Arten aus aller Welt können durch den Menschen absichtlich
oder versehentlich in Deutschland freigelassen oder hier
eingeschleppt werden. Solche eingeführten Arten, können sich
etablieren und gehören dann zur Fauna Deutschlands. Diese
Arten sind dann in den Artenlisten bei den einzelnen Familien
enthalten. Nachweise von Arten, die immer wieder absichtlich
oder versehentlich nach Deutschland eingeschleppt oder in
Deutschland freigelassen werden, sich aber nicht in
Deutschland eingebürgert haben, sammle ich stattdessen hier
auf dieser Seite und gebe ggf. kurze Angaben zur Fundsituation
der jeweiligen Art in Deutschland.
Familia CRAMBIDAE
Circobotys butleri (South, 1901) – Bambuszünsler
= Crocidophora butleri South, 1901
= Sinibothys butleri (South, 1901)
Diese Art kommt in Ostasien vor, die Raupen leben an
Bambus-Arten (z. B. Gattungen Phyllostachys, Fargesia;
Poaceae). Die Raupen werden häufig mit importierten
Bambuspflanzen nach Europa eingeschleppt, im Mittelmeerraum
ist die Art möglicherweise sogar bereits etabliert. In
Deutschland liegt bislang nur ein Fund aus Bayern vor
(Morawietz 2019), die Art ist hier nicht etabliert, obwohl die
Wirtspflanzen beliebte Gartenpflanzen sind und nahezu
flächendeckend in ganz Deutschland vorkommen.
Familia EREBIDAE
Antichloris viridis Druce, 1884
Die Raupen dieser amerikanischen Art leben unter anderem an
Bananenblättern (Gattung Musa; Musaceae). Die Puppen sind
üblicherweise an den unreifen Bananenfrüchten befestigt und
werden auf diese Weise immer wieder mit Bananenimporten
eingeschleppt. Die daraus schlüpfenden Imagines werden dann
meist in Lagerhallen oder Supermärkten nachgewiesen. Die Art
ist in Deutschland nicht etabliert.
Hipoepa fractalis (Guenee, 1854)
Diese Art ist in Asien, Afrika und Australien weit verbreitet
und wird auch in Europa gelegentlich gemeldet, wobei
üblicherweise eine Einschleppung durch Pflanzenimporte (v.a.
Orchideen) vermutet wird. Die Art ist in Deutschland nicht
etabliert, es scheint bislang nur eine einzige Einschleppung
mittels einer ostasiatischen Orchideenart (Gattung Vanda;
Orchidaceae) gegeben zu haben (Lepiforum: Online-Quelle 1).
Die Gattungen Polypogon, Pechipogo, Herminia, Hipoepa und
Zanclognatha sind nahe miteinander verwandt und sich
morphologisch sehr ähnlich. Teilweise wurden diese Gattungen
auch miteinander synonymisiert, derzeit führen die meisten
Autoren diese Gruppen jedoch als separate Gattungen.
Problematisch bleiben jedoch einige Arten, die sich wegen der
noch ungenügenden Kenntnisse der phylogenetischen
Verwandtschaft dieser Gruppen nicht sicher in die eine oder
andere Gattung einordnen lassen. Hipoepa fractalis gehört zu
diesen Arten: manche Autoren ordnen sie in die Gattung
Polypogon oder in die Gattung Zanclognatha ein, die Mehrzahl
der Autoren jedoch in die Gattung Hipoepa. Ich folge hier der
letzteren Auffassung und ordne die Art der Gattung Hipoepa zu.
Familia NYMPHALIDAE
Charaxes jasius (Linnaeus, 1767) –
Erdbeerbaumfalter
Diese Art lebt im Mittelmeerraum. Die bisherigen Funde aus
Bayern gehen auf versehentliche Einschleppung der Larven mit
Pflanzenimporten zurück.
Dryas iulia (Fabricius, 1775) – Julia
Die Art kommt im tropischen Amerika vor, wird aber gerne in
Schmetterlingshäusern gehalten und entweicht vor dort häufig.
In den Sommermonaten können deshalb Falter in der Nähe von
Schmetterlingshäusern angetroffen werden; sie überleben den
mitteleuropäischen Winter jedoch nicht.
Esperarge roxelana (Cramer, 1777)
= Kirinia roxelana (Cramer, 1777)
Diese Art kommt in Vorderasien und Südosteuropa vor. Meldungen
aus Deutschland sind versehentlich verschleppte Individuen
oder Fehlbestimmungen. Die Art war lange in der Gattung
Kirinia, wurde aber von Spitsyn et al. (2019) in die Gattung
Esperarge überführt.
Morpho helenor (Cramer, 1776)
Die Art kommt im tropischen Amerika vor, ist aber ein
beliebter Falter in Schmetterlings- und Tropenhäusern und
entweicht häufig von dort. Entwichene Tiere können im Sommer
beobachtet werden, überleben den mitteleuropäischen Winter
jedoch nicht.
Neptis rivularis (Scopoli, 1763) – Schwarzer
Trauerfalter
Die Art ist in Osteuropa und in Asien weit verbreitet. In
Deutschland gibt es bislang nur einen Fund aus Bayern, bei dem
sehr wahrscheinlich die Larve oder Puppe durch einen
Pflanzenimport eingeschleppt wurde. Die Art ist in Deutschland
nicht heimisch.
Vanessa braziliensis Moore, 1883 – Brasilianischer
Distelfalter
= Vanessa virginiensis auct. nec Drury, 1773 (Fehlbestimmung)
Diese Art ist in Südamerika beheimatet und außerhalb ihres
natürlichen Verbreitungsgebiets nur selten anzutreffen. Ich
habe beispielsweise drei Exemplare dieser Art gemeldet, die
laut den Angaben auf ihren Etiketten auf den Kanarischen
Inseln (Spanien) gesammelt wurden (Prpic 1999). Abgesehen von
den Möglichkeiten, dass es sich um eine fehlerhafte
Etikettierung handelt oder auf den Kanarischen Inseln eine
Population dieser Art gibt, könnten diese drei Exemplare auch
durch Luftströmungen oder Stürme aus Südamerika auf den
Archipel gelangt sein oder versehentlich per Schiff oder
Flugzeug eingeschleppt worden sein. Die einzige Nachweis
dieser Art für Deutschland ist ein einzelnes Exemplar, das
1974 in Frankfurt am Main (Hessen) gesammelt wurde, jedoch
fälschlicherweise als Vanessa virginiensis identifiziert wurde
(siehe Diskussion in Crolla et al. 2002). Dieses Exemplar ist
somit auch die Grundlage für den (fehlerhaften) Nachweis von
Vanessa virginiensis in Deutschland, der wiederholt in
Faunenlisten für Deutschland aufgeführt wird; die echte
Vanessa virginiensis wurde bisher nicht in Deutschland
nachgewiesen. Crolla et al. (2002) vermuten, dass das Exemplar
entweder durch versehentliche Einfuhr oder durch absichtliche
Freisetzung nach Frankfurt gelangt ist.
Vanessa vulcania (Godart, 1819) – Kanaren-Admiral
Diese Art ist ein Endemit der Kanarischen Inseln. Das Taxon
galt früher als Unterart des Indischen Admirals Vanessa
indica, mit der sie das verästelte rote Band der
Vorderflügeloberseite gemeinsam hat. Allerdings ist die
Flügelgrundfarbe nicht wie bei V. indica braun, sondern wie
bei V. atalanta ein samtiges Schwarz. Die Art wird immer
wieder von außerhalb der Kanaren gemeldet, dabei handelt es
sich jedoch mit großer Sicherheit um Verwechslungen mit V.
atalanta, bei der es auch hin und wieder Exemplare mit etwas
verästeltem roten Band gibt, was vermutlich zur Fehlbestimmung
verleitet. Aus Deutschland gibt es auch Meldungen, die aber
als verschleppte Kanaren-Tiere oder Fehlbestimmungen von V.
atalanta gedeutet werden.