A.        Ansprüche des H gegen S aus dem Kaufvertrag auf Zahlung des Restkaufpreises gem. § 433 II BGB

I.          Abschluss eines Kaufvertrages

Voraussetzung: Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB

S „kauft“ bei H: Einigung über Kaufsache und Kaufpreis (+)

® Abschluss eines KV (+)

II.         Wirksamkeit des Kaufvertrages

(P) S ist erst 16 ® §§ 106, 2 BGB:  Er ist „in der Geschäftsfähigkeit beschränkt“

-> Aus § 108 I BGB ergibt sich: Geschäfte sind grundsätzlich schwebend unwirksam. Ausnahme: lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte, § 107 BGB; Taschengeld, § 110 BGB; partielle Geschäftsfähigkeit, § 111 f. BGB.

Im übrigen ist ein Vertrag nur mit Einwilligung oder Genehmigung des gesetzlichen Vertreters wirksam, vergl. § 108 I BGB.

1.         Nach § 107, 1. Alt. BGB: Geschäft ist lediglich rechtlich vorteilhaft

Gegenseitige Verträge sind nie lediglich rechtlich vorteilhaft, da jede Partei mit einer Vertragspflicht belastet wird.

Wegen der Pflicht des S zur Kaufpreiszahlung, § 433 II BGB: (-)

® ZE: Wirksame WE, wirksamer KV nach § 107 BGB, 1. Alt. BGB (-)

2.         Nach § 107, 2. Alt. BGB: mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters 

a)        Gesetzliche Vertreter nach §§ 1626, 1629 BGB = die Eltern

b)        Einwilligung nach § 183 BGB = vorherige Zustimmung

Vorherige Zustimmung der Eltern (-)

® ZE: Wirksame WE, wirksamer KV nach § 107 BGB, 2. Alt. BGB (-)

3.        Wirksamkeit des Vertrages nach dem „Taschengeldparagraphen“,

§ 110 BGB jetzt leider nur noch („Bewirken der Leistung mit eigenen Mittel“)

Zustimmung wird ersetzt, wenn die Leistung

a)        vollständig bewirkt (erfüllt) wird (vollständig, weil sonst kein Vertrauen des Vertragspartners in ein von den Eltern erlaubtes Handeln des Minderjährigen gesetzt wird)

b)        mit Mitteln, die dem Minderjährigen von den gesetzlichen Vertretern frei zur Verfügung gestellt wurden.

S hat noch nicht den vollen Kaufpreis in Höhe von 300,- DM gezahlt/bewirkt, sondern lediglich eine Anzahlung geleistet. Daher § 110 BGB (-).

® ZE: Wirksamer Vertrag nach § 110 BGB (-)

4.         wegen einer Genehmigung der Eltern gem. § 108 I BGB

Genehmigung = nachträglich Zustimmung, § 184 I BGB

a)        Genehmigung gegenüber S

Sind mit dem Kauf nicht einverstanden (-)

b)        Nachfrage des H

= Aufforderung i.S.v. § 108 II S. 2, 2. Hs. BGB. Wegen § 108 II S. 2, 2. Hs. BGB ist die Genehmigungsverweigerung gegenüber S daher unwirksam. Aber wegen des Ablaufs der Zweiwochenfrist ohne Reaktion der Eltern gilt die Genehmigung als nicht erteilt, § 108 II S. 2 BGB.

® ZE: Wirksamer Vertragsschluss nach § 108 I BGB (-)

5.         Zwischenergebnis

Mangels wirksamer WE des S und mangels wirksamen Vertragsschlusses ohne Einwilligung der Eltern sowie einer fehlenden Genehmigung: Abschluss eines wirksamen Kaufvertrages (-)

II.         Ergebnis

Kein Anspruch des H aus § 433 II BGB auf Zahlung des Kaufpreises.

 

B.        Anspruch des H gegen S aus § 985 BGB

Voraussetzungen von § 985 BGB:

- Eigentümer (Eigentum: § 903 BGB; Vollrecht an der Sache)

- Besitzer (Besitz? § 854 I BGB; tatsächliche Sachherrschaft)

- kein Recht  zum Besitz, § 986 I S. 1 BGB

I.          Eigentümer (Prüfung: historisch!)

1.         Ursprünglich Eigentümer

H (arg.: § 1006 I S. 1 BGB)

2.         Eigentumsverlust durch Eigentumsübertragung auf S

a)        Voraussetzung für den Eigentumserwerb an beweglichen Sachen

§ 929 S. 1 BGB: Einigung über den Eigentumswechsel an einer bestimmten beweglichen Sache (§ 90 BGB) + Übergabe 

aa)      Einigung

= dinglicher Vertrag, §§ 145 ff.; Wirksamkeit nach allgemeinen Regeln.

(1)       Einigung über die Eigentumsübertragung

Schlüssig durch die Übergabe/Entgegennahme des Mopeds  = Parallelwertung in der Laiensphäre: H und S wollten den vermeintlichen Kaufvertrag abwickeln. Dafür ist die Übertragung des Eigentums an dem Kaufgegenstand erforderlich. Durch die Übergabe kommt der Eigentumsübertragungswillen des H und durch die Entgegennahme der Eigentumserwerbswillen des S zum Ausdruck. 

® ZE: Dinglicher Vertragsschluss/Einigung (+)

(2)       an einer beweglichen Sache, § 90 BGB

            Moped = mobiler Gegenstand

(3)       Wirksamkeit der Einigung

Wegen §§ 106, 2 BGB. Rechtsfolge des Vertrages = Erlangung des Eigentums ist für S lediglich rechtlich vorteilhaft, § 107, 1. Alt. BGB

® ZE: Wirksame Einigungserklärung (+)

(4)       ZE: Wirksame Einigung (+)

bb)      Übergabe

= Verschaffung der tatsächlichen Sachherrschaft

Durch Entgegennahme des S

® ZE: Übergabe (+)

b)        Zwischenergebnis

Gem. § 929 S. 1 BGB (+) ist S Eigentümer geworden. Infolge des Eigentumserwerbs hat H das Eigentum an dem Moped verloren.

II.         Ergebnis

H hat keinen Anspruch nach § 985 BGB gegen S, weil er nicht mehr Eigentümer ist.

 

C.        Anspruch des H gegen S auf Herausgabe des Mopeds gemäß            § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB

Voraussetzungen von § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB:

- Anspruchsgegner hat etwas erlangt

- durch Leistung des Anspruchsstellers

- ohne rechtlichen Grund

 

I.          Etwas erlangt

= Vermögensvorteil

S hat Eigentum (s. o.) und Besitz am Moped erlangt

® (+)

II.         Durch Leistung

= bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens

H hat bewusst und zweckgerichtet das Vermögen des S durch die Übergabe und Übereignung des Mopeds gemehrt.

® Leistung des H (+)

III.        Ohne rechtlichen Grund

KV unwirksam (s. o.)

® ohne rechtlichen Grund (+)

IV.       Rechtsfolge

§ 812 I S. 1 BGB: Herausgabe des Erlangten; Inhalt und Umfang der Herausgabepflicht richten sich nach § 818 BGB. Grundsätzliche Rechtsfolge = Herausgabe in  Natur. Im übrigen bestimmt sich der Inhalt der Herausgabepflicht nach der Art des Erlangten.

S hat das Eigentum (Recht) und den Besitz am Moped erlangt.

® Inhalt der Herausgabepflicht: Rückübertragung des Eigentums und Herausgabe des Mopeds.

V.        Ergebnis

H hat einen Anspruch auf Herausgabe des Mopeds und Rückübertragung des Eigentums gemäß § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB gegen S.

 

D       Ansprüche des S auf Herausgabe der angezahlten 100 Euro

I.       Anspruch gem. § 985 BGB

nur möglich, wenn Geldscheine noch eindeutig erkennbar

hier damit nicht möglich, arg. Bevorzugung des Geld- ggü. dem Sacheigentümer

II.      Anspruch auf Wertersatz gem. §§ 951 I, 812 I S.1, 2. Alt. BGB.

1.         Voraussetzungen der §§ 951 I S. 1, 948 I, 947 II BGB

            à Eigentumsverlust infolge der §§ 946 bis 950 BGB, daher darf kein rechtsgeschäftlicher vorangegangener Eigentumsverlust vorliegen

a)     Eigentumsverlust durch Übergabe der 100 Euro infolge rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs des H gem. § 929 S. 1 BGB.

aa)   Wirksame Einigung über den Eigentumsübergang, §§ 145 ff.

P      Beschränkte Geschäftsfähigkeit des S, §§ 106, 2 BGB und fehlende Einwilligung der Eltern, vergl. § 183 BGB.

(1)    Wirksame Einigung nach § 107, 1. Alt.

Übertragung des Eigentums (Verfügung) wäre nicht lediglich rechtlich vorteilhaft: (-).

(2)    Wirksame Einigung infolge Genehmigung (vergl. § 184 I BGB) der Eltern gem. § 108 I BGB:

Reagieren auf die Nachfrage des H nicht: § 108 II S. 2 (-).

(3)    Wirksamkeit der Einigung gem. § 110 BGB wegen Ratenzahlung (-)

bb)   Zwischenergebnis

Keine wirksame Einigung nach § 929 S. 1 BGB und damit kein rechtsgeschäftlicher Eigentumsverlust des S.

b)     Eigentumsverlust des S durch Vermengung mit dem Kassenbestand des H infolge gesetzlichen Eigentumserwerbs gem. § 948 I, 947 II BGB.

aa)   bewegliche Sache, § 90 BGB

         Geld = mobiler körperlicher Gegenstand: (+)

bb)   untrennbare Vermengung, § 948 I BGB

Def.: Sachen behalten ihre körperliche Abgrenzung, sind aber nicht mehr zu unterscheiden bzw. nicht gekennzeichnet und lassen sich dem bisherigen Eigentümer nicht mehr zuordnen.

Wegen des sachenrechtlichen Spezialitätsprinzips bezieht sich der Herausgabeanspruch auf den bestimmten von S übergebenen Euroschein und die Münzen. Es wird aber nicht mehr zu klären sein, welcher Schein  genau der von S ist. Daher Vermengung:  (+).

cc)   Folge, § 947 II BGB

In der Kasse waren über 8000 Euro und damit mehr als 100 Euro. Kassenbestand ist wegen dieses quantitativen Übergewichts als Hauptsache anzusehen.

dd)   Zwischenergebnis

H hat gem. §§ 948 I, 947 II BGB Eigentum an den 100 Euro erlangt, die ihm S übergeben hatte: Eigentumsverlust des S: (+).

 

2.         Voraussetzungen des § 812 I S. 1, 2. Alt. BGB

a)        Etwas erlangt

            Eigentum 100 Euro Schein, s.o. (+)

b)        in sonstiger Weise

            = wenn die Vermögensverschiebung nicht auf einer zweckgerichteten Zuwendung eines Leistenden beruht (wenn sie keine Leistung ist).

Übergang des Eigentums auf H beruht auf Vermengung der 100 Euro mit dem Kassenbestand und nicht aufgrund einer Vermögensmehrung durch S: (+).

c)         Ohne Rechtsgrund

            = ohne wirksamen Kaufvertrag s.o.

d)        Rechtsfolge, § 951 I BGB

            Wertersatz in Höhe von 100 Euro.

2.         Ergebnis:

S kann von H Ersatz der 100 Euro gem. §§ 951 I, 812 I S. 1, 2. Alt. BGB verlangen.

E         Gesamtergebnis

H hat keinen Anspruch auf Zahlung des ausstehenden Kaufpreises i.H.v. 200 Euro gem. § 433 II. Er kann dafür aber von S die Rückübereignung des Mopeds gem. § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB verlangen.

S hat schließlich einen Anspruch auf Ersatz der 100 Euro gem. §§ 951 I, 812 I S. 1, 2. Alt. BGB.

 

Abwandlungen:

vgl. Ausgangsfall bis ohne Rechtsgrund

3.        Wirksamkeit des Vertrages nach dem „Taschengeldparagraphen“,

§ 110 BGB

Zustimmung wird ersetzt, wenn die Leistung

a)        vollständig bewirkt (erfüllt) wird

b)        mit Mitteln, die dem Minderjährigen von den gesetzlichen Vertretern zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung gestellt wurden.

nur im Rahmen des Vernünftigen, des Erziehungszweckes

zu 1.) (-), pazifistische Erziehung

zu 2.) Los (+)

Gewinn = Surrogat, wiederum davon abhängig, welche Verwendung vom gesetzlichen Vertreter gedeckt ist, bzgl. Bundeswehrausrüstung (-)

® ZE: Wirksamer Vertrag nach § 110 BGB (-)