Gehäuse an der längsten Stelle etwa 5 bis 9 mm lang und etwa
4 bis 7 mm hoch und in der Färbung sehr unterschiedlich, von
bunten, gemusterten Formen bis hin zu einfarbig dunkelgrauen
Schalen. Eine weit verbreitete und extrem variable Art, die
allerdings noch einer umfassenden und genauen Revision bedarf.
Weder für die Auffassung, dass die vielen verschiedenen
beschriebenen Formen eine einzige Art bilden, noch für die
Auffassung, dass die einzelnen Formen eigene Arten (oder
Unterarten) darstellen gibt es momentan vollständig
überzeugende Daten. Eine Beobachtung, die bislang auch kaum
Beachtung gefunden hat ist, dass manche Individuen die
Schalenfarbe und -musterung im Laufe des Schalenwachstums auch
verändern können (Needham 1974), was die Bedeutung der
Schalenfarbe/-musterung für die Artabgrenzung noch
problematischer erscheinen lässt. Die Analysen von Bunje &
Linderg (2007) und Sands et al. (2019) zeigen, dass viele
Taxa, die oft noch als separate Arten gewertet werden, auf der
genetischen Ebene nicht von Theodoxus fluviatilis zu
unterscheiden sind, z.B. Theodoxus velascoi (von der
iberischen Halbinsel), Theodoxus saulcyi (vom Balkan), und
Theodoxus euxinus (von der östlichen Schwarzmeerregion).
Umfangreichende Synonymisierungen sind dementsprechend dann
von Sands et al. (2020) und Anistratenko et al. (2020)
vorgenommen worden. Nach dieser Auffassung umfasst die Art
Theodoxus fluviatilis den Großteil jener Taxa, die sich durch
ein Operculum auszeichnen, dem eine Pseudapophyse fehlt. Nur
die Taxa Theodoxus pallidus, Theodoxus velox, Theodoxus
syriacus, Theodoxus wesselinghi, Theodoxus wilkei und
Theodoxus major werden trotz fehlender Pseudapophyse als
separate Arten angesehen (und fehlen deshalb hier in der
Auflistung der Synonyme). Bis auf eine unklare Meldung von
Theodoxus velox, kommen diese Arten jedoch in Deutschland
nicht vor, so dass in Deutschland gefundene Tiere denen eine
Pseudapophyse fehlt sicher als Theodoxus fluviatilis
angesprochen werden können. Theodoxus danubialis hat dagegen
eine kurze, gerade Pseudapophyse und Theodoxus transversalis
hat eine lange, gewundene Pseudapophyse.
Nach dieser Auffassung von Theodoxus fluviatilis im weiteren
Sinne ist die Art nicht nur morphologisch und farblich sehr
variabel, sondern bewohnt auch unterschiedlichste Gewässer von
Flüssen und Bächen, über Seen, bis hin zur Brackwasserzone der
Ostsee. Die Art ist in fast ganz Europa, Nordafrika und in
Vorderasien verbreitet. In Deutschland in allen Bundesländern
nachgewiesen, in vielen Gebieten aber starker Rückgang, in
anderen Gebieten Ausbreitung in bislang unbesiedelte Gewässer.
Im Rhein war die Art früher häufig, galt dann aber seit den
1990er-Jahren als ausgestorben. Seit etwa 2006 wird der Rhein
jedoch von Tieren aus dem Donauraum wiederbesiedelt (Gergs et
al. 2015; Kappes 2022). Diese Tiere unterscheiden sich jedoch
in der Färbung und in der Allelfrequenz des COI-Gens von den
ursprünglich im Rhein lebenden Tieren, weshalb Gergs et al.
(2015) dafür plädieren, die Wiederbesiedelung nicht kritiklos
als willkommene Rückkehr einer im Rhein ausgestorbenen Art zu
betrachten, sonder genau zu beobachten, ob die neuen
Populationen wirklich wieder die althergebrachten Nischen und
Funktionen im Ökosystem des Rheins besetzen, oder ob sie nicht
auch negative Einflüsse haben könnten.
Die Tiere ernähren sich von Algenaufwuchs auf Steinen. Die
Weibchen produzieren von April bis Oktober etwa 45 bis 65
Eier, die an jegliches Hartsubstrat (Steine, Schalen von
anderen Mollusken), im Brackwasser der Ostsee aber auch an
Tang angeheftet werden. Die Jungtiere schlüpfen nach etwa 30
Tagen und sind anfangs meist unter 1 mm groß. Die Lebensspanne
der Tiere beträgt bis zu 3 Jahre.
Zur Nomenklatur: Neritina baetica Lamarck, 1822 (derzeit
Theodoxus baeticus) wurde in der Vergangenheit ebenfalls oft
als Synonym von Theodoxus fluviatilis betrachtet, da die
Originalbeschreibung ein Operculum ohne Pseudapophyse zeigte.
Glöer (2018) hat jedoch nachgewiesen, dass im Typusmaterial
eine kurze Pseudapophyse nachweisbar ist. Auch in der
phylogenetischen Analyse von Sands et al. (2019) ist Theodoxus
baeticus deutlich von Theodoxus fluviatilis getrennt. Somit
ist Theodoxus baeticus kein Synonym von Theodoxus fluviatilis.