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Aktuelle Interviews und Presseberichte
Veröffentlichungen 2000
Zum Leserbrief des Dekans der TheoIogischen FakuItät Prof. Dr.
Mühlenberg, GT vom 7. Oktober.
Der Brief verlangt einige Richtigstellungen und Ergänzungen.
1. Richtig ist, dass gegen mich kein kirchliches
Lehrbeanstandungsverfahren angestrengt werden kann, weil ich kein
ordinierter Geistlicher bin. Die Konföderation evangelischer Kirchen
in Niedersachsen leitet aber aus dem zwischen ihr und dem Land
Niedersachsen abgeschIossenen Loccumer Vertrag ein (m. E. nicht
bestehendes) Recht ab, die Lehre von Theologieprofessoren
gegebenenfalls zu beanstanden. Wenn es ein solches Recht gäbe,
unterIägen auch Evangelische Theologieprofessoren einer kirchlichen
Lehraufsicht.
2. Unrichtig ist, dass mich die Landeskirche Hannovers auf Grund
meiner Aussagen über das Erste Kirchliche Examen nicht mehr aIs Prüfer
eingeladen hat. Anlass dazu waren vielmehr meine Aussagen über die
gängige Ordinationspraxis. Diese hatte ich kritisiert, weil sie die
Kandidaten auf altkirchliche und reformatorische Bekenntnisse
verpflichtet, deren uneingeschränkte Bejahung zu Gewissensskrupeln
führen kann. Dass es solche Skrupel nicht nur in Einzelfällen gibt,
belegen empirische Studien (vgl. KIaus-Peter Jörns: Neue Gesichter
Gottes. Was Menschen heute wirklich glauben, 1996).
3. Unrichtig ist, dass die Landeskirche nicht versucht habe, mich
aus der Theologischen Fakultät "zu entfernen". Diese
Versuche sind vielmehr öffentlich belegt. Sie ergeben sich auch aus
der bisher nicht abgeschlossenen schriftlichen Anhörung, in die auch
das Kollegium der Theologischen Fakultät einbezogen wurde, und aus
meiner Personalakte, die einzusehen ich Gelegenheit hatte. Unrichtig
ist daher auch, dass das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft
und Kultur von sich aus gehandelt habe. Der Staat hat wegen seiner
Neutralitätspflicht überhaupt nicht die Kompetenz, die Lehre eines
Theologieprofessors zu beurteilen.
4. Richtig ist, dass ich zentrale Glaubenssätze der christlichen
Kirche in Frage gestellt habe. In diesem Zusammenhang habe ich
erklärt, ich sei kein Christ mehr. Aus dem Kontext wird aber deutlich,
dass damit lediglich eine Absage an Dogmen, vor allem die Lehre von
der leibIichen Auferstehung Jesu, gemeint ist. Dem Christentum im
Sinne eines freien Protestantismus und einer gnostisch-mystischen
Tradition fühle ich mich nach wie vor verbunden. Das geht aus meinen
Schriften eindeutig hervor. Im Übrigen bedauere ich, durch unnötig
provokante Formulierungen selbst zur Eska!ation des Streites
beigetragen zu haben.
Prof. Dr. Gerd Lüdemann, Göttingen