24.3.97

> Editorial

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v Salto fatale: Entdemokratisierung der Uni

In der allgemeinen Diskussion um die größere Autonomie der Hochschulen hat jetzt eine "Expertenkommission" unter Federführung des vom Bertelsmann-Verlag finanzierten "Centrum für Hochschulentwicklung" (CHE) die Bildung von "Hochschulräten" vorgeschlagen.

Die Uni als Aktiengesellschaft

Diese Räte sollen -- vergleichbar den Aufsichtsräten in Aktiengesellschaften -- die "Fachaufsicht" über die Universitäten und Hochschulen ausüben. Dabei sollen sie Kompetenzen und Aufgaben des Wissenschaftsministeriums übernehmen, so z.B. die Genehmigung von Prüfungs-, Promotions- und Studienordnungen, auch die Einrichtung oder Aufhebung von Professuren und die Ernennung, Beförderung und Entlassung von Professoren. Außerdem sollen sie das Recht bekommen, die Hochschulleitung nach Rückkopplung mit dem Senat zu wählen und zu bestellen. Die Hochschulleitung wäre dann auch dem Hochschulrat gegenüber persönlich rechenschaftspflichtig. Angeblich würden die Hochschulräte einen wichtigen Beitrag zur Reform des Hochschulsystems in Deutschland leisten und die Selbständigkeit und Verantwortlichkeit der Hochschulen stärken. Das klingt sinnvoll, ist aber nur die eine Seite der Medaille.

Demokratische Kontrolle abbauen

Mitglieder der Hochschulräte sollen externe, ehrenamtlich arbeitende Personen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft sein, die auf Vorschlag der einzelnen Hochschule vom Land als Träger der Universitäten bestellt werden. Äußerst problematisch ist bei diesem System, daß die Hochschule durch ihr Vorschlagsrecht die Mitglieder des Hochschulrates bestimmt. Das heißt, letztendlich wird der Einfluß der demokratisch gewählten Landesregierung auf die Hochschulen reduziert. Dies soll Anreize für einen effektiveren Einsatz des Hochschuletats geben, letztlich bedeutet es aber, daß die Hochschulen kaum mehr der demokratischen Kontrolle unterliegen, sondern völlig der Eigenkontrolle und dem Einfluß der Wirtschaft preisgegeben werden. Dies wird dazu führen, daß die Hochschulen effizienter (d.h. wirtschaftlich verwertbar) arbeiten und die Interessen der Statusgruppen der Uni unter den Tisch fallen. Von einer demokratischen Uni, von Mitspracherecht von Angestellten und Studierenden, von Rechten von Frauen, von demokratischer Kontrolle usw. ist in der Diskussion keine Spur mehr vorhanden.