Die Systematik der Moostiere ist verhältnismäßig verworren.
Die Begriffe Bryozoa und Polyzoa umfassten ursprünglich nicht
nur die Moostiere, sondern auch die Kelchwürmer, die im 19.
Jahrhundert als nah verwandt galten. Inzwischen hat sich für
die Moostiere größtenteils der Name Bryozoa etabliert, der
Name Polyzoa wird nicht mehr verwendet. Manche Autoren nutzen
jedoch für die Moostiere den Namen Ectoprocta, im Gegensatz zu
den Kelchwürmern, die dann als Entoprocta bezeichnet werden.
Da die beiden Gruppen jedoch nicht näher miteinander verwandt
sind, das scheinbare "Gegensatzpaar" Entoprocta - Ectoprocta
dies jedoch ungewünscht suggerieren könnte, verwende ich hier
in der Zoographia Germaniae den Namen Bryozoa für die
Moostierchen und den Namen Kamptozoa für die Kelchwürmer.
Die frühen Arbeiten zur internen Systematik der Bryozoa im 19.
Jahrhundert haben zwei Großgruppen unterschieden, die
"Meeresmoostiere" und die "Süßwassermoostiere". Erstere wurden
als "Gymnolaemata" bezeichnet, letztere als "Phylactolaemata".
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde die systematische
Unterteilung der Bryozoa verfeinert. Der Begriff der
"Gymnolaemata" erfuhr dabei eine Bedeutungsänderung. Er galt
nicht mehr für alle "Meeresmoostiere" (Gymnolaemata sensu
lato), sondern nur noch für diejenigen Gruppen deren Apertur
("Mund") nicht rund bzw. oval ist. Diese Gymnolaemata sensu
stricto wurden in zwei Untergruppen unterteilt, die
Ctenostomata und die Cheilostomata. Diejenigen
"Meeresmoostiere" mit runder bzw. ovaler Apertur wurden den
Gymnolaemata sensu stricto als Stenolaemata oder Cyclostomata
gegenübergestellt. Dieses System hatte lange Bestand, bis
molekulare phylogenetische Untersuchungen (Fuchs et al. 2009;
Waeschenbach et al. 2012) stattdessen wieder das System
des 19. Jahrhunderts mit zwei Großgruppen "Meeresmoostiere"
und "Süßwassermoostiere" unterstützten. Der Name
"Gymnolaemata" ist nun allerdings durch jahrzehntelange
Benutzung für eine Untergruppe der "Meeresmoostiere" in seiner
Bedeutung so weitgehend gewandelt, dass es vermutlich zu
größeren Verwirrungen führen würde, diesen Namen nun wieder
für alle "Meeresmoostiere" zu verwenden. Für die
"Meeresmoostiere" als Ganzes wurde deshalb ein neuer Name
eingeführt (Myolaemata; Schwaha et al. 2020), der jedoch
überflüssig ist, da es neben dem Namen Gymnolaemata (sensu
lato) noch zwei weitere ältere Namen für diese Gruppierung
aller "Meeresmoostiere" gibt: Stelmatopoda und Infundibulata.
Ich benutze deshalb hier in der Zoographia Germaniae die in
Abb. 1 gezeigte Systematik für die Bryozoa.