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Glossar

Avvakum (1620-1681) Wie einige seiner Zeitgenossen um eine Erneuerung bemühter Priester und späterer Protopope, lehnte die liturgischen Reformen des Patriarchen Nikon ab, widersetzte sich dessen Autorität und wurde mehrfach verbannt. Beim Konzil 1666/67 wurden er und andere Gegner der Reformen aus der Kirche ausgeschlossen. Während der folgenden Verbannung verfasste die erste russ. Autobiographie (seinen Lebensbericht Žitie), der für die Bewegung des Alten Glaubens nach wie vor von großer Bedeutung ist. 1681 vom Zaren zum Tode verurteilt und verbrannt.

 

Bezpopovcy Russ.: „Priesterlose“ (Altgläubige). Die Tatsache, dass den Gemeinden infolge von Vertreibung und Flucht die Priester fehlten, führte zur Herausbildung der Richtung, die den praktischen Verlust der Verbindung zur apostolischen Traditionskette zum Prinzip erhob. Die bezpopovcy stellten den radikaleren Zweig der priesterlosen Altgläubigen dar und zerfielen wiederum in viele verschiedene Untergruppen: pomorcy, filippovcy, fedoseevcy, spasovcy u.a.

 

Bilo Altruss. Schlägel, Klöppel; Klopfbrett; Wachtbrett (worauf man schlug um den Arbeitern die Mittags- oder Ruhestunden anzuzeigen oder um sie zusammen zu rufen); in Klöstern diente das b. dazu die geistlichen Brüder zur Versammlung zu rufen; hier: speziell angefertigte Metallschiene als unauffälliger Ersatz für eine (den Altgl. bis 1905 verbotene) Glocke.

 

Cekanka, -i Russ. „Prägung“; „Ziselieren“; „Eingeprägtes Bild“; Bezeichnung für den Beschlag auf den Ikonen der Altgläubigen.

Cerkov’, -i Russ. (russ.-orth.) „Kirche“.

 

Chram, -y Russ. „Tempel“, (Altgläubigen-)Bethaus

 

Edinoverie Einglaube. Nicht zu verwechseln mit den Unierten (Katholiken in der Ukraine). Der Einglaube bezeichnet Altgläubige, die von der orthodoxen Kirche geduldet werden.
„ Seit 1800 nahm die russ.-orth. Kirche unter bestimmten Bedingungen Altritualisten , die die Vereinigung mit ihnen suchten, in ihre Gemeinschaft auf. Die Altr. erklärten sich mit der Aufnahme von Priestern der russ.-orth. Kirche in ihre Gemeinde einverstanden, wobei diese wieder beim Gottesdienst nach den alten liturg. Büchern und Riten vor Nikons Reform zu halten hatten. Der Synod hob für diese Altr., die „Eingläubige“ (Edinovercy) genannt werden, das Anathema des Konzils von 1667 auf. Um 1917 gab es gegen 600 Kirchen der Eingläubigen. Das Landeskonzil von 1917/18 gestand den orth. Altr. (Edinovercy) wie sie sich seit dem 1. allruss. Edinovercen-Kongress 1912 nannten, vier Vikarbischöfe zu.“ (Metropolit Pitirim v. Volokolamsk u. Jurjev (Hrsg.): Die russ.-orth. Kirche. Berlin 1988. S. 51.)

 

Fedoseevcy Abspaltung von den pomorcy, benannt nach ihrem ersten Führer Feodosij Vasil’ev (18. Jh.). Sie sind radikaler als die pomorcy, propagieren das Mönchsleben, sind rigoros gegen die Ehe. Sie gehen davon aus, dass die gesamte Welt außerhalb der Gemeinschaft des Alten Glaubens vom Antichristen beherrscht ist. Sie propagieren die rituelle Absonderung, sprechen sich gegen die Tischgemeinschaft mit Andersgläubigen und für die Nichtanerkennung staatlicher Gesetze aus.

 

Golovšcik, -i Altruss. Bezeichnung für den Vorsänger im kliros (in Klöstern)

 

Grebenšcikov-Gemeinde Die bedeutendste Altgläubigengemeinde Lettlands in Riga. Seit 1760 gab es an diese Gemeinde angeschlossen auch das Grebenšcikovsche Institut (Eine Schule für altgläubige Kinder und eine Armenfürsorge).
„Die Altgläubigen [in Riga] unterhielten mehrere Wohlfahrtsanstalten, die unter dem Namen ’Grebentschikowsches Institut zusammengefaßt wurden. Unter Nikolaus I. wurde die Schule geschlossen, um zu Beginn der 1860er Jahre wiederbelebt zu werden. Nachdem der Kaufmann Lomonossow aus Mitau nach Riga gezogen war, traten wesentlich bessere Zeiten ein. Lomonossow verband sich mit dem Kaufmann Beläjew und beide Männer entwickelten eine segensreiche Tätigkeit für ihre Glaubensgenossen. Zur Begründung einer Schule brachten der Kaufmann Grigori Lomonossow 5000 Rubel und die Kaufleute Sachar Beläjew und Joni Tusow je 1000 Rubel, verschiedene Personen 973 Rubel dar. Namentlich waren es der damalige Zivilgouverneur von Livland August v. Oettingen und der Generalgouverneur Graf Peter Schulwalow (9.Jan 1865-11. April 1866 Generalgouverneur der Ostseeprovinzen), die sich der Gemeindeangelegenheiten der Altgläubigen rege annahmen.“ 1890 verpflegte das Grebenšcikov-Institut immerhin 252 Personen das orthodoxe Sadownikov-Armenhaus nur 70. (Tobien: 1895, S. 473)

 


 

Ikonostas Russ. Ikonostase, Heiligenbilderwand, bestückt mit Ikonen in mehreren Reihen; „Die Ikone will nicht Wirklichkeit abbilden, sondern sie verkörpert eine andere, göttl. Wirklichkeit (Krieger, V.: Von der Ikone zur Utopie. Köln u.a. 1998. S.19.)
Izba Russ. „Bauernhütte“.


Kanonarch, -y Russ. Bez. für denjenigen, der im Gottesdienst der Altgläubigen die Choräle und Psalmen liest.


Klet Rechteckiger Hauptraum des altgläubigen Bethauses


Kliros Altruss. Bezeichnung für den Chor im Gottesdienst der Altgläubigen.

Kommunalka Russ. „Gemeinschaftswohnung“. Nach der Revolution 1917 in Russland und anderen kommunistischen Staaten auf Veranlassung der Regierung in (enteigneten) (groß-)bürgerlichen Wohnungen eingerichtete Wohngemeinschaften aus den Vorstädten und vom Land in die Innenstädte umgesiedelter Bauern und Arbeiter mit deklassierten Bürgern. Jedem Bewohner wurde ein gewisses gesetzlich festgeschriebenes Mindestraum-Kontingent zugesichert und es wurde davon ausgegangen, dass sich durch das gemeinsame Wohnen ein egalitärer Gemeinschaftsgeist entwickeln würde. Die Realität sah anders aus: Jeder versuchte sich ein Mindestmaß an individuellem Raum und Privatsphäre zu erhalten bzw. zu erkämpfen. Für die gesamte Wohnung fühlte sich meistens keiner verantwortlich.


Lestovka Russ. „Leiterchen“; lederner Rosenkranz, Bezeichnung für einen rituellen Riemen, dem kath. „Rosenkranz“ vergleichbar, der den Altgläubigen als Hilfsmittel zur Abzählung der Hersagung von Gebeten, Formeln und Verbeugungen im Gottesdienst dient. Sie besteht aus 109 bzw.111 kleinen Schlaufen oder Röllchen, die mit den Fingern berührt werden. Lestovki wurden bereits im frühen Christentum benutzt aber nur die Altgläubigen haben sie beibehalten. Zwei ineinander gesteckte dreieckige Stoffstücke die sog. lopastki (kl. Anhängsel, „Schaufelblätter“) bestickt mit Perlen und einem 8-endigen Kreuz, sind an den zwei Enden des kreisförmig zusammengenähten Riemens befestigt. Sie symbolisieren das Alte und das Neue Testament. Es gibt auch lestovki mit vier lopastki, die für die vier Evangelisten stehen.


Matuška Russ. „Mütterchen“; die Ehefrau des nastavnik wird von der Gemeinde als matuška bezeichnet und der nastavnik als batjuška „Väterchen“, Priester.


Molennaja, -ye Altruss. Bez. für das Betzimmer bei Altgläubigen das Bethaus.


Nalicnik, -i Russ. Bez. für die hölzerne, geschnitzte Verzierung an Fensterrahmen.

Nastavnik, -i Russ. „Vorsteher“; Bez. für den Gemeindevorsteher bei den Altgläubigen.

Podrušcnik, -i Altruss. „Handkissen“; kleines Polster oder gestepptes Stück Zeug für den Arm oder die Stirn bei der fußfälligen Verbeugung während des Gottesdienstes der Altgläubigen; es sind meist rechteckige Stoffdeckchen, die die Gläubigen auf den Boden oder die Bank vor sich legen, um bei den tiefen Verbeugungen des Betens die Hände (pod = unter; ruki = Hände) darauf abzustützen und sie sauber zu halten.

Pomorcy Russ. „Am Meer (wohnende)“. Priesterlose Altgläubige, hervorgegangen aus den alten Zentren um den Onega-See und an der Küste des Weißen Meeres. Die pomorcy lehnen die Ehe im Prinzip in Ermangelung der Priester, die das Sakrament erteilen könnten, ab, faktisch erkennen sie die Ehe jedoch aus praktischen Gründen, um die Ordnung und den Fortbestand der Gemeinde zu gewährleisten, an.

„Pomorskij Vestnik“ Zeitschrift der Grebenšcikov-Gemeinde und der Gesellschaft der Altgläubigen Lettlands, erscheint viermal im Jahr in Riga, Hauptredakteure sind: Illarions Ivanovs und Nikolajs Ivanovs


Pomorskij, -ie Russ. Adjektiv von pomorcy


Raskol Russ. „Spaltung“. Von der russ.-orth. Kirche eingesetzter polemischer Begriff zur Bez. der Abspaltung der Altgläubigen von der „rechtgläubigen“ Staatskirche.


Raskol’nik, -i Russ. „Spalter“ (von raskol); Schismatiker


Sbornik, -i Russ. Bez. für Sammelband von Lebens- und Märtyrerberichten bekannter Altgläubiger.


Sloboda Altruss. „Freiheit“, „Privilegien“, „Vorstadt“; Siedlung bei einer Stadt, wo kein Stadtrecht galt und sich die rechtlosen Neubürger ansiedelten.


Sobornost’ Von russ. Sobor = „(kirchl.) Versammlung“. Selbstbez. für die Gemeinschaftlichkeit der russ.-orth. Kirche wie auch des Alten Glaubens.


Soglasie, -ja Russ. „Einklang“; „Einmütigkeit“; bei den Altgläubigen: Bez. für Eintrachten, Gemeindeeinheiten


Soleja Russ. Bez. für ein leicht erhöhtes Podest vor der Ikonostase in den Bethäusern der Altgläubigen.


Starobrjadcestvo Russ. „Altritualismus“; alternativer Begriff für Altgläubige.


Staroobrjadcy „Altritualisten“


staroverie Der Alte Glaube


Starovery Russ. „Altgläubige“; Selbstbez. der Altgläubigen


Stichi Russ. „Verse“; Bez. für Geistliche Verse


Toleranzedikt von 1905
Am 17. April 1905 erließ Zar Nikolaus II. das Toleranzedikt: Allen Volljährigen wurde gestattet, die Konfession frei zu wählen. Man konnte von nun an auch den russ.-orth. Glauben gegen eine andere Konfession eintauschen.
Trapeza Eingangsraum eines altgl. Bethauses, gilt als Passage zw. Profanem u. Heiligem


Ustav 1. altruss. vorgeschriebene „Ordnung“, „Einrichtung“, „Gesetz“; ustav cerkovnij = Kirchenordnung; Methode, Art u. Weise (des Gesanges)
2. Ustav (die Ustavschrift), in der alle russ. Handschriften des 10-13. Jh. geschrieben sind; aus ihr bildete sich im 14. u. 15. Jh. die skoropis’ (Kursiv- od. Kurrentschrift), mit runden, oft schrägen, aber sehr verschnörkelten Buchstaben, die allmählich in die heute gebräuchliche übergeht


Ustavšcik/Ustavšcica Russ. Bez. für den Vorsänger (in Nonnenklöstern Vorsängerin), des kliros


Znamennyj raspev Russ. „Zeichengesang“. Der kliros in der soleja vor dem ikonostas singt monodisch den znamennyj raspev als symb. Ausdruck für Einstimmigkeit und Einheitlichkeit der Gemeinde bzw. Einklang des Gemeinwohls. Die Polyphonie des orth. Kirchenchors wird als deren Verlust angesehen.

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