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Veröffentlichungen 1997
Voraussetzung meines eigenen Verständnisses von Auferstehung ist
zunächst die schmerzliche Einsicht, daß es an die herkömmlichen, am
Neuen Testament orientierten Vorstellungen nicht anknüpfen kann. Denn
Jesus ist im Grab geblieben, und sein Leichnam ist verwest. Jesu
angebliche Wiederkunft zum Gericht hat sich, auch abgesehen von ihrem
mythologischen Inhalt, dadurch erledigt, daß sein ursprünglich
stündlich erwartetes Kommen auf den Wolken des Himmels seit 2000
Jahren ausgeblieben ist. Wer hier nicht eindeutig redet, verzichtet im
Grunde auf echte Kommunikation.
Auferstehung hat mit meinem gegenwärtigen Leben zu tun. Wir leben
nur einmal. Auferstehung heißt, ich sagen zu lernen. Dies vollzieht
sich bei mir oft in Träumen. Zwei davon habe ich mehrmals geträumt:
Der erste: Ich saß in einem Kreis von Menschen. Wir erledigten die
Geschäfte des Alltags. Alles verlief planmäßig wie an allen Tagen. Mit
einem Mal brach ich ein. Der Stuhl, auf dem ich saß, war aus Pappe,
ebenso der Boden, durch den ich einbrach. Dann fiel ich und sauste im
freien Fall in die Tiefe. Ich war zu schwer geworden. Ich hielt den
Atem an, aber es war irgendwie gewiß, daß ich ankommen würde. Das
geschah dann auch. Ich hatte endlich Grund unter die Füße bekommen.
Der zweite Traum: Ich rang mit Gott. Er war stark und wollte mich
in eine Schlucht hinunterreißen, wo Lähmung, Schuld und Angst auf mich
warteten. Als ich die Schlucht sah, erinnerte ich mich blitzartig
daran, wie sehr mein Leben von Lähmung, Schuld und Angst bestimmt war.
Ich sagte mir: nie wieder - und wurde bärenstark Mit letzter Kraft
stieß ich Gott selbst in den Pfuhl hinab und wurde endlich frei.
Auferstehung heißt demnach, Grund unter die Füße zu bekommen, den
eigenen Schwerpunkt finden und frei werden von Schuld, Lähmung und
Angst, notfalls auch gegen Gott. Der Himmel ist die Kraft der Erde.
GERD LÜDEMANN
(Das Sonntagsblatt Nr. 13, 28.3.97)