21.Juni 1996
Wenig Licht und viel SchattenSicher, es hätte schlimmer kommen können. Doch herausgekommen ist auch jetzt nur ein fauler Kompromiß, den wieder einmal die BAföG-EmpfängerInnen zu bezahlen haben. Die Rede ist von jenem Verhandlungsergebnis zwischen Bund und Ländern vom 13. Juni, mit dem endlich ein Schlußstrich unter die unsäglichen BAföGzins-Vorstellungen des Bundesbildungsministers Rüttgers gezogen wurde. Doch nicht einmal die Zinsen sind vollständig vom Tisch. Wieder einmal haben die Finanz- über die BildungspolitikerInnen gesiegt.
Die Verhandlungen waren von Anfang an schwierig gewesen. Zum einen mußte Bildungsminister Rüttgers die Chance gegeben werden, sich von seinen Vorstellungen zu verabschieden, ohne das Gesicht zu verlieren und zum anderen mußte dringend Geld in die Kassen des Ministeriums.
Nur Regelstudienzeit zinsfrei Herausgekommen ist nun folgender Kompromiß:
- Der Darlehnsanteil beim BAföG bleibt in der Regelstudienzeit zinsfrei. (Dies ist das einzig positive Ergebnis, das erzielt wurde)
- Nach der Regelstudienzeit, die im übrigen in der Regel um ein Semester verkürzt wird, erfolgt die Vergabe von BAföG nur als Volldarlehn, das marktüblich verzinst werden muß.
- Dies bedeutet, daß die bisher von allen Parteien und Verbänden als sehr sinnvoll erachtete Studienabschlußförderung ersatzlos entfällt, da die Studierenden ja jetzt auf ein Darlehn zurückgreifen können.
- Damit das Darlehn auch so richtig teuer wird, muß es bereits vom ersten Tag an verzinst werden und der Staat wird nur in sozialen Härtefällen einspringen. Bei den bisherigen Vorstellungen waren noch mehrere Jahre vorgesehen, in denen der Staat die Zinszahlungen übernehmen wollte.
Bleibt diesbezüglich nur zu hoffen, daß es diesem kleinen "Zinsmodell" genau so ergeht wie dem ähnlich gelagerten in Frankreich. Dort wurde es einfach von den Studierenden ignoriert und soll demnächst abgeschafft werden. Doch über die eigenen nationalen Grenzen zu schauen und aus den Fehlern anderer zu lernen, war noch nie die Sache deutscher PolitikerInnen.Keine Erhöhung der Bedarfssätze - Statt der vorgesehenen Anhebung der Freibeträge und Bedarfssätze um 6%, werden nur die Freibeträge um 3% angehoben. Dies bedeutet, daß die BAföG-EmpfängerInnen wieder einmal einen realen Kaufkraftverlust hinnehmen müssen, da nicht einmal die Inflation ausgeglichen wird.
- Bis 1998 wollen sich Bund und Länder auf eine Strukturreform des BAföG einigen, deren wesentliche Grundlage das sog. "Drei-Körbe-Modell" der KultusministerInnenkonferenz und die Vorstellungen des bayerischen Bildungsministers Zehetmaier bilden soll. Besonders letztere sollen Einsparungen in Milliardenhöhe bis 1999 einbringen. Dies soll dadurch erreicht werden, daß alle Studierenden Leistungsnachweise erbringen müssen, um in den Genuß von Kindergeld und anderen staatlichen Leistungen zu kommen.
Wie wir die derzeitigen BildungspolitikerInnen kennen, ist auch von diesen "Reformbestrebungen" nicht allzuviel zu erwarten.
Schlacht verloren - Studis bezahlen: Bildungsminister Rüttgers
Dies zeigt sich insbesondere darin, daß die SPD über keine eigenen bildungspolitischen Ideen verfügt. Die Debatte wird derzeit (und wohl auch in naher Zukunft) nur durch Vorschläge der CDU/CSU bestimmt. Ob es nun Zinsen beim BAföG, das "Drei-Körbe-Modell" oder die bayerischen Vorschläge sind, die finanzielle Situation von Studierenden wird weiter verschlechtert und die SPD steht ratlos daneben.