Oskarlose Finanzpolitik
Ein Rück- und ein Ausblick


Der Rücktritt Lafontaines ist schon eine Weile her und durch die Ereignisse im Kosovo in den Hintergrund geraten. Damit ist auch die Frage (oder besser: die Spekulation) in den Hintergrund geraten, warum er nun genau zurückgetreten ist.
Oskars Rücktritt hat die SPD-Linke in eine Situation gestürzt, die mehr als grotesk anmutet. Da ist auf der einen Seite die starke Personifizierung, die Trauer über den Weggang der Person Oskar Lafontaines. Es verwundert, wie viele Freunde Lafontaine noch innerhalb der Linken hat(te), nachdem er den Rückzug angetreten war. Dieser Personenkult mag aber auch einen handfesten Hintergrund haben: Lafontaine stand für einen Politikwechsel, stand für Umverteilung von oben nach unten, und Lafontaine stand für eine neue Welfinanzarchitektur. Für dieses Vorhaben wurde er prächtig ausgestattet, im Finanzministerium tummelten sich nur so die keynesianischen ExpertInnen. Von den Hochschulen und von den Wirtschaftsforschungsintituten kamen sie, gaben ihre Stellung auf, um AbteilungsleiterInnen in Oskars Ministerium zu werden.
Die Vorbereitungen waren vollbracht und der Ärger vorprogrammiert: es war abzusehen und gilt als Güte Lafontainscher Politik, daß die LobbyistInnen der einflußreichen Verbände jammerten, daß die Neoliberalen von der Bundesbank ihr empörtes Gesicht aufzogen und die Yuppies von n-tv bei jedem Kursrückgang den Namen Lafontaine in den Mund nehmen mußten. Zwar hat das eine mit dem anderen nichts zu tun, aber das Finanzkapital und ihre Advokaten brauchten einen Buhmann - und einen Strahlemann. Den hatten sie in Schröder gefunden, den konnten sie ständig konsultieren und dann zum Dank ein Steuererleichterungsversprechen mit nach Hause nehmen.

Kurz nach dem Rücktritt begann eine Diskussion darüber, ob der Einfluß der Wirtschaftslobby nicht zu groß sei. Das ist er sicherlich, aber den Ausschlag für das Scheitern einer linkskeyesianischen Politik hat dieser Einfluß nicht gegeben. Vielmehr dagegen die Unfähigkeit des Bundeskanzlers, diese Macht zu begrenzen. Es scheint, als habe Schröder bewußt einen Kuschelkurs mit Henkel & Co gefahren, um die Politik Lafontaines zu torpedieren. Daß gerade er nun auch noch Parteivorsitzender ist, mag als logische Konsequenz gesehen werden, es ist aber auch grotesk und leider eine Richtungsentscheidung.
Das Vorhaben, in einem Bündnis für Arbeit den Arbeitsmarkt zu gestalten und über diesen Weg zu mehr Beschäftigung zu gelangen, hat eine sehr geringe Erfolgswahrscheinlichkeit. Was sollte denn auch bei diesem Treffen herauskommen. Sicher, Politik soll moderieren. Aber wenn Gewerkschaften und Wirtschaftslobbyisten an einem Tisch sitzen, geht es um handfeste materielle Interessen. Es würde niemanden wundern, wenn die ArbeitgebervertreterInnen einige Steuerschlupflöcher erhalten und dann diese Quasselrunde verlassen würden. Das mag dann die Öffentlichkeit mit Empörung zur Kenntnis nehmen, doch notfalls wird eben wieder der Abgesang auf den Standort angestimmt. Unter anderem Rudolf Hickel hat skizziert, wie eine progressive Finanzpolitik strukturiert sein könnte (Blätter für deutsche und internationale Politik 4/99). Doch muß festgehalten werden: Die Idee, eine alternative Wirtschaftspolitik umzusetzen, scheint gescheitert.

Kleine Richtigstellung
Zu den unwahren Behauptungen der LHG

Am Montagabend brachte die LHG im Studierendenparlament zwei Anträge ein, die sich mit der Tolerierungsvereinbarung zwischen uns und den AStA-tragenden Listen beschäftigten. Die Anträge verurteilten - ebenso wie das vor einiger Zeit erschienene Flugblatt der LHG - angeblich vereinbarte Zahlung der AStA-Koalition an die Juso-HSG.
Obwohl selbst die LHG die Wahrheit kennt, behauptet sie in Ermangelung vernünftiger politischer Inhalte, die sie vertreten könnte, das Gegenteil. Deshalb noch einmal: Wir verdienen an und durch diese Tolerierung keinen Pfennig. In der letzten Rotation haben wir die Gründe dargelegt, wieso wir uns nach langem Zögern zur Tolerierung entschlossen haben. Natürlich haben wir eine Art Vertrag geschlossen. Da wir uns aus Verantwortung der Studierendenschaft gegenüber gezwungen sahen, einen AStA zu wählen, mußten wir uns doch wenigstens einige effektive Möglichkeiten sichern, den AStA besser zu kontrollieren. So besetzt ein Mitglied der Juso-HSG den Vorsitz des Haushaltsausschusses und überwacht die AStA-Finanzen, so haben wir den Vorsitz des Studierendenparlamentes inne, um dort für ein demokratisches Verfahren zu garantieren.
Einem zweiten Antrag der LHG, daß der AStA offenlegen möge, wen oder was er finanziell unterstützt, haben wir Jusos natürlich zugestimmt.

Was vom AStA übrig blieb!

Ein Glanzstück des investigativen Journalismus habt ihr da abgeliefert, liebe Leute von der LHG. Die Jusos enttarnt als arge Beutelschneider und Selbstbediener, die vom immer kleiner werdenden AStA-Kuchen Stück für Stück vernaschen. Zwar gibt es keinen Vertrag zwischen den Jusos und dem AStA, aber wer wird denn gar so kleinlich sein. Deshalb jetzt, hier und in dieser Kolumne die ultimative Wahrheit über alle Geheimverträge und Sonderabkommen. Es gibt nämlich noch einen geheimnisumwitterten Annex B im nicht vorhandenen Vertrag, dessen Inhalt nicht verschwiegen werden soll.

Der Annex B§§2+3

Hier wird nicht nur festgelegt, daß die Juso-HSG Zugang zu allen kulinarischen Geheimvorräten des AStA hat, die dieser einst in Erwartung re-volutionärer Wirren anlegte (§ 2), sondern auch Trüffel, Tauben und Tournedos für alle Jusos am Platz und dort im besten Haus. Dortselbst Schlemmerorgien und erlesene Genüsse: Geschnetzelte Innereien von der Gams, Kalbsbries "Rumohr", Bärlauchbutter und sonstige Kunstwerke (§ 3).
Jetzt aber ist es heraus: Nichts stimmt und es konnte alles gar nicht stimmen. Denn wo gäbe es in Göttingen ein bestes Haus am Platz? Gutbürgerliche Küche mit Fleischbergen, die gibt es; Abfütterungsläden, ebenfalls mit Fleischbergen doch wenigstens mit langen Öffnungszeiten, kennt wohl jeder. Doch eine Örtlichkeit für den gelungenen Genuß, für die sich Zusatzklauseln gelohnt hätten, gibt es wahrlich noch nicht!

Bärlauchbutter zum Kaninchen

Nicht einmal eine kleine Kostbarkeit wäre da zu finden, wie eben die besagte Bärlauchbutter. Der Bärlauch ist ein noch unseren Ahnen gut bekannter Frühblüher, den der wandernde Mensch in großen Scharen vor den Toren der Stadt findet, dort vor dem Blühen die Blätter erntet und diese bald blanchiert unter eine köstliche Biobutter mixt. Er schmeckt frühlingshaft mild nach Knoblauch und hat trotzdem nicht dessen Schärfe. Die Butter nun wird gesalzen, gepfeffert und mit Limonensaft abgeschmeckt und dann kann sie zu jungem Fleisch oder auch markantem Gemüse gereicht werden. Persönlich würde ich mir dazu ein mild angebratenes Teil vom Kaninchen denken, das in der Pfanne engen Kontakt zu Thymian, Rosmarin und Speck aufgenommen hat. Durch diese Art der Tuchfühlung bestens gerüstet und mit einem kräftigen Sud immer wieder bestrichen wäre das ein Versprechen, das jeden sofort in eine AStA Koalition beißen lassen müßte – Verträge hin oder her!



 


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