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Indeed: Britain deserves better - Ist Labour's Sieg ein Sieg der Linken?
Bonzen-Uni Göttingen - Das Studium ist Privileg für Reiche
Die Sozialstruktur an den bundesdeutschen Universitäten unterliegt einem dramatischen Wandel. Immer weniger Studis kommen aus einkommensschwachen Familien, immer mehr Kinder aus privilegiertem Hause bevölkern die Hörsäle. Göttingen liegt dabei voll im Trend: Die Chancengleichheit verkommt auch an unserer Uni zum Fremdwort. 1982 kamen noch 57% der Studierenden aus einfachen Verhältnissen, davon 23% aus Familien mit sehr niedrigem Einkommen. Mittlerweile sind es 11,6% mit armen Eltern, insgesamt 37,9% aus unteren Einkommensgruppen. Die Kinder der Reichen dominieren die Unis: 62,1% der Studis kommen aus gehobenen Schichten. Davon entstammen 30,7% den hohen Einkommensgruppen, die unter anderem gutverdienende Selbständige und AkademikerInnen umfassen.
Wer ist die Reichste im ganzen Land...?
In Göttingen ist die Lage sogar noch erschreckender. Hier machen Kinder aus privilegierten Familien über 66% aus, entstammen nur noch 9,7% den untersten Schichten. Den Hauptteil der Studis bilden AkademikerInnenkinder und Sprößlinge des gehobenen Bürgertums. Besonders deutlich wird der Unterschied im Vergleich mit anderen niedersächsischen Universitäten. Der Landesdurchschnitt liegt bei "nur" 58% an Privilegierten, in Niedersachsen ist Göttingen somit eindeutig die "Bonzen"-Uni. Besonders deutlich wird diese Entwicklung auch an den BAföG-Zahlen. Anfang der 70er Jahre erhielten 38% der Studierenden die staatliche Ausbildungsunterstützung, 17,4% den BAföG-Höchstsatz. Heute kommen in Göttingen nach Auskunft des Studentenwerks nicht einmal mehr 14% in den Genuß der Förderung. Nur noch 3-4% erhalten den höchstmöglichen BAföG-Satz, der zur Zeit bei 905 DM (ohne Krankenversicherung) liegt. Verstärkt wird das Dilemma der sozial Schwachen an der Uni durch die Auswirkungen der 18. BAföG-Novelle seit dem Sommer letzten Jahres. Das BAföG - grundsätzlich seit einigen Jahren nur noch als Teildarlehen gezahlt - wird bei Überschreitung der Regelstudienzeit zum verzinsten Volldarlehen. Auch nach einem Wechsel des Studiengangs wird ein Teil des Studiums nur noch mit einem Bankdarlehen gefördert, das frei den Gesetzen des Finanzmarktes gehorcht, zu marktüblichen Zahlen verzinst wird und mit der sozialpolitischen Zielsetzung des BAföG nichts mehr gemein hat. Deutlicher könnten die Zahlen nicht sprechen, wenn es um die Sozial- und Bildungspolitik der Bundesregierung geht. Der Sozialchauvinismus des „Zukunftsministers" Rüttgers stellt nur die Spitze des Eisbergs dar. Kontinuierlich haben Kohls Kabinette in ihrer mittlerweile beinahe 15-jährigen Amtszeit für eine Polarisierung der Gesellschaft und die Privilegierung der Reichen gewirkt.
Ausgrenzung beabsichtigt
Die Entwicklung der Sozialstruktur an den Unis ist ein unmittelbares Resultat dieser Politik. Eine Ausschaltung der finanziell Benachteiligten und der Zwang zum eingleisigen und eiligen Studium schafft zahme Studis und unmündige BürgerInnen. Bislang geht diese Rechnung, die Verhinderung von Zivilcourage und politischem Protest zum Ziel hat, auf, und läßt die Revolte auf sich warten. Wie lange noch?!
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