28.März 1996

> Editorial

v Alles nur geklaut...

Die Saubermänner und -frauen im AStA
Am Anfang war der Eindruck, da seien viele ambitionierte Leute, die geradezu heiß darauf sind, ihre politischen Vorstellungen endlich umsetzen zu können. Alles sollte anders werden: sauber und geradlinig sollte ihre Politik sein.
Doch schon bald ist dieser Elan verebbt, der Aufbruch in eine neue Politik offenbart sich als Rohrkrepierer. Sauber ist nun nur der äußere Schein: Das Rosa-Luxemburg-Haus ist innen weiß getüncht, außen von allem politischen Ballast befreit. Dank Kärcher-Hochdruck hängt kein Plakatfetzen mehr an der Hauswand (und weil ja auch der Elektrokasten vor dem Haus nicht nur sauber sondern rein sein soll, wird er solange mit Hochdruck unter Wasser gesetzt, bis die Ampelanlage zusammenbricht...). Doch dann hat es mit der Sauberkeit auch schon ein Ende.
Sauberer Stil?
Wie sich schon auf der konstituierenden Sitzung des Studierendenparlamentes (Stu-Pa, die rotation berichtete) abzeichnete, herrschen im politischen Umgang rauhe Formen. Kaum im Amt erhob der AStA gegenüber der Presse Vorwürfe gegen seine VorgängerInnen, es würden 13.000 Mark in der Kasse fehlen. Die Anschuldigungen sind völlig haltlos und konnten auf Nachfrage auch nicht erläutert werden. Auch daß es dem AStA rechtlich gar nicht möglich ist, Schulden zu machen, daß weder die Revision noch der Uni-Präsident als Rechtsaufsicht noch der Landesrechnungshof als Prüfbehörde das hätten durchgehen lassen, gaben Leute vom AStA zu, wie auch, daß die Aussagen gegenüber der Presse gemacht wurden, ohne einen genauen Überblick über AStA-Finanzen zu haben. Die Sache richtigzustellen oder sich zu entschuldigen, wurde aber nicht für nötig erachtet.
Aber auch in den eigenen Reihen ist man nicht gerade zimperlich. Nachdem die ADF nach bester machtpolitischer Manier selbst alle Schlüsselpositionen in der studentischen Selbstverwaltung besetzt hatte, nahm sie ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf, daß dem vom Studierendenparlament gewählten Referenten für Hochschulpolitik von der Liberalen Hochschulgruppe die satzungsgemäß notwendige Bestätigung durch die Fachschaftsräteversammlung (FSRV) versagt blieb. Er kann also sein Amt frühestens im Sommersemester antreten. Im Fachbereich Jura tricksten sie gar ihren anderen Koalitionspartner "RCDS" aus dem Fachschaftsrat.
Skandalöser Umgang mit der Ausländischen Studierendenvertretung
Die Vorgänge um die Räume im Erdgeschoß des AStA-Gebäudes, die bisher von social work genutzt werden, sind in letzter Zeit ja publizistisch zur Genüge bearbeitet worden. In den Hintergrund getreten ist dabei der skandalöse Umgang mit der Ausländischen Studierendenvertretung (ASV).
Gleich nach der Wahl des AStA wurde die ASV aus ihrem angestammten und von der Univerwaltung zugewiesenen Raum geworfen. Dieses Schicksal teilt sie mit der FSRV, der zweiten parlamentarischen Kammer neben dem Studierendenparlament. Ziel der ganzen Aktion: Der AStA wollte die obere Etage mit niemandem mehr teilen müssen. Für die ASV begann nun eine Odyssee, die immer noch kein Ende gefunden hat. Nachdem der Versuch des AStA, die ASV als Prellbock gegen social work einzusetzen, fehlgeschlagen ist, sitzt die ASV nun zwischen allen Stühlen - ohne den ihr rechtmäßig zustehenden eigenen Raum. Immerhin hat ihr der AStA "kulanterweise" gestattet, vorläufig im AStA-Sitzungssaal zu campieren. In einer nachgeschobenen Begründung erklärte der AStA, im Raum von social work müsse sich die ASV ihren Raum nicht mehr teilen, sie habe "zusammen mit dem Deutschlehrer ihr eigenes Büro" (das spricht wohl für sich...).
Der AStA erklärt, er müsse eine "sinnvolle Aufteilung" für die vielen "berechtigten" Ansprüche auf Büroraum finden. Quintessenz der sinnvollen Aufteilung: Der AStA hat halt einen gegenüber früheren Zeiten stark erhöhten Raumbedarf, andere müssen dann wohl oder übel weichen...
Mehr Raum für weniger Inhalt
Diesem erhöhten Raumbedarf steht allerdings offenbar keine Verstärkung der inhaltlichen Arbeit gegenüber. In den wenigen Publikationen, mit denen der AStA bisher an die Öffentlichkeit getreten ist, läßt sich für die Zukunft schon schlimmes erahnen. Das Erstsemester-Info wimmelte nur so von - inhaltlichen wie orthographischen - Fehlern. Insbesondere der Abschnitt über das BAföG stellte eine verantwortungslose Falschinformation dar, die für Betroffene durchaus zum Verlust von relevanten Beträgen führen kann.
Vor gut einer Woche erstaunte der AStA die Öffentlichkeit mit einem vierseitigen Flugblatt. Wer nun endlich etwas über die Inhalte der AStA-Arbeit erfahren wollte, wurde aber wieder enttäuscht. Neben einer hilflos-bitteren Stellungnahme zu den Vorgängen um die ASV und social work fand sich dort ein Artikel über Genmanipulation und Mensaessen, der schlicht ein schlecht gemachtes (nicht einmal groß kaschiertes) Plagiat eines Flugblattes der Grünen Hochschulgruppe darstellte, das diese zwei Wochen zuvor verteilt hatte.
Rot-grüne Politik im AStA...
Auch an anderer Stelle schmückt sich der AStA mit fremden Federn. Nachdem der Antrag der Juso-HSG zur Beteiligung von Studierenden bei den Beratungen der BAföG-Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz mit den Stimmen der AStA-Koalition im StuPa abgelehnt worden war, wird er nun umgesetzt und als eigene Idee des AStA verkauft. Nebenbei: Während der Außenreferent des AStA seinen Besuch als Gast auf einer "Expertenanhörung in Bonn" als Vertretung "Eurer Interessen" verkauft, war Markus Bärsch von der Juso-HSG Göttingen, dessen Arbeit im Vorstand des Deutschen Studierendenwerks der AStA nicht unterstützen will, dort zu einer Stellungnahme eingeladen.
Eigenes hat der AStA noch nicht gezeigt. Er lebt von den Ideen und Inhalten anderer.
Fazit: Der AStA wollte gar nicht gewählt werden
Alles in allem drängt sich ein böser Verdacht auf: Der jetzige AStA hat keine eigenen Ziele und Vorhaben, er wurde von seiner Wahl ganz unvorbereitet getroffen. Kurz: er wollte eigentlich gar nicht gewählt werden. So kann man seine WählerInnen täuschen!

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