Adelphacarus sellnicki kommt in mehreren Ländern Europas vor
(Lotfollahi et al. 2017), ist aber offenbar nirgends häufig.
In Deutschland ist die Art sehr selten und ist bislang nur in
Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen nachgewiesen worden
(Beck und Woas 1991; Weigmann et al. 2015). Einzelfunde wurden
auch aus Argentinien, Brasilien und Australien gemeldet
(Norton et al. 2008; Fredes und Martinez 2012; Lotfollahi et
al. 2017), wobei es sich aber um Einschleppungen aus Europa
handeln könnte. Die Tiere ernähren sich von abgestorbenem
pflanzlichem Material und wurden in sehr unterschiedlichen
Lebensräumen gefunden, z.B. in der Streu oder im Boden von
Kiefern-, Buchen- und Eichenwäldern, auf der Rinde von
Baumstämmen, auf Zweigen von verschiedenen Sträuchern, in
Wiesenböden, in botanischen Sammlungen (als Schädlinge an
Herbarien), in Kalksteinhöhlen und in Ameisennestern (Beck und
Woas 1991; Wunderle 1992; Norton et al. 2008; Siepel et al.
2012; Kagainis et al. 2014; Lotfollahi et al. 2017). Auch in
menschlichen Behausungen kann die Art angetroffen werden
(Monson 2019). Die Tiere sind milchig-weiß bis weiß-bräunlich,
die Borsten sind an der Basis transparent, weiter distal dann
dunkelbraun oder schwarz. Die Körperlänge der Tiere beträgt
zwischen 350 und 385 µm (ohne Borsten), wobei der vordere Teil
des Körpers offenbar flexibel ist und bis zu einem gewissen
Grad ausgestreckt bzw. kontrahiert werden kann. Die Länge der
Borsten, besonders im hinteren Bereich des Notogaster ist
scheinbar individuell variabel. In typischen Exemplaren sind
diese Borsten nur kurz (Weigmann 2006), Beck und Woas (1991)
beschreiben jedoch Exemplare mit deutlich längeren Borsten.
Hier könnte es sich aber auch um geographische Variabilität
handeln, denn die kurzborstigen Individuen stammen aus
Schweden, während die langborstigen Individuen aus Deutschland
stammen. Alle bislang bekannten Exemplare sind Weibchen;
möglicherweise pflanzt sich die Art parthenogenetisch fort.
Die Gattung Adelphacarus wird von manchen Autoren in eine
eigene Familie Adelphacaridae eingeordnet. Weigmann (2006)
argumentiert jedoch, dass es keine Merkmale gibt, die zwischen
den Familien Adelphacaridae, Aphelacaridae und Ctenacaridae
unterscheiden können, und er fasst deshalb diese Gruppen zu
einer einzigen Familie Ctenacaridae zusammen. Lotfollahi et
al. (2017) diskutieren dies ebenfalls und kommen einerseits zu
dem Schluss, dass die Argumentation von Weigmann (2006) sowohl
am schlüssigsten ist, als auch den tatsächlichen
Verwandtschaftverhältnissen am nächsten kommt, plädieren dann
aber trotzdem für die Aufrechterhaltung einer eigenen Familie
Adelphacaridae für die Gattung Adelphacarus. Ich folge hier
der Auffassung von Weigmann (2006).