Grund zum Jubeln besteht kaum
Abgesang auf die AStA-Bildung
Zwar gibt es endlich einen AStA - noch dazu einen, der gute Arbeit zu leisten verspricht. Aber es hat lange gedauert. Und: Die Lösung, die jetzt gefunden wurde, ist eben nur ein Kompromiß.
Die Position der Juso-HSG war schon vor den Wahlen eindeutig: Wir wollten einen linken AStA ohne Beteiligung der Antifaschistischen Liste (AL). Insbesondere OLLAfA und Frauenliste wollten nach eigenem Bekunden auch einen linken AStA - aber eben nur mit der (für eine Mehrheit nicht notwendigen) AL. An diesem einen Punkt scheiterten bis letzte Woche alle Versuche, dem Willen der Göttinger Studierenden nachzukommen und eine Koalition zusammenzuschmieden. Was auf dem ersten Blick wie ein dummes Sandkastenspiel aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Frage der politischen Glaubwürdigkeit.

Für Koalition ist Grundkonsens notwendig

Denn: Wer einen politischen AStA will - und daß der zu bildende AStA nicht nur "Service" zu leisten habe, war unter den Linken nie umstritten - muß sich auf wichtige Grundsätze verständigen können. Ein solcher Grundkonsens aber hat zwischen Juso-HSG und AL nie bestanden.
Während wir Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung strikt ablehnen, hält die AL diese für legitim und notwendig. Ihre Argumentation: Nicht die Steine werfenden Demonstranten, sondern der Staat übe (meistens strukturelle) Gewalt aus, indem er die Grundwidersprüche des kapitalistischen Wirtschaftssystems zementiere. Daß der Staat seinen Herrschaftsanspruch im Zweifelsfall auch mit Gewalt durchsetzt, ist kaum bestreitbar. Aber: Diese Gewalt ist - ob uns das nun gefallen mag oder nicht - demokratisch legitimiert und rechtsstaatlich kontrolliert.
"Da haben wir's", hört man schon die AL triumphieren. "Als gute Sozialdemokraten [in den Augen der AL ein Schimpfwort] verteidigt ihr sogar die Prügelorgien der Polizei bei den Castor-Transporten!"
Weit gefehlt. Denn in der Tatsache, daß wir den gegenwärtigen Staat allen Defiziten zum Trotz für demokratisch und rechtsstaatlich halten, liegt ja gerade unsere Motivation, Politik zu betreiben. Nicht, indem wir hinter jeder Schweinerei gleich "den Faschismus" wittern und uns den roten (oder schwarzen) Umhang des "Antifaschismus" überwerfen, um mit dem Stein in der Hand und geborgter Revolutionsromantik im Herz das marode Schweinesystem endlich zu Fall zu bringen. Sondern indem wir versuchen, für unsere Positionen Mehrheiten zu bekommen - und dabei auch den Fall einkalkulieren, daß wir uns mal irren könnten. Und deshalb setzen wir uns argumentativ dafür ein, daß Kanthers, Schäubles und auch Glogowskis nicht länger das Sagen haben.

Gewaltverständnis und AStA-Arbeit

"Schön und gut", mag man nun einwenden. "Aber was hat diese ganze Gewaltgeschichte mit der konkreten AStA-Arbeit zu tun?" Eine ganze Menge. Denn das Staats- und damit auch Politikverständis, das uns von der AL trennt, wird nicht erst bei der Entscheidung über das "richtige" Demonstrationsverhalten virulent.
Man kann das Verhalten der Juso-HSG während der Koalitionsverhandlungen unter der Rubrik "Profilierungssucht" verbuchen. Aber wer das tut, muß dann auch deutlich sagen, daß es ihm in der Politik nicht um Überzeugungen, auch nicht um konkrete Inhalte geht, sondern nur um eins: Möglichst schnell und vor allem um jeden Preis Mehrheiten zu beschaffen. Und das nennt man gemeinhin Opportunismus.
Der Blick nach rechts
Kaum mehr Opposition im StuPa

Die Opposition ist in einem wahrhaft schlechten Zustand, was aber ob des Streites auf der Linken kaum in die Öffentlichkeit gedrungen ist. Dies betrifft zuallererst die ADF. Die eigentlich größte Fraktion im StuPa (12 Sitze) ist nun zum vierten Mal in Folge mit einem kümmerlichen Häufchen von 3-6 ParlamentarierInnen zur Sitzung aufgelaufen. Die "unpolitische" Gruppe, die vor der Wahl noch mit markigen Sprüchen wie "Lieber 30 Aktive als 50 Karteileichen" glänzte, ist personell und inhaltlich ausgebrannt. Das Interesse an Uni-Politik ist vollkommen abhanden gekommen, lediglich Servicearbeit auf Fachschaftsebene wird noch betrieben. Das liegt wohl daran, daß die ADF an die Grenzen ihres eigenen "rein sachorien-
tierten" Anspruchs gestoßen ist. Die ernüchternde Erkenntnis wird sich durchgesetzt haben, daß man sich bei studentischer Interessenvertretung immer auf politischem Terrain bewegen muß, egal ob beim Thema Bafög, HRG o.ä.. Die ADF muß entweder ihr Credo aufgeben, oder all jene Themen aussparen und stattdessen Klausuren kopieren. Das ist aber dauerhaft offenbar für niemanden dort und hoffentlich auch bei den WählerInnen attraktiv.
Doch auch beim RCDS liegt einiges im Argen. Nicht nur, daß das Niveau der Publikationen mittlerweile selbst Peter Hintzes noch unterschreitet; die Jung CDU-ler stehen überdies in der Gefahr eines Rechtsrucks. Ein wohlbekannter RCDSler jedenfalls hat vor kurzem erneut in der Wochenzeitung "Junge Freiheit" veröffentlicht - einer Gazette, die nicht mehr am rechten Rand des demokratischen Spektrums steht, sondern weit rechts davon. Wir haben dazu vom (hoffentlich noch tonangebenden) liberalen Flügel des RCDS noch nichts vernommen, fordern diesen aber auf, sich von den Aktivitäten ihres Kameraden eindeutig zu distanzieren.

 


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