In der Zeit vom 22. bis 24. November 2001 fand in Magdeburg an der Otto-von Guericke-Universität die gemeinsam von der Immermann-Gesellschaft und dem Institut für Germanistik durchgeführte Tagung „Carl Leberecht Immermann und die deutsche Autobiographie zwischen 1815 und 1850“ statt, an der Wissenschaftler aus Japan, USA, Großbritannien, der Schweiz und Deutschland teilnahmen. Die Vorträge werden im Immermann-Jahrbuch 4/2003 und 5/2004 publiziert (vgl. das Inhaltsverzeichnis des Jahrbuches 4/2003).


Bericht über die Veranstaltung

Die in der Zeit vom 22. bis 24. November 2001 in Magdeburg gemeinsam von der Immer-mann-Gesellschaft und dem Institut für Germanistik der Otto-von-Guericke-Universität durchgeführte Tagung mit dem Thema „Carl Leberecht Immermann und die deutsche Autobiographie zwischen 1815 und 1850“ hatte das Ziel, einen Bereich des autobiographischen Schreibens des 19. Jahrhunderts, in dem Immermann mit seinen autobiographischen Schriften, Tagebüchern und Briefen eine besondere Rolle spielt, als Gegenstand der Forschung zu akzentuieren, da hier Defizite in der Wissenschaft besonders gravierend ins Auge fallen. In vier halben Veranstaltungstagen wurden insgesamt 16 Vorträge mit anschließenden Diskussionen gehalten, wobei der Themenstellung der Tagung entsprechend etwa die Hälfte der Beiträge der Untersuchung und Darstellung der autobiographischen Werkes von Immermann galt, die andere Hälfte dem Umfeld Immermanns in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Teilnehmer der Tagung waren anerkannte Wissenschaftler zu dem Tagungsthema aus 5 europäischen und außereuropäischen Nationen. Neben Immermanns autobiographischen Schriften kamen Texte von Heinrich Zschokke, Stephan Schütze, Johann Heinrich Pestalozzi, Ignaz Heinrich von Wessenberg, Friedrich von Köpcken, Heinrich Heine, Karl Gutzkow, Karl Schnaase, Adele Schopenhauer und selbstverständlich von Goethe in den Blick. Dabei waren die Autobiographien einiger Autoren durchaus Neu- oder Wiederentdeckungen in diesem Textbereich. Der Breite des Autorenfeldes entsprach die Vielfalt der behandelten autobiographischen Texte. Sie erstreckte sich von traditionellen Autobiographien über Tagebücher, Briefe bis hin zu autobiographischem Schreiben in fiktionalen Texten (Immermann, Gutzkow) und in kunsttheoretischen Schriften (Schnaase). Die verschiedenen Textgruppen gaben Anlaß, grundsätzliche texttypologische Fragen autobiographischen Schreibens zu erörtern.

Die besondere Bedeutung Immermanns für diesen Zeitraum und Textbereich wurde wiederholt herausgearbeitet. Sie kommt darin zum Ausdruck, daß sich bei ihm die Darstellung der Individualgeschichte mit der Entfaltung und Reflexion von Geschichte und kulturgeschichtlichen Aspekten verbindet, mit dem Akzent auf den letzteren, indem einzelne geschichtliche sowie kulturgeschichtliche Bereiche allein schon durch die Kapitelgliederung der „Jugend vor fünfundzwanzig Jahren“ etwa separiert werden. Das geht eindeutig auf Kosten der Darstellung des autobiographischen Ich, obwohl Immermann in seine „Knabenerinnerungen“ doch „viel Individuelles“ verweben wollte. In diesem Ansatz von Immermanns autobiographischen Schreiben kristallisiert sich auch seine vorausweisende Bedeutung für die Autobiographie des 19. und 20. Jahrhunderts. Die Stellung Immermanns in der Geschichte der Autobiographie deutlicher erkannt und beschrieben zu haben, war ein wichtiges Ergebnis der Tagung.

Das autobiographischen Schreiben im Umkreis Immermanns in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bietet ein differenziertes Bild. Hier stehen traditionelle Konzepte neben solchen, die Immermanns Schreibart in mancher Beziehung schon nahekommen, ohne die Eindeutigkeit seiner autobiographischen Konzeption zu erreichen. Immer war es auch das Bestreben der Referenten, Vergleiche zu Immermanns autobiographischen Schriften zu ziehen, und das Gemeinsame und die Unterschiede herauszustellen.

Insgesamt gelang es mit der Tagung, die Erforschung des autobiographischen Schreibens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen wesentlichen Schritt voranzutreiben und einige Lücken in der bisherigen Kenntnis dieses Wissenschaftsfeldes zu schließen.


Am 30. November 2001 erschien folgender Bericht auf der 1. Seite des Feuilletons der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

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