12.5.97
Indeed: Britain deserves better - Ist Labour's Sieg ein Sieg der Linken?
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Profs ohne Habil - dafür auf Zeit? - Grüne regen Diskussion um Personalstruktur an
Ein Hauch von Rotem Wien - Göttinger Jusos zum 1.Mai in Wien
Der Verband der sozialistischen StudentInnen Österreichs (VSSTÖ) führt derzeit Wahlkampf. In Österreich wird diese Woche die Studierendenvertretung, die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH), nicht nur an der jeweiligen Uni, sondern auch als bundesweites Studierendenparlament gewählt. Vor zwei Jahren, solange währt die übliche Amtsperiode, konnte sich zum erstenmal in der Nachkriegsgeschichte eine linke Koalition durchsetzen. Die ablaufende ÖH-Zeit war geprägt durch den Kampf gegen das alpenländische Sparpaket, der vor gut einem Jahr seinen Höhepunkt darin fand, daß 40.000 protestierende Studis auf die Straßen Wiens gingen (rotation berichtete). Die anfänglich positive öffentliche Meinung schlug um, als die in Österreich mächtigen konservativen Boulevardmedien vehement gegen das ihrer Meinung nach weit überzogene politische Mandat der ÖH wetterten. So blieben letztlich nur Teilerfolge übrig. Eine Tatsache, die die rechten Uni-Listen nun als Versagen darstellen. Darunter befinden sich Gruppierungen, gegen die der hiesige RCDS wirkt wie eine Speerspitze gesellschaftlichen Fortschritts. Eine monarchistisch angehauchte Gruppe stellt Homosexuelle als den Abschaum der Menschheit dar und der Ring Freiheitlicher Studenten steht seinem Parteivorsitzenden Haider ob dessen „liberaler„ Haltungen skeptisch gegenüber.
Uniwahlen in Österreich
Das offene Rennen geht um die vielbesungene Mitte, und das mit Mitteln, die den Göttinger Uniwahlkampf gewohnte BeobachterInnen in einige Verwunderung über hier Undenkbares bringen. So plakatiert der VSSTÖ an 900 Wiener Bushaltestellen das Konterfei seiner Spitzenkandidatin. Da sollte zumindest die Frage erlaubt sein, wie damit ein alternativer Politikentwurf vermittelt werden kann. Soll auch gar nicht: "Die Leute verbinden uns eh mit der Sozialdemokratischen Partei". Dabei benötigt die Politik zwischen Donau und Alpen dringend Impulse, um sich aus der gegenwärtigen Lähmung zu befreien. Seit nunmehr 27 Jahren ist die SPÖ ununterbrochen an der Regierung: Rekord für eine demokratisch gewählte Partei. Das ist nicht schlimm. Bedrohlich ist vielmehr, daß die SPÖ mittlerweile die konservative ÖVP zur Mehrheitsbeschaffung benötigt.
SPÖ zwischen allen Stühlen
Eine Ampelkoalition mit den Grünen und dem Liberalen Forum hat bundesweit keine Mehrheit und wird dort, wo sie möglich ist, z.B. im Wiener Rathaus, abgelehnt. Auch die Sozialistische Jugend (SJ), vergleichbar den deutschen Jusos, kann mit den Liberalen nur in Fragen von Minderheitenrechten auf einen Nenner gelangen, hält sie wirtschaftspolitisch aber für neoliberale Hardliner. Opposition, obwohl von so manchen angedacht, ist gleich gar keine Alternative, würde das doch den leibhaftigen Gottseibeiuns ins Kanzleramt hieven. Nicht der erste braune Österreicher, der in der Regierungsverantwortung seine Unfähigkeit beweisen sollte, auch wenn man mit solchen Vergleichen vorsichtig umgehen sollte. Überdies zerstörte das die letzten Reste emanzipatorischer Politik, die trotz aller SPÖ-Bewegungen zur Mitte hin noch deutlich spürbar sind, was sich z.B. in der Hochschulpolitik zeigt, bei der die Offenhaltung der Unis höchste Priorität genießt. Daß die Sozialdemokratie auch noch weithin als kultureller Zusammenhang begriffen wird, wurde par excellence am 1.Mai vorgeführt. 40.000 Rote zogen an der Rathaustribüne vorbei. Jede Gliederung wurde einzeln begrüßt, ihre Transparente per Lautsprecher vorgelesen. Der neue Bundeskanzler und Parteivorsitzende "Alpen-Clinton" Viktor Klima ließ sich zwar wegen Grippe entschuldigen, Wiens Bürgermeister Häupl hielt aber auch allein eine kämpferische Rede. Die SPÖ als Protestpartei gegen die neoliberale Ideologie zu organisieren, hält er für einen "Kampfauftrag für die Zukunft". Die tatsächliche Politik gebärt sich weitaus kleinlauter. Der Verweis auf die Eierei der SPD war für die österreichischen GenossInnen allerdings eine leichte Retourkutsche.