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Das Spiel von Liebe und Vergewaltigung
von Christina Rademacher, Göttinger Tageblatt am 31. 10. 1997

Höher, immer höher schwingt die Schaukel. Dvori fliegt mit Assaf in den siebten Himmel. Doch die Romanze blüht nur in Dvoris Phantasie. Außer Assaf sind noch drei andere Jungen auf dem Spielplatz. Und die haben die 14jährige schon in ihrer Gewalt, bevor sie sie vergewaltigen. Kein Spiel mehr.
"Games in the Backyard" heißt das 1993 uraufgeführte Stück der israelischen Autorin Edna Mazya. In vielem erinnert es an Jonathan Kaplans Film "Angeklagt", eine trotz des brisanten Themas erfolgreiche Hollywood-Produktion, in der Jodie Foster eine aufreizende junge Frau spielt, die in einer Kneipe mehrfach vergewaltigt wird. Im Theater im OP war das Publikumsinteresse bei der Premiere am Mittwoch dagegen nicht so groß wie gewohnt.
Dabei ist Mazyas Stück in der Inszenierung von Thomas Müller ein sehr gelungener Beitrag für das Projekt "Gewalt im Spiel". Die Handlung beruht auf einem authentischen Fall: 1988 war eine 14jährige aus einem Kibbuz bei Haifa von elf jugendlichen Kibbuzmitgliedern wiederholt vergewaltigt worden. Nachdem der Richter das Opfer zunächst für unglaubwürdig erklärt hatte, wurden die Jungen später doch noch schuldig gesprochen.
Der Justiz räumt auch Edna Mazya eine wichtige Rolle ein, ohne jedoch ein Gerichtsdrama geschrieben zu haben. Vielmahr spiegeln die Szenen im Gerichtssaal, die die Geschehnisse auf dem Spielplatz immer weder unterbrechen, vorwegnehmen und bewerten, lediglich die gesellschaftlichen Umstände wider, die den Tätern die Tat erleichtern.
Als Dvori den Mut findet, vor Gericht auszusagen, kreisen die Verteidiger sie ein wie vorher die Jungs auf dem Spielplatz. Nicht nur die Spielregeln sind identisch, auch die Personen: Die Täter spielen zugleich die Verteidiger, das Opfer ist die Ankägerin. Als die Verhandlung beendet ist, kullert ein Ball herein. Die Männer fangen an zu kicken, ziehen die Roben aus und gehen zum Spielplatz. Dort geht das Spiel weiter - mit anderen Mitteln.
Wie sich der verspielte Shmulik (Stefan Bolten), der coole Sela (Jan Jürgens) und der ruhige Gidi (Markus Piccio) von ihrem kaltschnäuzigen Anführer Assaf (Hans-J. Hannemann) zu einer Mannschaft aufstellen lassen, der es nur um einen Sieg über die freche Dvori (Sonja Schmidt) geht, ist bedrückend und spannend zugleich. Fast macht es Spaß, das Spiel zu verfolgen - wenn man nicht wüßte, daß es das nie war.



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