rotation Nr. 22


22.4.97

> Editorial

v Verfahrene Debatte: Sitzung des Studierendenparlaments endete vorerst im Chaos

Spaß dürfte sie ja auch machen, aber sie sollte vor allem produktiv sein, so eine Sitzung des Studierendenparlamentes (StuPa). Die ständige Wiederholung von Empfindlichkeiten und Petitessen, wie auch insgesamt die z.T. dadaistisch wirkenden Diskussionen führten dazu, daß die StuPa- Sitzung vom Montag mitunter mehr an ein gut geschriebenes Lustspiel erinnerte denn an ernste Politik.

Auch manch unfreiwillige Komik kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß im Hohen Hause offensichtlich nicht inhaltlich diskutiert werden kann. Nach der Wahl einer neuen zweiten StuPa-Sprecherin (Eva-Maria Spreitz, ADF), durch die jetzt erstmals die Opposition im Präsidium des StuPa vertreten ist, und dem Bericht des AStAs über seine vielfältige Arbeit ging es um den AStA-Haushalt für das Jahr 1997/98. Statt konstruktiv an der Gestaltung des Haushalts mitzuwirken, wiederholte die Opposition stundenlang die immergleichen Fragestellungen. Bemängelt wurde vor allem, daß angeblich zu viele Sonderinteressen von Einzelgruppen bedient würden. In konkrete Forderungen umgesetzt hieß das: Kürzung der Gelder beim Zuschuß für Social Work, beim autonomen Schwulen- und FrauenLesbenreferat sowie der Sachbearbeiterinnenstelle Feminismus. Zynisch forderte der RCDS, daß für die feministische Arbeit ja eine kleine Anerkennung ausreiche und die zwei Frauen des FrauenLesbenreferates sich ja auch halb soviel Geld teilen könnten. Noch radikaler wollte mensch die Gelder für Social Work kürzen. Deren "Selbstständigkeit" solle durch Einsparungen bei der finanziellen Unterstützung gefördert werden. Sonderinteresse ist in den Augen des RCDS auch die antifaschistische Arbeit, besonders die des Antifa-Archivs, die ebenfalls ohne finanzielle Unterstützung des AStAs stattfinden solle.

Durch mangelnde Vorbereitung und eine ungeordnete Flut solcher lächer- bis ärgerlichen Änderungsanträge ließen die Oppositionsgruppen die Debatte ins Chaos laufen. An der verfahrenen Diskussion tragen sie jedoch nicht die Alleinschuld: Auch Teile des AStA boten leider während der Haushaltsdebatte kein besonders eindrucksvolles Bild. Der Finanzreferent ging kaum auf die Fragen der Opposition ein. Streckenweise verweigerte er sich der Diskussion durch konsequentes Weghören. Daß er sein Verhalten mit Lustlosigkeit begründete, machte die Sache auch nicht besser.

Hintergründe

Um die langwierige Debatte zwischen den den AStA tragenden Fraktionen und der Opposition besser einschätzen zu können, muß auf einige Grundpositionen der Haushaltspolitik genauer eingegangen werden. Während der letztjährige Haushalt sehr kleinteilige Mittelzuweisungen enthielt, wird in diesem Jahr deutlich mehr über größere Töpfe finanziert, also nicht für jedes Projekt ein eigener Titel eingerichtet. Gerade bei knappen Mitteln (vgl. S. 2) ermöglicht das dem AStA, in seinen Aktionen flexibel auf die sich ständig wandelnden Anforderungen zu reagieren. Wenn es um neue Gesetze im Hochschulbereich, Einschreibgebühren oder eine neue Grausamkeit bei den sozialen Einsparmöglichkeiten geht, sind schnelle Aktionen "überlebenswichtig". Nachdem im letzten Jahr versäumt wurde, sich mit solchen Themen ernsthaft auseinanderzusetzen, muß jetzt verstärkt nachgearbeitet werden. Die Haushaltspolitik der kleinen Töpfe, die der gemäßigte Ex-AStA praktizierte, brachte eben auch nur kleine, mäßige Politik hervor.

Politik statt Lustlosigkeit

Die Jusos haben schon in mehreren rotationen dargelegt, wo insbesondere ihre sozial- und hochschulpolitischen Schwerpunkte liegen. Lustlosigkeit und die Verweigerung des politischen Alltags, wie sie manche linke Gruppen in dieser StuPa-Sitzung befiel, helfen bei deren Umsetzung sicherlich nicht weiter.

Die Haushaltsberatung ist schließlich um zwei Uhr am Dienstag auf die nächste Woche vertagt worden. Solche Null-Ergebnisse können die Studierenden teuer zu stehen kommen. Weder Verweigerung noch Mäßigkeit wären angesagt!

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