13.1.97
Stichwort: Universitätsfrauenbeauftragte
Programmatisches zur Frauenpolitik"Männer und Frauen sind gleichberechtigt." So steht es im Grundgesetz - doch die Realität sieht anders aus. Auch an den Universitäten werden Frauen nach wie vor benachteiligt. Doch wenn die Universität ein Ort der Diskussion und Entwicklung von gesellschaftlich nützlichen Ideen und Konzepten sein will, muß die Perspektive der Frauen berücksichtigt werden. Der derzeitige Zustand beraubt die Universitäten zudem eines wertvollen Potentials.
Um Gleichberechtigung an der Uni durchzusetzen- oder wenigstens einen Schritt in diese Richtung zu unternehmen- reicht es nicht aus, Rhetorik- und Selbstverteidigungskurse und ein paar Diskussionen zu veranstalten, obwohl dies natürlich dazugehört. Wir werden uns dafür einsetzen, daß es solche Angebote weiterhin gibt. Jedoch muß an erster Stelle einer aktiven Frauenpolitik an der Universität die umfassende Information und Beratung der Studentinnen stehen. Dieser Aspekt wurde vom jetzigen AStA sträflich vernachlässigt. Wir werden euch sowohl über Veranstaltungen, Fördermaßnahmen und Qualifikationsmöglichkeiten, aber auch über Mißstände informieren und euch aufzeigen, wo ihr Rat und Hilfe bekommen könnt.
Natürlich reicht es nicht aus, nur lamoryant ungerechte Studienbedingungen für Frauen zu beklagen. Vielmehr gibt es viel zu tun: Wie also stellen sich JungsozialistInnen eine engagierte Frauenpolitik im neuen AStA vor? Die Abschaffung des autonomen FrauenLesbenreferats und des Referates für feministische Politik durch den alten konservativen Asta war der Tod unabhängiger, offensiver Frauenpolitik. Wir halten es für notwendig, die in bestimmten Punkten legitimerweise differierenden Anliegen von Frauen und Lesben in zwei selbstständigen Referaten zu vertreten.
Chancengleichheit
Frauen müssen ohne jede Benachteiligung und Belästigung mit den gleichen Chancen wie Männer studieren können. Deshalb müssen Frauen in die Gremien und Kommissionen mit Entscheidungskompetenzen, um die Universität mitgestalten zu können.
Ein wichtiger Schritt ist außerdem der Frauenförderplan. Allerdings fordern wir, daß in ihm wirkliche Sanktionsmöglichkeiten bei sexueller Belästigung oder Nichtberücksichtigung von Frauen bei der Stellenvergaben festgeschrieben werden. Gemeinsam mit der Universitätsfrauenbeauftragten wollen wir uns in diesem Sinne für die Verabschiedung des Förderplans und seine konsequente Umsetzung einsetzen.
Himmelschreiende Verhältnisse sind leider immer noch bei der Vergabe von Hilfskraftstellen (oder TutorInnenstellen) zu beobachten. Wir fordern eine Uni - interne Quote für Hilfstellen!
Frauenforschung
Auch im Lehrangebot muß die Artikulierung frauenspezifischer Forschungsinteressen weiter gefördert werden. Zudem müssen deutsche Universitäten endlich den Anschluß an die internationale Forschung zu Geschlecht und Geschlechterrrollen bekommen. Wir werden daher nicht nur interdisziplinäre Veranstaltungen zur Frauenforschung und zu Gender Studies planen und durchführen, sondern auch gezielt autonome Seminare in diesem Bereich unterstützen.
Um uns überhaupt einen Überblick über die spezifischen Probleme und Anliegen der einzelnen Fächer hinsichtlich der Lücken im Lehrangebot und der möglichen Mängel bei Berufungsverfahren zu verschaffen, ist es unerläßlich, Kontakt zu den Fachbereichen zu unterhalten. In diese Teamarbeit müssen auch die Arbeitskreise, die in vielen Fächern seit langem effektive Arbeit leisten, miteinbezogen werden. Vor allem in den Naturwissenschaften sind Frauen nach wie vor in der Minderheit - das muß sich endlich ändern. Gemeinsam mit den jeweiligen Fachschaften wollen wir nach Möglichkeiten suchen, wie für Frauen Anreize geschaffen werden können, naturwissenschaftliche Fächer zu belegen oder ihr Studium dieser Fächer nicht vorzeitig abzubrechen.
Frauenförderung an der Uni heißt auch, die Rahmenbedingungen für das Studium zu verbessern. Es gilt, die soziale Infrastruktur der Universität so zu ändern, daß Studieren mit Kind oder eine Familienpause für Frauen - wie auch für Männer! - nicht das Ende einer wissenschaftlichen Karriere bedeutet. Die Anzahl von Kontakt- und Wiedereinstiegsstipendien muß erheblich steigen, ebenso die Kindergarten und -tagesstättenplätze.
Gerade in Zeiten tatsächlicher oder nur vorgetäuschter Finanznot müssen wir JungsozialistInnen uns zu AnwältInnen eines sozial abgefederten Studiums machen! Daneben lassen sich aber auch vor Ort konkrete Schritte tun. Immer noch sind der Campus und besonders das MZG für viele Frauen "Angst-Räume", und das nicht bloß nachts! Es ist an der Zeit, daß diesen Auswüchsen männlicher Architektur endlich sinnvoll ihr angstmachendes Potential genommen wird. Ein erster Schritt wäre, die Außenmauern der Campusgebäude mit Bewegungsmeldern auszustatten, so daß vor allem die dunklen Ecken ausgeleuchtet werden können.
Reform der Hochschulen
Engagierte Frauenpolitik an der Universität ist nicht nur Selbstzweck, sondern soll langfristig den Anstoß zu einer Reform der bisherigen patriarchal - hierarchischen Strukturen des Universtiätsbetriebs geben. Dazu gehört neben einer wissenschaftskritischen Auseinandersetzung mit den Inhalten von Lehre und Forschung auch die Demokratisierung der Hochschule. Daneben aber muß der Abbau männlicher Dominanz im Hochschulbereich auch im kleinen beginnen, z.B. durch regelmäßige Reflexionen über das Redeverhalten in den Seminaren. Außerdem muß Teamarbeit gefördert werden. Teamarbeit unter den Studierenden (Männern und Frauen), zwischen Fachschaften, Basisgruppen und AStA, einzelnen feministischen Initiativen und den Frauenbeauftragten. Denkt dran: Nur gemeinsam sind wir stark!
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