Zur Nomenklatur: die Formelhaftigkeit vieler
Schmetterlingsnamen hat bereits Linnaeus (1758) eingeführt;
solche Namen müssen nach den Nomenklaturregeln jeweils für
sich analysiert und bewertet werden (siehe Erklärung). Der
Gattungsname ist grammatikalisch feminin (Article 30.1.3. der
Nomenklaturregeln; ICZN 1999), so dass adjektivisch gebrauchte
Artepitheta an dieses Geschlecht angepasst werden müssen. Das
Artepithet in der Originalschreibweise lautet "violellus".
Dies ist kein Adjektiv aus dem klassischen Wortschatz des
Lateinischen, und es ist nicht das Diminutiv von lat. viola,
-ae = "Veilchenfarbe", da dies korrekt violella lautet. Das
Artepithet muss aber nach Article 11.9.1. der
Nomenklaturregeln (ICZN 1999) zwingend als eines von beidem
aufgefasst werden ("must be, or be treated as"). Es fällt also
zunächst unter die Formulierung "where it may be either"
("wenn es beides sein könnte") in Article 31.2.2. der
Nomenklaturregeln. Die Originalbeschreibung dieser Art als
"Nemotois violellus" hält sich an die von Linnaeus (1758)
eingeführte Formelendung -ella für die Gruppe Tineae, weicht
aber ab, indem nun die Endung an das grammatikalisch maskuline
Geschlecht des Gattungsnamens Nemotois angepasst wird. In der
gleichen Weise verfährt Stainton (1851) in der gesamten
Publikation: in Gattungen mit grammatikalisch weiblichem
Gattungsnamen verwendet er -ella, in Gattungen mit
grammatikalisch männlichem Gattungsnamen verwendet er -ellus,
und in Gattungen mit grammatikalisch sächlichem Gattungsnamen
verwendet er -ellum. Dies ist ein klarer Beweis, dass das
Artepithet von Stainton (1851) adjektivisch verwendet wird.
Hiermit fällt das Artepithet unter die Ausnahme in Article
31.2.2., nämlich, dass Article 31.2.2. nur dann gilt, wenn der
Gebrauch nicht eindeutig ist ("the evidence of usage is not
decisive"). Das Artepithet muss also als Adjektiv aufgefasst
werden. In der Gattung Nemophora muss die ursprüngliche Form
"violellus" deshalb zu "violella" emendiert werden.
Auch der Autor des Namens ist in der Literatur umstritten.
Meist sieht man die Angabe "Herrich-Schäffer in Stainton". Das
ist jedoch falsch: Herrich-Schäffer hat die Art lediglich
abgebildet aber nicht benannt. Den Namen prägt dann Stainton
(1851), jedoch völlig ohne jede Beschreibung. Der Name wäre
deshalb ein Nomen nudum, hätte Stainton (1851) nicht die
Referenz auf die Herrich-Schäffersche Abbildung hinzugefügt.
Es handelt sich hier also um eine sog. Indication (Article
12.2. der Nomenklaturregeln; ICZN 1999). Autor ist dadurch
jedoch nicht Herrich-Schäffer, sondern natürlich Stainton. Zum
einen sind als Indications ausdrücklich auch Werke vor 1758
zugelassen (Article 12.2.1.), wenn also die Autoren der Werke
auf die eine Indication verweist als Autoren der Namen gelten
würden, dann könnten auf diese Weise Autoren auch vor dem
Stichtag der zoologischen Nomenklatur (1.1.1758) zu
Namensautoren werden, was durch die Nomenklaturregeln jedoch
klar ausgeschlossen ist. Außerdem definiert Article 50.1. ganz
klar diejenige Person als Namensautor, die erstmals die
Kriterien der Verfügbarkeit eines nomenklatorischen Akts
erfüllt, das ist hier also nicht Herrich-Schäffer, denn er hat
überhaupt keinen Namen vergeben und damit gar keinen
nomenklatorischen Akt vollzogen, sondern ausschließlich
Stainton.