3.2.97

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v Noch lange nicht aufgearbeitet

Ausstellung zur Wehrmacht mit Hakenkreuzen beschmiert

Wie wenig die Verbrechen der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg aufgearbeitet sind und wie wenig Bereitschaft besteht, sich damit auseinanderzusetzen, zeigen die Vorgänge um die Austellung "Soldaten sind Mörder" einer Heidelberger Gruppe, die auf Initiative des Göttinger Friedensbündnisses im DGB-Haus zu sehen war. Nach einer Woche mußte die Austellung am vergangenen Montag abgebaut werden, weil wiederholt Exponate beschädigt und mit Hakenkreuzen beschmiert worden waren. Schon im Vorfeld der Ausstellung hatte sich die Stadt und der Kreis Göttingen nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Eigentlich sollte die Austellung letztes Jahr zum 1. September (Antikriegstag) im Neuen Rathaus gezeigt werden. Doch weder hier noch im Kreishaus fand sie Aufnahme. Erst als der DGB-Kreis Göttingen-Northeim Räume zur Verfügung stellte, konnte die Wehrmachtsausstellung im Rahmen der Veranstaltungsreihe zum 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, gezeigt werden. Die Ausstellung wurde während der einwöchigen Ausstellungszeit von mehreren hundert Personen besucht.

Daß mehrmals Besucher ihre Ablehnung der Ausstellung durch Schmierereien zum Ausdruck bringen mußten, zeigt einmal mehr, wie immernoch Tatsachen aus der Zeit des Nationalsozialismus aktiv verdrängt und geleugnet werden. Die Legende der "sauberen" Kriegsführung der deutschen Wehrmacht, die einhergeht mit der Diffamierung von Deserteuren und Kriegsdienstverweigeren, gehört zu den hartnäckigsten Gründungsmärchen der Bundesrepublik und der Bundeswehr.

Nicht nur Neonazis, sondern auch und vor allem konservative PolitikerInnen, Bundeswehroffiziere und ehemalige Wehrmachtssoldaten fühlen sich, die Bundeswehr oder die Wehrmacht durch die Darstellung der Verbrechen der Wehrmacht beleidigt. Die Göttinger Schmierereien und Verwüstungen stehen dabei in einer Reihe mit den Reaktionen auf eine zweite Ausstellung über das gleiche Thema. Auch die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941-1945" des Hamburger Instituts für Sozialforschung stößt bei ihrer Rundreise durch bis jetzt fünfzehn deutsche und österreichische Städte auf Widerstände und löste heftige Diskussionen aus. Wie die Heidelberger in Göttingen, findet auch die Hamburger Ausstellung oftmals keinen unumstrittenen Ort, an dem sie gezeigt werden kann. So versucht die Bremer CDU zu verhindern, daß die Wehrmachtsaustellung ab Mai im Unteren Rathaus gezeigt wird. Auch in Regensburg, Nürnberg und München, wo die Ausstellung ab dem 24. Februar zu sehen sein wird, formierte sich heftigster Widerstand. NPD- und CSU-Politiker lehnten die Ausstellung von vorneherein als Beschmipfung von Millionen unschuldiger Wehrmachtssoldaten ab, die doch nur ihre Pflicht getan hätten. Der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger, CSU, kritisierte, daß die Wehrmacht in die Rolle einer verbrecherischen Organisation gepreßt werde.

Auseinandersetzung verweigert
Daß die Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges nachweislich an der Erschießung tausender JüdInnen und PartisanInnen teilgenommen hat, ignorieren diese Herren beflissentlich. Mit ihrem vehementen Widerstand gegen die Ausstellung dokumentieren sie wieder einmal, daß sie ihr geschichtsklitterndes Bild einer tugend- und heldenhaften Wehrmacht (und damit nicht selten ihre eigene Biographie) nur retten können, wenn sie sich einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nicht stellen. Solange der sorgsam recherchierten Realität aus dem Wege gegangen und die Beschäftigung mit ihr verweigert wird, bleibt die Rolle der Wehrmacht und ihrer Soldaten eines der letzten Kapitel unbewältigter NS-Vergangenheit.

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