Castor heißt Widerstand
Atomindustrie und Bundesregierung gemeinsam verantwortlich
Wozu eigentlich schickt das Bundesumweltministerium seine Leute zu Fachkongressen, wenn sie das dort Gelernte sogleich wieder vergessen? Mag sein, es handelt sich um eine neue Form der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, mag sein, es hängt mit dem blinden Vertrauen auf die Atomindustrie zusammen. Daß Castoren "schwitzen" und "weinen" (welche Euphemismen!!) können, ist schon lange bekannt. Das Bundesumweltministerium aber reagierte darauf mit einer millionenschweren Werbekampagne für die Atomindustrie: Castor heißt Sicherheit. Mit Sicherheit heißt das: Die Bundesregierung ist zur Abteilung Propaganda der Atomindustrie degradiert. Daß heute durch die Medien geistert, daß Castoren die Grenzwerte um das 10000fache überschreiten, überrascht keinen Atomkraftgegner. Fachleute haben es schon immer befürchtet (siehe Fachkongresse) und einige kritische PolizistInnen haben es auch geahnt.

Transporte ohne Strahlung unmöglich

Das Neuherberger Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit erklärt schon seit Jahren, daß Atomtransporte ohne Strahlung nicht möglich sind. Die radioaktiven Gamma- und Neutronenstrahlen ließen sich auch durch dicken Stahl oder Kunststoff nicht vollständig abschirmen. Der große Teil der Polizei aber glaubt an das Castor-Sicherheit-Märchen und prügelte DemonstrantInnen auf Befehl des Innenministeriums von den Schienen und von der Straße.
In Gorleben und anderswo auch. Diese DemonstrantInnen finden sich im Verfassungsschutzbericht wieder: als gefährliche Linksextreme. Eine Schande für eine Demokratie, daß legitimer Widerspruch derartig kriminalisiert wird.

Nicht der erste Skandal

Indes ist die aktuelle Castor-Affäre nicht die erste. Vor zehn Jahren beunruhigte die Öffentlichkeit für wenige Wochen der sogenannte Transnuklear-Skandal. Damals hat die Hanauer Firma Transnuklear Atommüll in belgische Atomzentrum Mol schaffen lassen - mit Hilfe von Schmiergeldern in Millionenhöhe und mit dem Wissen um die enorme Gefährlichkeit. Damals wurde ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, der dank der Atomlobby (CDU) nicht offiziell aufdecken konnte, was die kritischen Medien längst gemeldet hatten. Doch die Affäre wurde nach wenigen Wochen vergessen. Es sieht so aus, als würde es diesmal genauso laufen. Ein bißchen Aufregung, vielleicht wird noch mal irgendeinE MinisterialrätIn entlassen und die Sache wird vergessen.

Was folgt?

Konsequenzen muß es deshalb auf zwei Ebenen geben: Politisch muß der Einstieg in den Ausstieg aus der Kernkraft erfolgen. Auf der Straße und auf den Schienen muß der friedliche aber konsequente Protest weiter zunehmen.
Stichwort: Energieumbau versus Energiewirtschaft
Urteilte man ausschließlich nach dem, was allenthalben als objektiver gesunder Menschenverstand bezeichnet wird, würde wohl niemand in Abrede stellen, daß es viel vernünftiger wäre, Energie in dezentralen, sauberen und ressourcen-
schonenden Anlagen herzustellen, als in gigantischen Kohledreckschleudern oder lebensgefährlichen Atomreaktoren. Dagegen steht die übliche gesellschafts-
beherrschende Kombination aus Geld und Macht.

Zentralisiert und monopolisiert

Die heutige deutsche Energiewirtschaft ist zentralisiert, monopolisiert und bildet einen auf abenteuerliche Weise miteinander verwobenen Kapitalkomplex. Schon bei den sog. "Elektrofrieden" von 1908 bzw. 1929 einigten sich deutsche Stromerzeuger auf Demarkationslinien. Sie teilten das ganze Land untereinander auf, was zur Folge hatte, daß Gebietskartelle entstanden. Abgesehen von Baden-Württemberg, Teilen von NRW, Hamburg und Berlin haben heute die drei Stromkonzerne RWE, VEBA und VIAG Bayernwerk die gesamte Versorgung unter Kontrolle. Alle drei Versorger sind an der ostdeutschen VEAG beteiligt. Bei RWE und VIAG handelt es sich bei um gemischt öffentlich/private Gesellschaften. VEBA hingegen ist komplett in privater Hand.

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