21.Juni 1996
Das Studierendenparlament tagte so kurz wie selten:Am 17.Juni tagte das Stupa zum letzten Mal im laufenden Sommersemester. Wieder einmal hat der AStA bewiesen, daß er nicht bereit ist, auch nur die von ihm selbst formulierten Ansprüche zu erfüllen. Im gültigen Haushalt wurde eine ganze Flut von Stellen für Info-Sachbearbeiter geschaffen. Der Grund der Koalition war vor allem, die "Spielwiesen" linker Studi-VertreterInnen durch umfassende und objektive Information der Uniöffentlichkeit über alle sie betreffenden Belange zu ersetzen. Wir kennen mittlerweile alle das Ergebnis: Frauenpolitik ade, Gesellschaftspolitik ade, etc. etc.
Propagandaorgan "klartext"?! Und jetzt noch das! Zurecht monierte die GHG-Fraktion, daß der von ihr auf der Maisitzung eingebrachte und mit der Mehrheit des gesamten Parlaments beschlossene Antrag, die Aktionen der in der ötv organisierten Uni-MitarbeiterInnen zu unterstützen, keine öffentliche Erwähnung von Seiten des AStA erfuhr. Laut der Vorsitzenden Carola Oeker ging man davon aus, die daran interessierten Gruppen würden schon selber dafür sorgen. Die RCDS-Fraktion hält den "klartext" darüberhinaus für "nicht objektiv" und lehnt jetzt auch dessen Informationsaufgabe ab. Das wäre prinipiell ja o.k., wenn der Studierendenschaft nicht die ganze Zeit das Gegenteil vorgegaukelt worden wäre. Die "klartext"macher sortieren politisch mißliebige Beschlüsse aus, hebeln die Stimmen der eigenen MandatsträgerInnen aus und beleidigen damit letztlich das ganze Studierendenparlament.
Schwenken wir in diesem Sinnzusammenhang den Kopf einmal auf die andere Seite der Sitzreihen, ist auch nicht alles gold. Lücken waren nicht zu übersehen. LiFaBa und AntifaListe haben offensichtlich den Parlamentarismus endgültig überwunden. Besonders die LiFaBa muß sich fragen lassen, wer mit ihr im nächsten Jahr einen AStA bilden möchte, wenn sie sich jetzt einen feinen Lenz macht und es den anderen linken Gruppen überläßt, aktive Opposition zu gestalten.
Mit dem Aktivwerden hat auch der AStA so seine Probleme. Kaum aus der Frühjahrsmüdigkeit erwacht, steckt er schon tief im Sommerloch. Jenseits der gutgemeinten Postkartenaktion gegen die in Niedersachsen geplanten Rückmeldegebühren ist jedenfalls keine Aktion bekannt geworden. Die Resolutionsübergabe an Wissenschaftsministerin Schuchardt am Rande der DSW-Jubiläumsveranstaltung kann ja nicht wirklich so bezeichnet werden. Mal sehen, was die Hochschulaktionstage bringen werden. Politische Statements des Sozialreferats sind bislang ganz ausgeblieben. Darauf angesprochen, daß der AStA die Möglichkeit gehabt hätte, den DGB-Aufruf zur Bonner Großdemo am letzten Wochenende zu unterstützen, konnte die Vorsitzende nur klagen, daß ihr das niemand vorgelegt habe. Dabei sprach die Juso-HSG das Thema schon auf der vorhergehenden Sitzung an und im AStA gibt's immer noch Telefone.
Aber wenigstens konnte die Inaktivität argumentativ untermauert werden. Außenreferent Hoffmann hat nämlich herausgefunden, daß andere ASten "auch nichts tun".
Andere Antworten mußte der RCDS-Funktionär schuldig bleiben. Eine Erläuterung, wieso sich der RCDS als antiemanzipatorisch, so die sinngemäße Selbstbeschreibung in ihrer Zeitung, sieht, erklärte er kurzerhand für zu schwierig.
"Schwierig" ist nach eigenen Worten auch das, was die AStA-Gleichstellungsbeauftragte Spreitz in ihrem Gespräch mit der Uni-Frauenbeauftragten über den Frauenförderplan herausfand. Die Existenz des Planes wird von ihr befürwortet, da braucht sie jetzt nicht auch noch große Verbesserungen fordern. Immer Schritt für Schritt, ganz langsam und ja keineN intellektuell überfordern. Deshalb ließ die Autorin des Artikels über die Konferenz zu Frauen in Naturwissenschaft und Technik darin eine inhaltliche Auseinandersetzung weg. Diese hätte "den Rahmen des klartext gesprengt". Großer Applaus von rechts (ernsthaft)!Ab hier im Schrittempo "Immer schön schrittweise" ist ebenso ein Zitat des (SIGMA)koreferenten. Nach der quer zur offiziellen AStA-Politik ("Hochschule findet in der Hochschule statt", frei nach G.Rexrodt) liegenden Veranstaltung "Tourismus und Naturschutz" denkt er erst im Wintersemester an neue Vorträge. Geplant sei bisher nichts konkretes. Die Zielrichtung seiner vorgeblichen Gespräche mit der Stadtverwaltung kann er nicht verdeutlichen. Radwegeverbesserungen am ATW, wie vom Stupa letztens beschlossen, ja, und mal ganz unmotiviert über ein Semesterticket plaudern, ja, aber Stand der Dinge oder Konzeption der Verhandlungsführung, Fehlanzeige. Die linken Gruppen forderten die Auflösung seines Referates.
Er wird natürlich bleiben, andere weit erfreulicherweise auch. Der Erhalt der Stellen der Geschäftsführerin und des Druckers ist in vollem Umfang durch die AStA-Vorsitzende zugesichert. Im letzten Monat hatte der AStA seiner Sekretärin die Kündigung ausgesprochen. Das Arbeitsplatzprofil entspreche nicht den Anforderungen an eine nützliche Stelle. Die in der vorangegangenen Stupa-Sitzung zugesagten Arbeitsplatzprofile der AStA-ReferentInnen und SachbearbeiterInnen, mit denen das Stupa seinerseits Sinn und Nutzen deren Stellen hätte beurteilen können, bleiben auch in Zukunft aus. Warum? Siehe Ökoreferat.
Andere werden neu gewählt. Der Haushaltsausschuß des Stupa empfahl Olaf Oertzen (RCDS) und Marion Lattmann (ADF) zu RevisorInnen zu wählen. Das geschah bei ihm mit 5 Gegenstimmen und 7 Enthaltungen und bei ihr mit 1 Gegenstimme und 6 Enthaltungen. Der AStA hatte im Vorfeld durchgesetzt, daß der Aufwand für dieses Amt nicht mehr finanziell entschädigt wird. In der der Wahl vorangegangenen Debatte wies Carola Oeker drastisch den Vorwurf zurück, der AStA bediene sich auf andere Weise bei studentischen Geldern. Auch Erik Petter von der GHG gab dem AStA in finanziellen Fragen, ganz im Gegensatz zu den politischen, einen Vertrauensvorschuß.
Jusos sinken nicht auf AStA-Niveau Noch was? Ja, diesmal mühten sich die Koalitionsgruppen, ihrerseits die Opposition zu kritisieren ("Die OLLAfA lügt! Wir haben 10% statt 5% Postkarten-Rücklaufquote"). U.a. warf der RCDS der Juso-HSG vor, sich nicht gemeinsam mit dem AStA gegen Studiengebühren zu wehren. Für die Juso-HSG erklärte Thomas Goebel, daß sich seine Gruppe nicht auf das Niveau des AStA herabbegeben wird. Die Juso-HSG ist sich mit den kritischen SPD-Landtagsabgeordneten einig, daß nur eine Argumentation, die über den eigenen Tellerrand hinausgeht, Erfolg haben kann. Man muß schon mehr Gründe haben, als einfach nicht zahlen zu wollen. Die AStA-Gruppen aber haben diese Diskussion, wie sie zuletzt mit dem Resolutionsentwurf von Juso-HSG, OLLAfA und GHG eingefordert wurde, niemals führen wollen.