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Workshops
EINLADUNG
Einladung zum Workshop am 9. Mai 2009
Abteilung Frühchristliche Studien, Theol. Fakultät der Universität
Göttingen
Prof. Dr. Gerd Lüdemann gemeinsam mit Pastor i.R. Heinz Dieter
Knigge
Das dritte Evangelium und die Apostelgeschichte gehören zusammen.
Ihr Verfasser, den die altkirchliche Tradition mit dem Paulusbegleiter
"Lukas" (vgl. Phlm 24; Kol 4,14) identifiziert hat, äußert
sich im Vorwort Lk 1,1-4 zur Zielsetzung seines Doppelwerkes. Er will
"von den Begebenheiten, die sich unter uns erfüllt haben",
d.h. vom Leben Jesu und von der Ausbreitung der Evangeliumspredigt,
berichten, und zwar zur Stützung des Glaubens, der in historischen
Realitäten gründe. Auf diesem Hintergrund sind auch der Verweis auf
Augenzeugenberichte (Lk 1,2) und die Tatsache zu sehen, dass Lukas die
Heils- mit der Profangeschichte synchronisiert (Lk 2,1f: Volkszählung
unter Augustus; Lk 3,1f: die politischen Machthaber zur Zeit der
Wirksamkeit Johannes des Täufers; Apg 11,28: Hungersnot unter
Claudius; Apg 18,2: Austreibung von Juden aus Rom unter Claudius).
Das Lukasevangelium ist unter Benutzung des Markusevangeliums,
einer Sammlung von Sprüchen und Reden Jesu - der sog. Logienquelle (Q)
- und weiterer Überlieferungen verfasst. Bei der Komposition der
Apostelgeschichte konnte der Verfasser ebenfalls auf zahlreiche
Traditionen zurückgreifen. Ob sich darunter auch schriftliche Quellen
befanden und welchen Umfang sie ggf. hatten, bleibt allerdings
ungewiss. Charakteristisch für die Apostelgeschichte, deren zweiter
Teil (Kap. 16-28) fast ausschließlich Paulus gewidmet ist, sind die
zahlreichen Reden, die Lukas den Protagonisten in den Mund legt, um
das jeweilige Geschehen theologisch zu deuten.
Dem lukanischen Doppelwerk, das wohl um die Jahrhundertwende
entstanden ist, liegt der Aufriss einer Heilgeschichte mit drei
Epochen zugrunde: Die Mitte der Zeit, d.h. die Zeit des vom Geist
gezeugten Gottessohnes Jesus, folgt auf die Zeit der Verheißungen
Gottes in Israel und geht der Zeit der Kirche voran, die sich von der
Himmelfahrt bis zur Parusie erstreckt und in der die vom Geist
geleiteten Missionare die Heilsbotschaft in aller Welt verkündigen.
Lukas verfolgt dabei zugleich eine apologetische Linie und stellt das
Christentum als politisch ungefährlich dar. Bereits Johannes der
Täufer ermahnt die Soldaten, mit dem Sold zufrieden zu sein (Lk 3,14),
und die Eltern Jesu gehorchen dem kaiserlichen Befehl, sich in
Steuerlisten eintragen zu lassen (2,4f). Umgekehrt verhalten sich in
der Apostelgeschichte die römischen Oberen positiv gegenüber der
christlichen Religion, und der erste Heidenchrist ist ein römischer
Hauptmann (Apg 10).
Dadurch, dass der Verfasser das Evangelium als "den ersten
Bericht" (vgl. Apg 1,1) mit der Apostelgeschichte verbunden hat,
ist etwas Neues entstanden. Die Kirche hat diesen Neuentwurf nicht
übernommen, sondern Evangelium und Apostelgeschichte im Kanon des
Neuen Testaments voneinander getrennt, um den qualitativen Unterschied
zwischen beiden deutlich zu machen.
ORT: Theologicum Raum T0. 136
ZEIT: 10 bis 14 h
TEXT: Lüdemann/Schleritt: Arbeitsübersetzung, 2008, oder jede
andere gute Übersetzung