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Vorgaben für die Ausbildung in Medizinischer Soziologie durch die neue Approbationsordnung
Die Medizinische Soziologie ist nach der neuen Ausbildungsordnung für Ärzte (vom 27.6.2002) gemeinsam mit der Medizinischen Psychologie schriftliches Prüfungsfach im ersten Abschnitt der ärztlichen Ausbildung. Mit der Einführung eines Pflichtkurses und eines Pflichtseminars wurde das Fach Medizinische Soziologie vom Gesetzgeber gestärkt u.a. mit der Begründung: "Eine Vielzahl aller Erkrankungen beruht auf psychosozialen Ursachen. Es ist daher erforderlich, dass die Studierenden der Medizin möglichst frühzeitig die entsprechenden Krankheitsbilder und deren Bewältigung kennen lernen. Aus diesem Grund soll auch für die psychosozialen Fächer sowohl ein Kurs als auch ein Seminar als Pflichtveranstaltung im vorklinischen Teil des Studiums vorgesehen werden" (Bundesrat-Drucksache 31602, S. 31).
In der Anlage 10 der AppOÄ wird allgemein bezüglich des Prüfungsstoffes für den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung festgestellt, dass u.a. grundlegende psychodiagnostische Ansätze sowie das Verständnis von Krankheitsentstehung, -bewältigung und -prävention und die Gestaltung der Arzt-Patient-Beziehung zu prüfen sind. Die prüfungsrelevanten Grundlagen der Medizinischen Soziologie werden u.a. in den Stichworten Sozialisation, soziales Verhalten, Einstellungen, Interaktion und Kommunikation, Rollenbeziehung, soziale Schichtung, Bevölkerungsstruktur, Morbiditätsstruktur, Strukturen des Gesundheitswesens, Grundlagen soziologischer Methodik angesprochen.
Generell bemühen wir uns in unseren Lehrveranstaltungen, den Nutzen medizinsoziologischer Theorie und empirischer Befunde für die spätere Praxis ärztlichen Handelns herauszuarbeiten und gemeinsam mit den Studierenden zu reflektieren. Die zentralen Lehrinhalte beziehen sich daher auf die Vermittlung von Kenntnissen über die Wahrnehmung und den Umgang mit Patienten, d.h. über Kommunikation, Sozialisationsprozesse, soziale Ungleichheiten, soziale Lagen verschiedener Bevölkerungsgruppen, über soziale und Rollenkonflikte sowie über kulturspezifische Bewertungen von Krankheit, Sterben und Tod. Ein zweiter Schwerpunkt medizinsoziologischer Lehrinhalte zielt auf die Selbstwahrnehmung und Reflexion des eigenen ärztlichen Verhaltens; dazu gehören Kenntnisse der Rollentheorie, über ärztliche Profession, über Berufsausbildung und -ausübung in anderen medizinischen Praxisfeldern, über Entstehung und Umgang mit eigenen Gefühlen, mit Stress und eigener Krankheit, über Abwehrprozesse, über die Sprache der Medizin.
Schließlich sollten künftige Ärzte die gesetzlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen des Gesundheitssystems, der ärztlichen Selbstverwaltung kennen sowie Vorstellungen über demographische Strukturen und sozialepidemiologische Modelle aufweisen; dazu gehören selbstverständlich auch Kenntnisse empirischer Sozialforschung, deren adäquate Anwendung sowie die Fähigkeit zur kritischen Bewertung wissenschaftlicher Veröffentlichungen.
In der Lehre für Sozialwissenschaftler legen wir neben regelmäßig angebotenen, in die Breite des Faches einführenden Veranstaltungen Wert auf die Behandlung spezieller Gegenstandsbereiche, die meistens eng mit aktuellen Forschungsprojekten an der Abteilung verknüpft sind. Ausserdem bietet der Abteilungsleiter Vorlesungen und Seminare über Psychoanalyse, z.B. das psychoanalytische Krankheitsmodell, allgemeine Neurosenlehre, Objektbeziehungstheorien, sowie über psychoanalytische Deutung gesellschaftlicher Entwicklungen an.
Prof. Dr. Friedrich und Dr. Ziegeler sind von der sozialwissenschaftlichen Fakultät kooptiert; sie prüfen daher deren Studierende sowohl in Zwischen- als auch in Abschlussprüfungen mündlich und schriftlich; zudem werden in der Abteilung deren Qualifikationsarbeiten, incl. Dissertationen betreut.
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