von Berufungen von Frauen in die höheren Besoldungsstufen, in denen sie nach wie vor kaum eine Rolle spielen. Darum setzen wir uns nicht nur in der Senatskommission für Frauenförderung und Gleichstellung dafür ein, sondern engagieren uns als studentische Vertreter in den Berufungskommission für eine aktive Frauenpolitik. Wir fordern qualifizierte Tutorinnen- und Mentoringprogramme. Wir wollen, dass der AStA die Studentinnen über Qualifikations- Stipendien-, Weiterbildungs- und Wiedereinstiegsmöglichkeiten informiert. Dabei ist eine enge Kooperation mit dem Frauenbüro der Universität unerlässlich.

Wir wollen einen AStA, der sich wieder im Bereich der Ökologie engagiert
Die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen und die ökologischen Risiken bestimmter Energiegewinnungsmethoden machen einen verantwortungsvollen und sparsamen Umgang mit Energie im allgemeinen und den Verzicht auf die Atomenergie im besonderen unabdingbar. Wir fordern eine noch konsequentere Abkehr von der risikoreichen Atom- und der umweltschädlichen Kohleenergie durch eine gezielte Förderung erneuerbarer und regenerativer Energieformen. Wir erwarten, dass der Staat in diesen Prozess lenkend eingreift, etwa durch eine ökologisch orientierte Steuerpolitik, die diesem Ziel besser gerecht wird als die momentan geltende Ökosteuer.

Wir wollen vor Ort, an der Universität und in der Stadt Göttingen, ökologisch orientierte Politik betreiben. Wir fordern eine Verstärkung der Energiesparbemühungen an der Uni Göttingen, eine Verbesserung des Radwegesystems und ein attraktiveres Buslinienkonzept in Göttingen. Eine weitere Stärkung des (motorisierten) Individualverkehrs ist deutlich abzulehnen. Die Ökologisierung der Mensen und Wohnheime muss in Zusammenarbeit von AStA und Studierendenwerk weiter vorangetrieben werden. Weiterhin fordern wir eine stärkere Verankerung ökologischer Themen im Bereich der universitären Forschung und Lehre. Besondere Aufmerksamkeit muss auch hier dem Bereich der Gentechnik gewidmet werden. Die Risiken, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen, insbesondere Nahrungsmitteln, verbunden sind, sind noch nicht absehbar und müssen dringend höheren Stellenwert in der Forschung erhalten.

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Der rechte AStA...

...und die Finanzen

  • Das zugegebenermaßen öffentlichkeitswirksame Plakat, das zu Anfang des Göttinger Protestes am blauen Turm aufgezogen wurde, kostete 10.000 Euro! Und trotzte leider nur einige Tage dem Sturm.
  • Trotz seines Rücktritts Anfang Juli bezog Gerhard Riewe (ADF) für die Zeit vor dem Rücktritt, nachdem er schon zwei Wochen nicht mehr im AStA mitgearbeitet hat, und bis Mitte Juli weiterhin sein Gehalt als AStA-Vorsitzender.
  • Sage und schreibe 4500 Euro haben sich die AStA-Mitarbeiter als Reisekosten genehmigt.

...und die Demokratie

  • Gerne wollten ADF und RCDS die Geschäftsordnung des StuPa ändern, um ihnen unliebsame Absätze zu streichen. Ein so demokratiefeindliches Ansinnen, was dem Sinn einer Geschäftsordnung völlig wiederspräche, wurde auf unser Betreiben dann auch unterlassen. Geschäftsordnungen von Parlamenten sind unter anderem dazu da, Minderheitenrechte zu schützen.
  • Die wöchentlichen AStA-Sitzungsprotokolle sind – trotz regelmäßiger Aufforderung und formalem Beschluss des Studierendenparlaments – immer noch nicht im Internet zugänglich. Entweder es finden keine Sitzungen statt oder niemand schreibt Protokoll!
  • Mit Hilfe der “bürgerlichen” StuPa-Mehrheit werden Redelisten “lästiger” Debatten einfach geschlossen und Protokolle wahrheitswidrig geändert (oder erst so spät eingereicht, dass sich sowieso niemand mehr an die Sitzung erinnern kann).

...und die Arbeit

  • Die meiste Zeit war nicht viel davon zu spüren, obwohl in diesem Jahr kein Handschlag ohne Bezahlung gemacht wurde. Erst einmal mussten alle Verträge unter Dach und Fach sein, dann wurde überlegt, was zu tun sei. Man wollte sich sogar Verträge ab Mitte März genehmigen, konnte aber dann vor der Geschäftsführerin nicht verheimlichen, dass man da noch nicht im Amt war.
  • Obwohl die Verhandlungen des AStA mit der Bahn wegen eines Semestertickets von Daniel Flores Papa übernommen wurden, denn der würde sich mit sowas auskennen, führten sie zu nichts. Vielleicht hat ja jemand auch mal einen Politiker oder Arbeiter zum Vater, dann wird beim ADF auch mal Politik betrieben oder gar gearbeitet!
  • Es fanden keine Kulturveranstaltungen statt. Sieht man mal von der Kino-Nacht ab, die von den beteiligten Uni-Kinos getragen wurde.
  • Auch das Sozialreferat kann nicht durch Aktivität glänzen. Es gab im vergangenen Jahr schlichtweg weder Info- noch Gruppenveranstaltungen. Eine Aktion der Göttinger Geschäfte “Sparen und Spenden”, an der sich das Sozialreferat beteiligen wollte (immerhin eine Aktion, die über den hochschulpolitischen Tellerrand blicken wollte), wurde aufgrund der zu geringen Information (Na, schon mal was davon gehört?) in den Sand gesetzt.
  • Mit einem neu gewählten Vorsitzenden ging der AStA im Juli erstmal in dreimonatige Sommerpause. Müssen wir noch erwähnen, dass die Gehälter aller MitarbeiterInnen in dieser Zeit weiterliefen?
  • Eine Veranstaltung zum neuen Hochschulzulassungsgesetz wurde erst abgesagt, da sogar einer der Referenten fehlte, dann auf September verschoben und hat dann nie stattgefunden.
  • Öffentlichkeitsarbeit – wo? Und das, obwohl die Leute, die uns allen an der Mensa-Treppe die AStA revista in die Hand drücken wollen, dafür von euch bezahlt werden.
  • Zur Streichung der für die Aufrechterhaltung des Lehrbetriebs so wichtigen Tutoriengelder durch die Landesregierung hat der AStA bis heute keine Stellung bezogen.
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Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen
Wer wir sind und was wir machen

Wir sind eine Gruppe JurastudentInnen, die durch Interesse an der Hochschulpolitik, an dem Willen zum Engagement und dem Einverständnis mit den sozialdemokratischen Grundwerten verbunden ist.

Zur Zeit umfasst die AsJ etwa 30 aktive Mitglieder. Wir treffen uns wöchentlich, um uns mit rechtspolitisch aktuellen Themen auseinanderzusetzen und darüber zu diskutieren. Dabei begrenzen wir uns aber nicht allein auf den Fachbereich Jura – auch Themen, die die Hochschule, das Land oder den Bund betreffen finden sich auf unserer Tagesordnung wieder. Aus dieser Arbeit ergeben sich weitere Schwerpunkte unserer Tätigkeit:

  • wir organisieren Veranstaltungen zu rechtspolitischen Themen, wie z.B. die Veranstaltung „Eine Verfassung für Europa“
  • wir erstellen informative Skripten für wichtige Vorlesungen, die auch bei Professoren Anerkennung finden
  • wir führen Seminare und Seminarfahrten durch
  • wir bereichern das Klima zwischen den Studenten durch die Veranstaltung von Partys
  • wir beteiligen uns an den politischen Aktivitäten der Hochschule, wie z.B. durch unseren „Jura-Ausverkauf“ im Rahmen des Aktionsstreikes
  • wir betreuen regelmäßig mit großem Erfolg die Studenten des ersten Semesters in der O-Phase
  • nicht zuletzt gestalten wir die Hochschulpolitik durch Wahrnehmung unserer Mandate in Fachschafts- und Studierendenparlament aktiv mit

Durch diese und andere Arbeit haben wir es geschafft, unsere Mitgliederzahl in kurzer Zeit mehr als zu verdoppeln und die Anzahl unserer Sitze im Fachschaftsparlament Jura auszubauen, was unsere Möglichkeit zu politischer Partizipation erhöht und unsere Arbeitskapazität beständig vergrößert. Wir sind also noch lange nicht am Ende unserer Möglichkeiten angelangt.

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen gilt heute als fester und nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der Hochschulpolitik – sowohl im Fachschaftsbereich Jura als auch darüber hinaus.

In der kommenden Zeit wird weiterhin gelten, was schon seit jeher unser Motto gewesen ist: AsJ - wir kümmern uns!

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Viele offene Fragen bleiben
Den Sowi-Jusos bei ihrem unermüdlichen Einsatz zugeschaut

In der sozialwissenschaftlichen Fakultät stand 2003 auch für die dort im Fakultätsrat vertretenen Jusos unter dem Eindruck der Sparmaßnahmen des Landes. Unabhängig davon war zu Beginn des Jahres bereits klar, dass sich die SoWi-Fakultät längerfristig verändern würde.

Der Bolonga-Prozess, die Überführung der Uni in eine Stiftung und die dezentrale Budgetierung klingen zunächst einmal unglaublich abstrakt, wirken sich aber konkret dann beispielsweise so aus: Zu entscheiden war und ist unter anderem, ob und wie die Studiengänge modularisiert werden können und sollen, wie Prüfungen studienbegleitend absolviert werden können oder wie die Zusammenarbeit der Fakultät mit anderen aussehen soll und wie sich die finanziellen Ressourcen auf die einzelnen Institute verteilen. Handfest formuliert, es geht um Geld, Macht und Studienbedingungen.

Zukunft der Fakultät
Mit den Stimmen der studentischen VertreterInnen im Fakultätsrat konnten an der einen oder anderen Stelle Akzente gesetzt werden, nicht mehr, nicht weniger: So bleibt die Gleichberechtigung aller vier Fächer des Diploms erhalten – entgegen Plänen zur stärkeren Gewichtung der sozialwissenschaftlichen Kernfächer;die Qualitätssicherung der Lehre durch die Studienkommission wird durch einen entsprechenden Beschluss unterstützt; der Fakultätsrat unterstützte mit breiten Mehrheiten das Kollabs und den Streik (die Geschichte mit der Räumung ist dann eine andere) und schließlich bleibt das Studienfachs Publizistik im Diplom erhalten. Letzteres verweist bereits auf ein Problem, welches aus den bildungspolitischen Kahlschlägen des Landes resultierte.

Kürzungsideen
Nachdem klar war, dass die neue Landesregierung wild entschlossen war, den Hochschuletat in kürzester Zeit zusammenzukürzen und damit räumlich wie inhaltlich eigenwillige Schwerpunkte setzen könnte, sollte auf Grundlage einer globalen Kürzungsvorgabe die Fakultät hierzu einen eigenen Plan vorlegen. Ein im Sommer vorgelegter Entwurf dazu fand – auch wegen der studentischen Stimmen – im Fakultätsrat keine Mehrheit. Dieser Plan sah unter anderem vor, das ZENS und die Sozialpolitik zu schließen, sowie eine Reihe von Stellen im Bereich der Pädagogik und des Sports abzubauen. Es muss dahingestellt bleiben, was passiert wäre, hätte dieser Plan eine Mehrheit gefunden.

ZiM unhaltbar
Tatsache war und ist nunmehr, dass das Wissenschaftsministerium einige Elemente hiervon aufgriff und noch andere Fakten schuf, hervorstechend die Aufgabe des ZiM. In dieser Situation ergab sich in der Fakultät für uns – trotz aller Hoffnungen auf einen Erfolg der Proteste oder möglichen anderen Schwerpunktsetzungen durch das Universitätspräsidium – nur eine höchst unschöne Option: Die Aufgabe des ZiM zu akzeptieren, zugleich aber die Wiedererrichtung des alten PuK-Instituts anzustreben, um so das Fach Publizistik im Diplom zu erhalten. Hierfür konnte eine Mehrheit erreicht werden. Ein gewonnenes Rückzugsgefecht, mehr nicht, das muss eingeräumt werden.

Im kommenden Jahr werden weitergehende Beschlüsse anfallen: Bleiben Sozialpolitik und ZENS erhalten oder werden die verschiedenen Institute zu einem einzigen – nach Vorbild der Berliner Humboldt-Uni – sozialwissenschaftlichen Institut verschmolzen? Hiervon hängt kurzfristig ab, ob und wie bestimmte Fächer, allen voran die Soziologie über das Jahr 2004 hinaus handlungsfähig bleiben.

Langfristig entscheidet sich hieran, inwieweit eine Profilierung einzelner Fächer gewünscht wird und möglich ist. Damit verknüpft ist teilweise die Frage der Zukunft des Diplomstudienganges. Es ist innerhalb der Fakultät, quer durch alle Statusgruppen, umstritten, ob und inwieweit auf ein System aus BA/MA umgestellt werden soll bzw. im Zuge des Bolonga-Prozesses muss, und wie ein entsprechender grundständiger BA überhaupt aussehen könnte. Ein Stufenplan der Studienkommission hat dieser den Auftrag gegeben behutsam in Absprache mit den einzelnen Instituten Module zu entwickeln, die unabhängig von einem BA/MA eine neue Systematisierung des Studiums ermöglichen könnten. Die Diskussion hierzu läuft.

Mitmachen
Alle, die Interesse haben und darüber reden, dass in Studium und Lehre sich was tun muss, sind zu diesem Prozess eingeladen, beispielsweise beim dies Jahr eingerichteten Runden Tisch Gremienarbeit, so diese Institution im kommenden Jahr fortgeführt werden soll.

Kurzum, die großen Entscheidungen über die Zukunft und das Profil der Fakultät werden erst im nächsten und übernächsten Jahr fallen. Dabei sollte nicht unterschätzt werden, dass die anstehenden Berufungen bis 2009 das politische wie inhaltliche Profil der Fakultät erheblich verändern können.

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Die irrelevante Stiftung?
Ein Jahr Universität Göttingen als Stiftung – eine Zwischenbilanz

Seit nunmehr einem Jahr ist die Universität Göttingen keine staatliche Universität mehr. Vor dem 1. Januar 2003 war die Uni eine staatliche Anstalt des Landes Niedersachsen, finanziert und beaufsichtigt vom Land, wenn auch mit gewissen Selbstverwaltungsrechten. Die Uni-Beschäftigten arbeiteten für das Land Niedersachsen, die Gebäude waren Landeseigentum. Ab dem 1. Januar 2003 trat die Stiftung öffentlichen Rechts Universität Göttingen an die Stelle des Landes, übernahm (fast) alle seine Befugnisse, die Landesbeschäftigten als Stiftungsbedienstete, die Gebäude als Stiftungskapital. Geleitet wird die Stiftung von einem Stiftungsrat, dem fünf externe Mitglieder, ein Mitglied des Senats der Universität und nur noch ein Landesvertreter angehören.

Die Universität ist vielleicht noch öffentlich, aber nicht mehr staatlich, eine Universität in Niedersachsen, aber keine Landesuniversität. Einige Leser mögen sich an dieser Stelle fragen, warum sie das alles nicht mitbekommen haben und warum die Studierenden immer noch gegen Kürzungspläne aus Hannover protestieren, wo wir doch jetzt „entstaatlicht“ sind.

Unerfüllte Hoffnungen
Die Antwort ist einfach: In ersten Jahr ihres Bestehens hat sich die Stiftung als wenig relevant erwiesen und vermutlich wird sie nie relevant werden. Bei einer solchen Bilanz ist wichtig, sich zu erinnern, welche Erwartungen mit der Stiftung verbunden waren. Eingeführt hat die Stiftungsuniversität in Niedersachen der damalige Wissenschaftsminister Oppermann (SPD). Er versprach sich von einer „Entstaatlichung“ ein besseres Funktionieren der Hochschule ohne staatliche Eingriffe. Außerdem sollte die Rechtsform der Stiftung private Geldgeber anlocken und eine größere Identifizierung der Studierenden mit der Hochschule ermöglichen. Die Hochschulleitung und den Senat der Universität verlockte vor allem die Aussicht, die Liegenschaften der Universität selber zu verwalten. Außerdem hofften sie auf kurzfristige finanzielle Vorteile, wenn sie den Wunsch des Ministers erfüllten und die Uni Göttingen noch vor der Wahl zur Stiftung machten.

Bangen und Hoffen
Die Studierenden waren gespalten, einige fürchteten die Privatisierung und eine Auslieferung an die Wirtschaft, andere begrüßten gerade eine Entstaatlichung. Die Juso-HSG war skeptisch, aber gelassen, da wir wenig Wandel erwarteten. Dies sollte sich als richtig erweisen. Denn die Wirtschaft erwies sich als an der Stiftung uninteressiert, sie wollte sie weder beinflussen noch ihr Geld geben. Die Studierenden identifizieren sich ebenso wenig mit der Stiftung wie mit der Landesuni. Das aus den Liegenschaften bestehende Stiftungskapital hat der Uni auch bisher wenig eingebracht, da sie zum einem die Gebäude ja selber benutzt, zum andern viele Unigebäude ziemlich marode sind.

Im wichtigsten Punkt, in den Beziehungen zum Land, hat sich wenig geändert. Denn ob nun als Landeseinrichtung oder über einen Zuschuss zur Stiftung: In der Finanzierung ist die Uni weiterhin völlig vom Land abhängig. Damit aber ist der Einfluss des Landes auf die Universität immer noch entscheidend. Seit die Regierung gewechselt hat, sind auch alle Hoffnungen auf besondere Vorteile für Stiftungsunis verflogen, da es sich nicht um ein Projekt der neuen CDU/FDP-Regierung handelt. Es gibt bei den Kürzungen nur den einen Unterschied, dass normale Unis schon 2003 bluten durften, bei den Stiftungsuniversitäten dagegen 2004 für beide Jahre gekürzt wurde.

Der Stiftungsrat als Lenkungsgremium der Stiftung war bisher ziemlich einflusslos. Er hat sich im letzten Jahr lediglich zweimal getroffen. Die täglich arbeitende Uni-Leitung, die sich monatlich treffenden Fakultätsräte oder der Senat sind schon deswegen praktisch einflussreicher. Sicherlich hat auch der Stiftungsrat die Kürzungen debattiert, aber mehr als eine weitere Protestresolution ist nicht herausgekommen. Dabei wäre es doch nahe liegend, die Sache gleich mit dem Vertreter der Landesregierung im Stiftungsrat zu besprechen.

Kaffeekränzchen
Tatsächlich aber fällt die Entscheidung über die Umsetzung der Kürzungen im Präsidium, im Senat und vor Ort in den Fakultäten. Wenn sich der Stiftungsrat in so aufregenden Zeiten nur zweimal trifft, wie häufig wird er sich in ruhigeren Jahren treffen? Einmal zur Entgegennahme eines Jahresberichts des Präsidiums? Natürlich hat die niedrige Frequenz auch mit den Terminplänen der externen Prominenz im Stiftungsrat zu tun – aber das zeigt vielleicht nur, das externe Mitglieder eben für die Leitung einer Hochschule nicht sonderlich geeignet sind.

Alles in allem ist die Universität Göttingen trotz des schönen Wortes Stiftung das, was sie vor einem Jahr auch war. Eine Universität des Landes mit relativ großen Selbstverwaltungsrechten, nicht mehr und nicht weniger.

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Die Sache mit einfach und kompliziert
Der proletarische Siebeck

Zurück aus dem Weihnachsturlaub? Erwacht aus dem saturierten, festtäglichen Zustand, den man so uncharmant wie treffend Suppenkoma nennt? Ich sage es kurz und schmerhaft: Die Welt hat sich nicht grundlegend gebessert. Das Land Niedersachsen ist immer noch pleite. Die Hochschulen müssen weiter sparen. Es finden Wahlen an der Uni statt.

Blicken wir – sozusagen zum Aufwachen – noch einmal einige Monate zurück. Man hätte es so einfach in Niedersachsen haben können: Einfach an allen Hochschulen ein paar Prozente Mittelkürzung, alle hätten geschrieen, wären tödlich beleidigt, aber was hätte man schon dagegen tun können. Wo es doch allen gleich schlecht geht!Oder noch eine zweite Variante: Man hätte einfach sagen können, dass sich die Universität Göttingen in einer Art bevorzugter Fettlebe eingerichtet hat, mit gleichzeitig fortschreitender Alterssklerose. So etwas schreit doch nach eienr ministeriell verordneten Diät, einige Jahre Schonkost, damit man sich wieder fängt und in eine angemessene Gewichtsklasse zurückkehrt. Nur Göttingen wäre sauer und alle anderen übten sich in leiser Schadenfreude.

Man hat es ein wenig komplizierter gemacht und Variante einsausgeschlossen, Variante zwei empört zurückgewiesen. An den Auswirkungen ändert das „strukturierte Kürzen“ nur wenig: Allen geht es schlechter und Göttingen besonders.

An die Wurzeln gehen
So ist die Ausgangslage. Das bedeutet: Wir müssen jetzt an der uni Göttingen einige einfache Fragen stellen, das ist die Pflicht – wenn wir die Kraft haben, können wir dabei gerne den universellen, komplizierten Widerstand als Kür aufrechterhalten. Wie sieht es also aus mit dem Zuschnitt der Fakultäten, ist der für eine leistungsfähige Forschungsuniversität noch zeitgemäß? Wie sieht es mit den Lehrenden aus – bleiben wir bei den etablierten Lehrstuhlstrukturen und welchen Platz finden die Juniorprofs? Wohin geht der BA/MA-Zug, auch in den Staatsexamina-Fächern Medizin und Jura? Von Studiengebühren sei noch gar nicht geredet. Einfache, aber offene Fragen.

Wer diese Fragen stellt – das wird das Ergebnis der Wahl zeigen. Die Kandidaten sollen nicht nur kundig in Fachthemen sein, sondern auch souverän und ausreichend mutig beim Formulieren der Fragen. Und sie sollten die Fähigkeit haben, die Kategorien „kompliziert“ und „einfach“ im jeweils richtigen Moment anzuwenden.

Einfache Fragen und überzeugende Antworten
Diese Kolumne will das (natürlich) an einem Beispiel aus der Küche erläutern. Denn warum kompliziert, wenn es auch einfach geht. Und die Ergebnisse auch ohne Tellerakrobatik beglückend gut ausfallen können. Wir schlagen also wieder einmal eine Suppe vor. Dazu kochen wir (etwa drei) Petersilienwurzeln mit Knoblauch in Milch. Richtig gelesen, nur in Milch und mit ständiger Sorge vor dem Überkochen. Pürieren, Pfeffern, Salzen verstehen sich von selbst. Dazu ein Pesto aus Parmesan, glatter Petersilie und Olivenöl produzieren, indem diese Zutaten gemixt werden. Salzen und Pfeffern. Das Pesto wird zum Servieren in die so heiße wie schaumige Suppe geträufelt.

Ein unglaublicher Geschmack mit einfachsten Mitteln. Eine Tugend, die in diesen Zeiten neu gelernt werden sollte. Statt neuer Fragen kreative wie überzeugende Antworten. Beim Kochen wie bei der Wahl, meint

Euer proletarischer Siebeck

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Die Homepage wurde zuletzt geändert am 10. Januar 2004.