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DS-Leserbriefe 15 1998: Einen mutigen Theologen ausgegrenzt

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Mit seinem ØBrief an JesusÆ habe sich der Göttinger Theologieprofessor Gerd Lüdemann vom Christentum verabschiedet - so DS-Redakteur Jürgen Wandel in Nr.11/98. Lüdemann hatte öffentlich bekundet, daß er zwar nicht mehr an Jesus glaube, aber dennoch davon überzeugt sei, dessen Sympathie zu besitzen, um von diesem wegen des eigenen Unglaubens nicht Øvernichtet zu werdenÆ

Es könnte immerhin sein, daß hier ein mutiger Theologe im Laufe seiner Forschungen über das, was der ursprüngliche, "historische" Jude Jesus allem Anschein nach de facto gewollt und initiiert hat, und über das, was man später daraus gemacht hat, zu dem Ergebnis gekommen ist, daß eine konsequente Nachfolge Jesu nur zu einer grundlegenden Infragestellung des später daraus hervorgegangenen "Christentums" führen kann - sollte es sich denn dabei tatsächlich um eine gravierende Abwandlung beziehungsweise Verfälschung des von Jesus ursprünglich Gemeinten handeln. Darum: gern wüßte man mehr darüber! Zum Beispiel über die Frage: Was würde heute Jesus dazu sagen, wenn er erführe, daß man ihn, dem es doch stets nur um das wirkliche Ernstnehmen der allgegenwärtigen Nähe der "Herrschaft Gottes" ging, selber zum angebeteten "Sohn Gottes", zum Herrscher und Richter der Welt und damit selbst zum Objekt eines allein selig machenden Glaubens erhoben hat, in dessen Namen, wer wüßte es nicht, ungezählte Menschen verdammt, verurteilt und umgebracht wurden? Wäre nicht vielmehr danach zu fragen, wie das in heutiger Zeit aussehen könnte, wenn - ganz im Sinne Jesu - ein wirkliches Ernstnehmen Gottes als des universalen Schöpfers und Herren der Welt das Denken, Handeln und Zusammenleben der Menschen bestimmen würde - so wie dies ansatzweise und wohl am ehesten im Klima eines offenen Dialoges zum Beispiel auf den Kirchentagen erlebbar werden kann? Was auch sonst in dem so salopp zitierten Brief von Professor Lüdemann gestanden haben mag, - der daraus wiedergegebene Satz am Schluß des Artikels im DS kann eher hellhörig und neugierig machen: "Das, was unseren Kosmos zusammenhält und begrenzt, ist ein großes Geheimnis, das wir nicht lüften werden." Wer brächte schon das zum Ausdruck, was nach heutigem Kenntnisstand der Dinge in Sachen Religion zu sagen wäre!

Klaus Boersch, Kirchzarten

Gerd Lüdemann habe sich vom Christentum abgewendet, schreibt Jürgen Wandel.

Ist es nicht aber so, daß viele Kirchenleute, Theologen und Nichttheologen diese Abkehr geradezu provoziert, wenn nicht gar unausweichlich gemacht haben? Jürgen Wandel selbst erwähnt im Zusammenhang mit Lüdemann die Ketzergeschichte des Christentums, ein schlimmes Kapitel in der Kirchengeschichte. Am Prüfstein Lüdemann hätte die Kirche Toleranz, Dialog- und innere Erneuerungsfähigkeit beweisen können. Statt dessen aber siegten wieder einmal Ausgrenzung und Intoleranz. Den Schlußsatz des Artikels finde ich am wichtigsten: Streiten in der Sache: Ja! Aber menschlich bleiben in der Form und im Ton! Möge es dafür noch nicht zu spät sein!

Johannes Liedtke, Hodenhagen

Da bleibt der Herr Professor natürlich an der theologischen Fakultät.

Die Alimentierung von Vater Staat ist für das Gewissen ein sanftes Ruhekissen. Es macht immer mehr Schule: Staat und Gesellschaft als Selbstbedienungsladen. Auf mich wirkt der persönliche Brief an Jesus wenig überzeugend. Vielleicht liegt es daran, daß mir auch dieser Gott nie begegnet ist. Ich reibe mir verwundert die Augen, für was dieser Jesus schon alles herhalten mußte und immer noch herhalten muß. Hier scheint eine gehörige Portion von gekränkter Eitelkeit im Spiel zu sein. Vorher spielte der Herr Professor gekonnt auf der Märtyrerklaviatur. Ich finde den Vorgang nur "widerlich".

Manfred Keip, Nohfelden-Sötern

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Letzte Aktualisierung am 22. April 2020
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