Lösungsskizze

 

A.     Anspruch des B auf Herausgabe des Buches aus § 985 BGB

B müsste Eigentümer und S Besitzer ohne Recht zum Besitz sein.

 

I.       Eigentum des B (Märchenaufbau „es war einmal…“)

Ursprünglich war B Eigentümer (Vermutung des § 1006)

Eigentumsverlust durch Übereignung?

 

1.      Übereignung gemäß § 929 BGB

erfordert Einigung und Übergabe

a)      Einigung

= dinglicher Vertrag: Angebot und Annahme; §§ 145 ff. BGB

 
aa)    Angebot des B

Angebot nur durch B bei der Mitteilung an D nur, wenn D auf Seiten des S stünde, also Empfangsbote oder Empfangsvertreter wäre. Sonst wäre die Erklärung noch nicht gegenüber einem anderen (§ 145 BGB) erfolgt.

Davon hängt auch folgendes ab:

(P)   Risikoverteilung für den Übermittlungsfehler des D als Dritten!

Zugangszeitpunkt des Angebots und Risikoverteilung bei Übermittlungsfehlern ist davon abhängig, ob D Empfangsvertreter oder Empfangsbote des S ist.

 

(aa) D als Empfangsvertreter des S

Zugang bei Empfangsvertreter = unmittelbar mit dessen Kenntnisnahme; dann Inhalt: „zur Ansicht“: Zugang mit Vernehmung des bedingten Übereignungsangebots durch D. Risiko für Übermittlungsfehler des Stellvertreters trägt S, 

aber: Geschäftsunfähige können keine Vertreter sein ( § 105 BGB; e contrario § 165 BGB): D ist kein Empfangsvertreter. Zugang nicht mit Kenntnisnahme des D.

 

(bb)           D als Empfangsbote des S

Zugang bei Übermittlung durch Empfangsbote = Erklärung gehen in dem Zeitpunkt zu, in dem nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge die Weiterleitung an den Adressaten zu erwarten war. Übermittlungsfehler gehen zu Lasten des Erklärungsempfängers.

 

Empfangsboteneigenschaft des S: „Ist das Kind auch noch so klein, kann es doch schon Bote sein!“,

aber: wird die Erklärung gegenüber einer nach der Verkehrsanschauung nicht ermächtigten Person wie z.B. einem Kind abgegeben, ist diese Erklärungsbote, nicht Empfangsbote.

Bei einem sechsjährigen Kind kann man nicht erwarten, dass es eine Erklärung zuverlässig mit dem richtigen Inhalt übermittelt: Erklärungsboteneigenschaft des D: (-)

 

Zwerg: das Angebot ist noch nicht einem anderen gegenüber abgegeben worden, zu diesem Zeitpunkt liegt noch kein wirksames Angebot vor.

 

(cc)   D als Erklärungsbote des B

D kann Bote sein (s. o.)

konkludente Erteilung der Botenmacht mit der Bitte, es dem Vater zu sagen

Zugang = Erklärung geht nur zu, wenn sie dem Empfänger übermittelt wurde. Das Empfangsrisiko liegt beim dem Boten Erklärenden.

Das Risiko falscher Übermittlung wird dem Erklärenden, also B zugerechnet.

 
bb)   Angebots des B durch die Übermittlung durch D

         Fraglich ist, welches Angebot dem S durch B erklärt wurde

 (1)   Inhalt des Angebots

Die Erklärung des B, „zur Ansicht, nicht als Geschenk“, bedarf der Auslegung: hierbei sind die §§ 133, 157 BGB zu berücksichtigen; maßgeblich ist der Empfängerhorizont,

in der Erklärung ist zugleich ein Angebot auf Eigentumsübertragung zu sehen. Dies soll allerdings nach dem Willen des B unter der aufschiebenden Bedingung stehen, dass S das Buch kauft, also einen KV abschließt und den Kaufpreis überweist. Darin ist ein Angebot auf Übereignung zu sehen, das unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass ein KV abgeschlossen und der Kaufpreis gezahlt wird. Erst danach soll das Eigentum an dem Buch auf S übergehen: §§ 929 S. 1, 158 I BGB.

 

 (2)   Zugang der übermittelten WE

Dieses Angebot ist nur wirksam, wenn es S genau mit diesem Inhalt zugegangen wäre. Unter Abwesenden (vgl. § 130 BGB) = wenn sie so in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit hat, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen: grundsätzlich erst mit Vernehmung durch S.

S hat jedoch nur aufgrund der Übermittlung seines Sohnes vernommen, dass B ihm das Buch schenken wolle. Aus seiner Sicht bzw. der eines objektiven Empfängers ist diese Aussage so zu verstehen, dass B ihm das Buch schenken und daher auch unbedingt und sofort übereignen wollte. Folglich wurde durch D nur ein Angebot auf unbedingte Übereignung übermittelt. Die ursprüngliche WE des B ist hingegen nicht zugegangen und damit unwirksam.

 

(c)    Zwischenergebnis

Kein Zugang des von B übermittelten Angebots auf bedingte Übereignung. Statt dessen unter Berücksichtigung der Risikoverteilung beim Einsatz von Übermittlern:

Zugang einer WE des B gerichtet auf unbedingte Übereignung des Buches.

 

cc)   Annahmen durch S

S hat das Angebot angenommen, B hat gemäß § 151 auf den Zugang verzichtet indem er das Buch mit der Erklärung an D übergab.

 

b)      Anfechtung der Einigung

aa)    Anfechtbarkeit

Die Einigung ist als dinglicher Vertrag ebenso anfechtbar, wie schuldrechtliche Verträge, daher ist die Anfechtung auch im Allgemeinen Teil des BGB geregelt. Allerdings sind die gleichen Vss. erforderlich.

 

bb)    Anfechtungserklärung und Anfechtungsgegner

Die Anfechtung muß gemäß § 143 BGB gegenüber dem Anfechtungsgegner erklärt werden. Anfechtungsgegner ist in der Regel die andere Vertragspartei, hier also der B.

Die Anfechtungserklärung muß den unbedingten Willen erkennbar werden lassen, dass sich die Partei nicht am Vertrag festhalten lassen will. Die Erklärung der Partei ist dabei laiengünstig auszulegen, §§ 133, 157 BGB, auf die Verwendung des Wortes Anfechtung kommt es nicht an. B wollte das Buch, wie er erklärt verkaufen und mit seinem Verlangen macht er deutlich, dass er sich nicht an der Schenkung festhalten lassen will.

Hier soll es aber um die Anfechtung der dinglichen Einigung gehen. Das Abstraktionsprinzip (das besagt, daß beide Rechtsgeschäfte in ihrer Wirkung voneinander unabhängig sind) erfordert daher eine Anfechtung auch der Einigung. Eine solche Erklärung ist in dem Herausgabeverlangen zu sehen.

Damit liegt eine Anfechtungserklärung vor.

 

cc)    Anfechtungsgrund

Es müsste allerdings auch ein Anfechtungsgrund vorliegen.

§ 120 BGB stellt irrtümlich unrichtige Übermittlung dem Irrtum in der Erklärungshandlung gleich.

 

(a)     Einschaltung eines Übermittlers

= nur Erklärungsboten: (+)

 

(b)     Unrichtige Übermittlung

= unbewusst falsche Erklärungshandlung des Übermittlers, auch wenn die Erklärung völlig verändert wird (bei bewusst falscher Übermittlung: nach h.M.: § 177 ff. BGB analog „Bote ohne Botenmacht“).

Bei D ist aufgrund des Alters und wegen der Assoziation an Weihnachten von unbewusst falscher Übermittlung auszugehen: (+)

Auch hier ist wieder wegen des Abstraktionsprinzips auf das dingliche Rechtsgeschäft abzustellen. Der Irrtum muß sich damit auch auf das dingliche Rechtsgeschäft beziehen, es ist ein sogenannter Fall der Fehleridentität erforderlich. Dieser liegt hier ausnahmsweise vor, da beide Rechtsgeschäfte in einem Akt zusammen fallen. Folglich liegt ein Anfechtungsgrund vor.

 

d)      Anfechtungsfrist, § 121 I S. 1 BGB

Sofort als er von den Umständen erfährt: (+)

 

e)      Wirkung der Anfechtung

         Normalerweise § 142 BGB;

hier vielleicht § 242 BGB weil S das Buch behalten möchte?

B müsste sich an seiner ursprünglich gewollten Erklärung festhalten lassen, hier bedingte Übereignung; dies müsste von S aber gefordert werden

Auslegung des Sachverhalts: will S das Buch lieber behalten oder nur als Geschenk?

wenn nur als Geschenk, dann § 162 I BGB, er verhindert den Eintritt der Bedingung Abschluß des Kaufvertrages

 

Zwerg.: Übereignung nicht erfolgt

 

Zwerg.: B hat sein Eigentum nicht verloren

 

 

2.  Besitz des S

S ist Besitzer des Buches

 

3. Ohne Recht zum Besitz

S dürfte nach § 986 BGB kein Recht zum Besitz des Buches haben.

Hier ev. aus Schenkung?

B wollte das Buch unter der Bedingung übereignen, dass es zum Abschluss eines Kaufvertrages kommt und S den Kaufpreis bezahlt. Aus der Sicht des S stellte sich dies aber wegen der falschen Übermittlung des D als Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages § 516 BGB dar.

wäre jedenfalls dann kein Recht zum Besitz mehr, wenn er wirksam angefochten wäre: (Abstraktionsprinzip! Trennungsprinzip! hier ist das schuldrechtliche Geschäft zu prüfen. Oben haben wir das dingliche angefochten.)

 

a)      Anfechtungsgrund, § 120 BGB

Stellt irrtümlich unrichtige Übermittlung dem Irrtum in der Erklärungshandlung gleich.

 

aa)    Einschaltung eines Übermittlers

= nur Erklärungsboten: (+)

 

bb)   Unrichtige Übermittlung

= unbewusst falsche Erklärungshandlung des Übermittlers, auch wenn die Erklärung völlig verändert wird (bei bewusst falscher Übermittlung: nach h.M.: § 177 ff. BGB analog „Bote ohne Botenmacht“).

Bei D ist aufgrund des Alters und wegen der Assoziation an Weihnachten von unbewusst falscher Übermittlung auszugehen: (+)

 

b)      Anfechtungserklärung, § 143 I BGB

B gibt S zu verstehen, dass es sich um einen Irrtum handelt, da er ihm das Buch nur verkaufen wollte und weiter auf Zahlung des Kaufpreises bestehe. Dadurch wird deutlich, dass er sich an den auf einer falschen Übermittlung beruhenden Schenkungsvertrag nicht gebunden fühlt. Dies äußert er auch gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner, dem Vertragspartner S.

 

c)      Anfechtungsgrund

Hier: Erklärungsirrtum iS.v. § 119 I 2. Alt: es wird nicht das übermittelt, was B sagen will: statt einer eines Angebots auf Abschluss eines KV, wird Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages übermittelt. Da der Preis für das Buch das Budget für Kundengeschenke übersteigt, hätte B diese Erklärung sonst nicht abgegeben.

 

d)      Anfechtungsfrist, § 121 I S. 1 BGB

Sofort als er von den Umständen erfährt: (+)

 

e) Zwerg.: Damit liegt kein wirksamer Schenkungsvertrag vor, aus dem sich ein Recht zum Besitz ableiten ließe.

 

II.      Ergebnis

Die Voraussetzungen des § 985 BGB liegen vor. B kann als Eigentümer von dem Besitzer S das Buch herausverlangen, da er ihm gegenüber zu Unrecht besitzt.

 

 

B.     Anspruch des B auf Herausgabe des Buches gem. § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB

I.       Etwas erlangt

Besitz am Buch (+)

 

II.      Durch Leistung des B

Leistung = bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens (moderner Leistungsbegriff)

 

1.      Persönliche Leistung des B

         Keine persönliche Übergabe des Buches: (-).

 

2.     Leistung durch Übermittlung des D als Boten

(P) Falsche Übermittlung durch D

B wollte das Buch unter der Bedingung übereignen, dass es zum Abschluss eines Kaufvertrages kommt und S den Kaufpreis bezahlt. Aus der Sicht des S stellte sich dies aber wegen der falschen Übermittlung des D als Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages § 516 BGB dar.

Wenn die Zweckvorstelllungen über Inhalt und Gegenstand der Leistungsbeziehung nicht übereinstimmen, ist maßgeblich, wie sich die Zuwendung bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung darstellt. (so die Lehre vom Empfängerhorizont[1])

Aus der Sicht des S stellte sich die Überbringung des Buches als Schenkungsangebot und Angebot auf unbedingte Übereignung (Bewirken des Schenkungsgegenstandes, § 518 II BGB = Handschenkung) dar. Diesen Umstand muss sich B zurechnen lassen, weil er den sechsjährigen D als Erklärungsboten einsetzt. Folglich muss sich B das Risiko einer falschen Übermittlung des Vertragsangebots (statt Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages Angebot auf Schenkung) und die daraus resultierenden Rechtsfolgen zurechnen lassen.

(nach anderer Ansicht wäre auf die Zweckrichtung des Leistenden abzustellen und hier eine Eingriffskondiktion anzunehmen)

4.      Zwischenergebnis:

Leistung des A

 

III.    Ohne Rechtsgrund

Wirksamer Schenkungsvertrag?

1.      Vertragsschluss

 

a)      Zwei korrespondierende Willenserklärungen

Wie oben: B muss sich die Aussage des Erklärungsboten D zurechnen lassen, der eine WE auf Abschluß eines Schenkungsvertrags übermittelt hat; S hat das Angebot angenommen, B hat gemäß § 151 auf den Zugang verzichtet indem er das Buch mit der Erklärung an D übergab.

 

b)      Formerfordernis des Schenkungsvertrags

 

aa)    Notarielle Beurkundung des Schenkungsversprechens, § 518 II BGB

(-): Formmangel

bb)   Heilung des Formmangels

§ 518 II BGB (Handschenkung): bei Bewirkung der Leistung wird Formmangel geheilt bei Sachen durch Übereignung: s.o. (+)

c)      Ergebnis

Wirksamer Schenkungsvertrag: (+).

 

2.      Nichtigkeit des Schenkungsvertrages infolge Anfechtung gem. § 142 I BGB

 

a)      Anfechtungsgrund, § 120 BGB

Stellt irrtümlich unrichtige Übermittlung dem Irrtum in der Erklärungshandlung gleich.

 

aa)    Einschaltung eines Übermittlers

= nur Erklärungsboten: (+)

 

bb)   Unrichtige Übermittlung

= unbewusst falsche Erklärungshandlung des Übermittlers, auch wenn die Erklärung völlig verändert wird (bei bewusst falscher Übermittlung: nach h.M.: § 177 ff. BGB analog „Bote ohne Botenmacht“).

Bei D ist aufgrund des Alters und wegen der Assoziation an Weihnachten von unbewusst falscher Übermittlung auszugehen: (+)

 

b)      Anfechtungserklärung, § 143 I BGB

B gibt S zu verstehen, dass es sich um einen Irrtum handelt, da er ihm das Buch nur verkaufen wollte und weiter auf Zahlung des Kaufpreises bestehe. Dadurch wird deutlich, dass er sich an den auf einer falschen Übermittlung beruhenden Schenkungsvertrag nicht gebunden fühlt. Dies äußert er auch gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner, dem Vertragspartner S.

 

c)      Anfechtungsgrund

Hier: Erklärungsirrtum iS.v. § 119 I 2. Alt: es wird nicht das übermittelt, was B sagen will: statt einer eines Angebots auf Abschluss eines KV, wird Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages übermittelt. Da der Preis für das Buch das Budget für Kundengeschenke übersteigt, hätte B diese Erklärung sonst nicht abgegeben.

 

d)      Anfechtungsfrist, § 121 I S. 1 BGB

Sofort als er von den Umständen erfährt: (+)

 

d)      Zwischenergebnis

Wirksame Anfechtung (+)

Gemäß § 142 I BGB ist der Vertrag von Anfang an unwirksam

 

3.      Zwischenergebnis

Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund (+)

ANMERKUNG: Natürlich hätte hier auch ein Verweis auf oben gereicht, ich habe das aber mal aus Übersichtlichkeit hier stehen gelassen.

Man könnte neben der Schenkung auch noch die Überlassung des Buches zur Ansicht als Rechtsgrund für das Behalten diskutieren, müsste dann aber wieder auf die Vereitelung des Bedingungseintritts kommen, so dass sich daraus auch kein Recht ergibt.

 

 

 

V.      Ausschluss des Anspruchs wegen § 241a BGB

Da S Stammkunde ist und er und B die Geschäfte üblicherweise so abwickeln,

handelt es sich jedenfalls nicht um die Lieferung unbestellter Sachen i.S.v. § 241a BGB. (-)

 

VI.     Rechtsfolge/ Ergebnis

B hat gegen S einen Anspruch auf Herausgabe des Buches gem. § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB.



[1] vgl. MüKom, 3. Aufl., § 812 Rn. 48.