Die Aphididae umfassen weltweit über 2000 beschriebene Arten,
jedoch sind wahrscheinlich viele Arten noch unentdeckt, vor
allem in tropischen Gebieten. In jedem Fall sind die Aphididae
eine der artenreichsten Familien innerhalb der Pflanzenläuse
(Sternorrhyncha). Früher wurden einzelne Gruppen in eigene
Familien ausgegliedert, so die Maskenläuse (als Thelaxidae),
die Rindenläuse (als Lachnidae), die Zierläuse (als
Callaphididae), die Borstenläuse (als Chaitophoridae) und die
Blasenläuse (als Eriosomatidae oder Pemphigidae). In der
aktuellen Systematik werden aber all diese Arten zu einer
großen, monophyletischen Gruppe der Aphididae zusammengefasst,
und ich übernehme diese Einteilung auch hier in der Zoographia
Germaniae.
Die Aphididae sind meist kleine Tiere, keine Art wird länger
als 1 cm, jedoch sind die Zwergmännchen (siehe unten) mancher
Arten unter 1 mm lang. Die vier Flügel sind häutig, meist
transparent, und die Vorderflügel sind mit den Hinterflügeln
mit Haken fest verbunden, so dass funktionell eine
Zweiflügeligkeit entsteht, die aber in den meisten Fällen nur
einen unbeholfenen Flug ermöglicht. Die Flügel sind allerdings
nur bei manchen Individuen ausgeprägt (alate Tiere), und die
alaten Tiere haben auch eine reiche Ausstattung an chemischen
Sinnesorganen (Rhinarien) auf den Antennen, was vermutlich
zusätzlich zu den gut entwickelten Facettenaugen die
Wirtsfindung und -erkennung ermöglicht. Bei ungeflügelten
Individuen (aptere Tiere) sind die Rhinarien und die Augen oft
stark reduziert (auf wenige Ommatidien) und Ocellen fehlen
ganz. Die meisten Arten bilden im Frühjahr und Sommer
größere Kolonien aus, die aus unterschiedlichen Morphen und
unterschiedlich alten Jugendstadien bestehen können. Viele
Arten können aus Wachsdrüsen weißliche Wachsplättchen oder
-flocken absondern, die beispielsweise zur Tarnung der Gelege
genutzt werden oder der Umhüllung des klebrigen Kots zur
Vermeidung übermäßiger Selbstbeschmutzung dienen. Einige Arten
weisen im Fluchtverhalten ein gutes Sprungvermögen auf, manche
Arten lassen sich bei Störungen zu Boden fallen. Die
namensgebenden Rückenröhren (Siphonen) dienen vermutlich der
Verteidigung gegen Fressfeinde; aus den Siphonen tritt bei
Störung der Tiere eine schnell erhärtende Flüssigkeit aus, die
vermutlich die Mundwerkzeuge von Angreifern verkleben soll.
Auch Schreckstoffe (Alarmpheromone) kommen vor, die
ausgeschieden werden um bei Artgenossen Fluchtverhalten
auszulösen. Die Läuse haben zahlreiche Fressfeinde (z.B.
Grabwespen und die Larven von Schwebfliegen und Marienkäfern),
und ebenso zahlreiche Parasiten (z.B. Schlupfwespen,
Brackwespen).
Alle Röhrenblattlausarten ernähren sich von Pflanzensäften,
wobei manche Arten auf eine bestimmte Pflanzenart
spezialisiert sind (monophag), andere Arten dagegen ein
breiteres Wirtspflanzenspektrum haben (oligophag, polyphag).
Der Stichkanal der Mundwerkzeuge im Pflanzengewebe wird dabei
mit einem erhärtenden Speicheldrüsensekret ausgekleidet und
stabilisiert. Überschüssige Kohlenhydrate aus den
Pflanzensäften werden als Honigtau ausgeschieden, weshalb
manche Arten von Ameisen oder Honigbienen aufgesucht werden,
die den süßen Honigtau als Energiequelle nutzen. Dies hat in
vielen Fällen zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Symbiose
zwischen den Läusen und den Honigtaugästen geführt. Vor allem
mit Ameisen bestehen oft innige Symbiosen, bei denen die
Ameisen die Läuse vor Fressfeinden beschützen oder die Brut
der Läuse in ihren Nestern hegen. Auch spezielle
Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Ameisen und Läusen gibt
es, z.B. das Betrillern: die Ameisen schlagen in einem
komplexen Rhythmus mit ihren Antennen auf den Leib der Läuse,
woraufhin die Läuse die Menge des abgegebenen Honigtaus
steigern. Der Darmtrakt der Aphididae ist stets vollständig
durchgängig, am Hinterdarm befinden sich jedoch keine
Malpighischen Gefäße.
Alle bekannten Arten der Aphididae vermehren sich
parthenogenetisch (eingeschlechtlich), eine
zweigeschlechtliche Fortpflanzung kommt aber meist im Rahmen
von komplexen Lebenszyklen ebenfalls vor (siehe unten). Die
parthenogenetischen Weibchen legen keine Eier, sondern setzen
direkt Jugendstadien ab, wodurch in dieser Phase des
Lebenszyklus in kurzer Zeit eine große Masse an Nachkommen
hervorgebracht werden kann. Hierdurch kann es zu erheblichen
Schadwirkungen an Nutz- und Zierpflanzen kommen, nicht nur
durch das Aussaugen der Pflanzen, sondern auch durch die
Übertragung von Pflanzenviren und die Besiedelung der
ausgeschiedenen Honigtaumengen mit Pilzen und Bakterien.
Manche Arten erzeugen auch Gallbildungen an verschiedenen
Pflanzenteilen.
In Deutschland müssen alle Arten der Aphididae die kalte
Jahreszeit überdauern. Manche Arten lösen das Problem z.B.
durch Symbiose mit Ameisen und können deshalb im Ameisenbau
überwintern. Das eigentliche Überwinterungsstadium der
Röhrenblattläuse ist jedoch das Winterei. Das Winterei kommt
prinzipiell durch Verschmelzung eines weiblichen Gameten und
eines männlichen Gameten zustande (Befruchtung). Es gibt zwar
auch Vermutungen bei einzelnen Arten, bei denen bislang nur
Weibchen aber keine Männchen gefunden werden konnten, dass
sich in diesen Fällen die Wintereier auch aus unbefruchteten
Gameten entwickeln können, aber das ist unwahrscheinlich, da
es auch dem biologischen Zweck der zweigeschlechtlichen
Fortpflanzung an dieser Stelle des Lebenszyklus (nämlich die
Durchmischung des Erbguts) widersprechen würde. Vermutlich
sind bei diesen Arten die Männchen bislang lediglich übersehen
worden.
Aus den Wintereiern schlüpfen im Frühjahr die Stammmütter
(Fundatrices) die dann durch eingeschlechtliche Fortpflanzung
(Parthenogenese) Nachkommen hervorbringen. Diese Nachkommen
und alle anderen Nachkommen, die sowohl durch Parthenogenese
entstanden sind und sich wiederum durch Parthenogenese
fortpflanzen, werden ganz generell als Jungfern (Virgines)
bezeichnet. Gegen Ende des Jahreszyklus erscheinen dann
Virgines, die durch Parthenogenese Nachkommen erzeugen, welche
sich dann aber auf zweigeschlechtlichem Wege fortpflanzen
(sog. Sexuales) und somit wieder Wintereier erzeugen. Damit
ist der Lebenszyklus geschlossen. Gesteuert wird der Zyklus
durch viele Faktoren, wie z.B. die Umgebungstemperatur und
Nahrungsangebot. Von sehr großer Bedeutung in mittleren
Breiten ist jedoch besonders die Tageslänge, welche auf
neurosekretorische Zellen im Gehirn wirkt.
Derjenige Teil des Lebenszyklus, der von den Virgines
bestritten wird, ist oft artspezifisch abgewandelt, beinhaltet
Wirtswechsel und funktionell verschiedenartige Virgines. Für
diese Vielzahl an unterschiedlichen Virgines, die sich
üblicherweise in Morphologie, Verhalten und Ökologie
unterscheiden, ist eine Vielzahl an Fachtermini eingeführt
worden, die leider in der Literatur nicht immer einheitlich
und konsistent verwendet werden; ich verwende hier nur die
gebräuchlichsten Bezeichnungen und lasse die Vielzahl der
Synonyme oder fast bedeutungsgleichen Termini weg, da sie dem
Verständnis des Lebenszyklus eher hinderlich sind (siehe Abb.
2). Als Fundatrigeniae werden zumeist alle direkten und
indirekten Nachkommen der Fundatrices bezeichnet, die auf dem
Primärwirt verbleiben. Diejenigen direkten und indirekten
Nachkommen der Fundatrices, die den Primärwirt verlassen und
den Sekundärwirt aufsuchen (meist im späten Frühling), werden
als Migrantes bezeichnet. Diese Virgines sind meist geflügelt
(alat), es gibt aber auch Migrantes, die den Sekundärwirt zu
Fuß aufsuchen und flügellos (apter) sind. Alle Virgines, die
dann auf dem Sekundärwirt durch Parthenogenese erzeugt werden
und die wiederum durch Parthenogenese Nachkommen
hervorbringen, und die alle lebenslang auf dem Sekundärwirt
verbleiben (egal ob auf dem ursprünglichen Exemplar des
Sekundärwirts oder auf neu besiedelten Exemplaren des
Sekundärwirts) werden zumeist als Exsules bezeichnet.
Diejenigen Virgines, die im Herbst den Sekundärwirt verlassen
und wieder den Primärwirt aufsuchen, um dort parthenogenetisch
zweigeschlechtliche Tiere hervorzubringen, werden als
Sexuparae bezeichnet, wobei oft auch noch unterschieden wird,
ob die Sexuparae männliche Nachkommen erzeugen (dann nennt man
diese Sexuparae auch Androparae), oder ob sie miktische
Weibchen erzeugen (dann nennt man diese Sexuparae auch
Gynoparae). Es kann aber auch vorkommen, dass die Virgines die
zweigeschlechtlichen Tiere noch auf dem Sekundärwirt
hervorbringen und diese dann selbst vom Sekundärwirt zum
Primärwirt zurückkehren. Meist ist das für die Männchen der
Fall, die dann noch auf dem Sekundärwirt von Exsules
hervorgebracht werden und selbst zum Primärwirt finden. In
solchen Lebenszyklen gibt es also nur Gynoparae aber keine
Androparae.
Die zweigeschlechtlichen Tiere, die sogenannten Sexuales,
leben dann vom Herbst bis zum Frühwinter am Primärwirt, paaren
sich und die Weibchen legen dann die Wintereier ab. Die
Männchen werden als Zwergmännchen bezeichnet falls sie
deutlich kleiner sind als die anderen Morphen. Die miktischen
Weibchen werden oft speziell als Oviparae bezeichnet, um sie
eindeutig von den parthenogenetischen Tieren abzugrenzen, die
ja ebenfalls weibliche Tiere darstellen.
Die in Deutschland vorkommenden Aphididae gehören zu 14 verschiedenen Unterfamilien:
(1) Hormaphidinae
(2) Thelaxinae - Maskenläuse
(3) Mindarinae
(4) Eriosomatinae - Blasenläuse
(5) Phloeomyzinae
(6) Chaitophorinae - Borstenläuse
(7) Drepanosiphinae
(8) Calaphidinae
(9) Phyllaphidinae
(10) Saltusaphidinae
(11) Pterocommatinae
(12) Aphidinae - Röhrenblattläuse im engeren Sinne
(13) Lachninae - Baumläuse und Rindenläuse
(14) Anoeciinae - Graswurzelläuse