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Der Kern des Glaubens bleibt unveränderlich
Gerd Lüdemann / Alf Özen: Was mit Jesus wirklich geschah - die
Auferstehung historisch betrachtet.
Radius-Verlag Stuttgart, 140 Seiten, 1995, 29,80 Mark.
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Als im Frühjahr 1994 das Buch "Die Auferstehung Jesu.
Historie, Erfahrung, Theologie" erschien, brach ein Sturm los.
Die Thesen des Neutestamentlers Professor Dr. Gerd Lüdemann erregten
schon vor ihrem Erscheinen und ungelesen Aufsehen, der Verlag
Vandenhoek & Ruprecht stieg aus der Veröffentlichung wieder aus.
Von nah und fern reisten die Gegner zu(m) Disput mit Lüdemann an. Sie
sahen darin einen Verrat am Evangelium und forderten juristische
Maßnahmen gegen den Autor.
Dieser setzt nun noch einen drauf: Weil das erste Werk
notwendigerweise zu wissenschaftlich geraten und für Laien zu schwer
verständlich war, hat Lüdemann mit Koautor Özen seine
Forschungsergebnisse über die Auferstehung des Heilands in einer
allgemein-verständlichen Form abgefaßt und genau nach Jahresfrist zum
Osterfest wieder vorgelegt. Viele Passagen, die für das
Gesamtverständnis nicht unbedingt notwendig waren, wurden gestrichen,
dafür Erläuterungen hinzugefügt, die für den Laien wichtig schienen.
Am Ergebnis wird aber nicht gerüttelt: "Wir können heute die
Aussagen über die Auferstehung Jesu," so Lüdemann, "nicht
mehr wörtlich nehmen. Sicher ist allerdings, daß die Menschen damals
'wörtlich' an die Auferstehung geglaubt haben. Das kann und darf man
nicht relativieren. Aber durch nichts ist deshalb der Schluß
begründet, also müsse man auch heute an die 'blutige' Wirklichkeit der
Auferstehung glauben...aus der Tatsache, daß die urchristliche
Religion früher einmal mit dem Glauben an die Wiederbelebung des
Leichnams Jesu verbunden (war), kann man nicht unbedingt folgern, daß
wir auch heute, wenn wir richtige Christen sein wollen, an diese
Wiederbelebung des Leichnams glauben müssen. Es war keine historische
Tatsache, sondern ein Glaubensurteil."
Für Lüdemann resultiert der urchristliche (Glauben) aus der
damaligen Interpretation eines Geschehens vor dem Hintergrund des
damaligen Weltbildes: "Heute interpretieren wir dasselbe
Geschehen anders, nämlich Rahmen der heutigen Möglichkeiten." Mit
der veränderten Interpretation ändere sich zwangsläufig auch die
äußere Form des Glaubens, denn die Zukunft werde die Ereignisse wieder
anders interpretieren. Der Kern des Glaubens bleibe dabei
unveränderlich.
Obwohl daraus konkret folge, das Grab Jesu könne nicht leer
gewesen sein, sondern voll, und sein Leichnam sei nicht entwichen,
sondern verwest, bedeute das nicht des Ende des Christentums, denn
Wort und Geschichte Jesu bargen alle Wesensmerkmale des ältesten
Auferstehungsglaubens bereits ist sich. Schon die frühen Zeugen
hätten, durch das Kreuz geläutert, nur in einer anderen Sprache das
Gleiche gesagt wie Jesus.
Soweit der Historiker Lüdemann. In den letzten zwei Absätzen
seine(s) Buches meldet sich der Theologe: Wie solle man es mit dem
wichtigsten Gedanken des Glaubens, der Hoffnung auf die
Aufersteh(ung), wie mit der eigenen Zukunft, mit seinem eigenen Tod
halten? "Ich glaube, daß die im Glauben erfahrene Einheit mit
Gott über den Tod hinaus anhält. Sie vollendet sich noch in der Nacht
des Todes - darüber hinaus nach Ereignissen im Jenseits zu fragen,
macht kei(nen Sinn.")
(Göttinger Tageblatt, 9.5.1995)