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Veröffentlichungen 2005
www.taz.de, 24.12.2005
Heute wird in den Kirchen die Weihnachtsgeschichte verlesen. Doch
um deren historische Glaubwürdigkeit ist es schlecht bestellt, sagt
der Göttinger Theologe Gerd Lüdemann Die Erzählungen der Bibel von der
Geburt des Gottessohnes Jesus sind reine Erfindungen und haben mit dem
wirklichen Hergang nichts zu tun. Dies hat die historische Forschung
unwiderleglich gezeigt.
1) Die Propheten des Alten Testaments haben das Kommen Jesu gar
nicht vorhergesagt, sondern bezogen sich auf Ereignisse und Personen
in der unmittelbaren Zukunft. Sie hätten sich sehr gewundert, wenn
ihnen die Geschichte Jesu als Erfüllung ihrer Prophezeiungen
präsentiert worden wäre. Die neutestamentlichen Autoren haben
bestimmte Einzelheiten der Weihnachtsgeschichte aus den Weissagungen
des Alten Testaments erschlossen und auf Jesus hin nachträglich und
gegen den ursprünglichen Sinn umgefälscht.
2) Maria hat Jesus nicht ohne vorherigen Geschlechtsverkehr mit
einem Mann geboren. Vielmehr beruht die Behauptung der
Jungfrauengeburt zum einen auf der fehlerhaften Übersetzung einer sich
vermeintlich auf Jesus beziehenden Weissagung des Alten Testaments
("Jungfrau" statt "junge Frau"), und zum anderen
auf dem Wunsch christlicher Theologen, Jesus auf dieselbe Stufe wie
andere vermeintliche Gottessöhne zu stellen, die angeblich ebenfalls
ohne Zutun eines menschlichen Erzeugers geboren wurden.
3) Eine reichsweite Schätzung unter Kaiser Augustus hat es nicht
gegeben.
4) Der Kindermord in Bethlehem auf Veranlassung des Herodes hat
nicht stattgefunden.
5) Jesus wurde nicht in Bethlehem, sondern in Nazareth geboren.
6) Die Engel in der Weihnachtsgeschichte entstammen primitiver
Mythologie.
7) Die Hirten auf dem Felde sind Idealpersonen.
8) Die Magier aus dem Morgenland sind Idealpersonen.
9) Die Erzählung über den Stern von Bethlehem ist eine Fiktion.
Sie dient lediglich dem Zweck, die Bedeutsamkeit Jesu zu betonen.
Der wissenschaftliche Schluss ist unausweichlich: Die
Weihnachtsgeschichten der Bibel und die heutigen Kirchen, die sie
weitererzählen, besitzen keine Glaubwürdigkeit mehr. Jesus von
Nazareth wollte die Kirche nicht, die nach seinem Tod solche heiligen
Lügen über ihn verbreitete. Gerd Lüdemann
24.12.2005 taz Nord Nord Aktuell 81 Zeilen, Gerd Lüdemann S. 28
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