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Lexikon&Morphologie
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Sprachwandel
Kapitel 6
Pragmatik


Aufgabe 1

a. Aufgrund der Relevanzmaxime kommt es bei der Äußerung Heute, 27. März, ist der Kapitän nicht betrunken die Implikatur “Der Kapitän ist meistens betrunken”. Denn: In einem Logbuch stehen in aller Regel nur besondere Vorkommnisse; nimmt man nun an, dass die Person, die den Eintrag im Logbuch gemacht hat, sich kooperativ verhalten und die Relevanzmaxime befolgt hat, dann kann man daraus schließen, dass es etwas Besonderes ist, dass der Kapitän an diesem Tag nicht betrunken ist, dass er folglich sonst meistens betrunken sein muss.

b. Die erste Quantitäts- und die Qualitätsmaxime sind hier einschlägig. Durch die Frage von Ottilie ist die Richtung des Gesprächs vorgegeben. Nun fällt es einem schwer anzunehmen, dass Eduard mit seiner Antwort kooperativ ist. Doch unterstellt man dies, so ist klar, dass er nicht die Information liefert, die erfor­derlich ist – er sagt ja nicht, wie er heißt. Also verletzt Eduard die erste Maxime der Quantität. Kooperativität unterstellt muss er einen rationalen Grund gehabt haben, eine Formulierung zu wählen, die eine Maxime verletzt. Der Grund kann mit Blick auf die Konversa­tions­maximen nur darin liegen, dass er die Maximen der Qualität einhalten wollte, also insbesondere nichts sagen wollte, wofür er keine adäquaten Evidenzen hat. Kurz: Wenn er kooperativ ist, dann hat er sich so verhalten, wie er sich verhalten hat, weil er sich nicht sicher ist, wie er heißt. So lässt sich also mit dem Kooperationsprinzip und den Konversationsmaximen die Implikatur ableiten, dass Eudard sich nicht sicher ist, wie er heißt.

Der Fall liegt also ganz ähnlich wie bei dem Fakultätsbeispiel: Die Implikatur entsteht durch einen Widerstreit zwischen der Quantitäts- und der Qualitätsmaxime.

c.i. Aufgrund der ersten Quantitäts- und der Qualitätsmaxime kommt es zu der Implikatur, dass B nicht weiß, wo Sabine ist. (Vgl. das Fakultätsbeispiel sowie Aufgabe 1b.)

c.ii. Aufgrund der ersten Quantitätsmaxime kann man schließen, dass B alle erforderliche Information gegeben hat, das heißt, die genaue Anzahl seiner Eigentore genannt hat. Damit implikatiert B, dass er nicht mehr als ein Eigentor geschossen hat.

c.iii. B implikatiert konversationell, dass A die Leiter haben kann. Entscheidend ist die Relevanzmaxime.


Aufgabe 2

i. Mit partikularisierten Implikaturen haben wir es zu tun bei Ich habe sie heute noch nicht gesehen und Ich brauche sie nicht. Denn, dass implikatiert wird, dass B Sabine heute noch nicht gesehen hat bzw. dass A die Leiter haben kann, dies ergibt sich nur aus dem ganz speziellen Kontext, in dem diese Äußerungen stehen.
Dies ist deutlich anders bei Ich glaube Eduard. Auch wenn Ottilie Charlotte frägt, wie der Typ in der Ecke heißt, implikatiert Charlotte mit der Antwort Ich glaube Eduard, dass sie sich nicht so sicher ist, wie der Typ heißt. Die Implikatur des Sich-nicht-sicher-Seins tritt ganz generell auf bei solchen Äußerungen. Also handelt es sich hier um eine generalisierte konversationelle Implikatur. Auch die Quantitätsimplikatur von Ich habe ein Eigentor geschossen wird in der Literatur als eine generalisierte Implikatur betrachtet, was zumindest nahe liegend scheint, wenn ein einen Fokusakzent trägt.
Der schwierigste Fall ist Heute, 27. März, ist der Kapitän nicht betrunken. Obwohl es doch eine sehr spezielle Situation ist (Eintrag im Logbuch), kann man sich gar nicht so leicht eine Situation vorstellen, wo ein solcher Satz nicht die Implikatur hat, dass der Kapitän sonst meistens betrunken ist. Demnach müsste es sich um eine generalisierte konversationelle Implikatur handeln.
Die Unterscheidung zwischen partikularisierten und generalisierten konversationellen Implikaturen ist nicht immer leicht anzuwenden. Man kann sich sogar fragen, ob diese Unterscheidung wirklich Sinn macht (vgl. Matsumoto 1995).

ii. Die Implikatur von Heute, 27. März, ist der Kapitän nicht betrunken, dass nämlich der Kapitän sonst meistens betrunken ist, ist
– kalkulierbar: Der Hörer kann die Annahme machen, dass der Sprecher sich nur dann kooperativ verhält und die Maximen beachtet, wenn der Sprecher annimmt, dass der Kapitän sonst meistens betrunken ist. Mit dieser Annahme des Hörer ist ein Schlussprozess der Art (8) auf S. 217 möglich, aus dem sich ergibt, dass der Sprecher konversationell implikatiert, dass der Kapitän sonst meistens betrunken ist.
– annullierbar: siehe das Beispiel im Buch S. 214: Heute, 27. März, ist der Kapitän nicht betrunken. Er ist so nüchtern wie an allen anderen Tagen auch.
– inhaltsbasiert: Die selbe Implikatur entsteht, wenn man betrunken ersetzt durch besoffen oder nicht betrunken durch nüchtern ersetzt: Heute, 27. März, ist der Kapitän nicht betrunken; Heute, 27. März, ist der Kapitän nüchtern.
– bekräftigbar: Heute, 27. März, ist der Kapitän nicht betrunken, sonst aber ist er meistens betrunken.

Die Implikatur von Ich glaube Eduard, dass der Sprecher sich nicht sicher ist, wie sein Name lautet, ist
– kalkulierbar: Der Hörer kann die Annahme machen, dass der Sprecher sich nur dann kooperativ verhält und die Maximen beachtet, wenn der Sprecher sich nicht sicher ist, wie er heißt. Mit dieser Annahme des Hörer ist ein Schlussprozess der Art (8) auf S. 217 möglich, aus dem sich ergibt, dass der Sprecher konversationell implikatiert, dass er sich nicht sicher ist, wie sein Name lautet.
– annullierbar: Hier ist es nicht ganz einfach, ein halbwegs sinnvolles Beispiel zu finden: Ich glaube Eduard, bin mir sogar sicher, dass ich so heiße.
– inhaltsbasiert: Die selbe Implikatur entsteht, wenn man glaube ersetzt durch vermute oder ich glaube durch möglicherweise ersetzt: Ich vermute Eduard; Möglicherweise Eduard.
– bekräftigbar: Ich glaube Eduard, bin mir aber nicht so sicher.

Die Implikatur von Ich habe sie heute noch nicht gesehen, dass der Sprecher nicht weiß, wo Sabine ist, ist
– kalkulierbar: Der Hörer kann die Annahme machen, dass der Sprecher sich nur dann kooperativ verhält und die Maximen beachtet, wenn der Sprecher nicht weiß, wo Sabine ist. Mit dieser Annahme des Hörer ist ein Schlussprozess der Art (8) auf S. 217 möglich, aus dem sich ergibt, dass der Sprecher konversationell implikatiert, dass er nicht weiß, wo Sabine ist.
– annullierbar: Ich habe sie heute noch nicht gesehen, sie hat mir aber gestern gesagt, dass sie heute ans Sprachenzentrum geht.
– inhaltsbasiert: Die selbe Implikatur entsteht, wenn man sagt: Ich habe Sabine heute noch nicht zu Gesicht gekommen.
– bekräftigbar: Ich habe sie heute noch nicht gesehen und weiß nicht, wo sie ist.


Aufgabe 3

(i) Auch Eduard ist abgereist. a. Eduard ist abgereist. => Aussage
b. Ottilie, Charlotte oder der Hauptmann ist abgereist. => Präsupposition

(i') a. Ist auch Eduard abgereist?
b. Es ist nicht der Fall, dass auch Eduard abgereist ist.
c. Es ist möglich, dass auch Eduard abgereist ist.
>> Ottilie, Charlotte oder der Hauptmann ist abgereist.
=/=> Eduard ist abgereist.

(ii) Sogar Eduard ist abgereist.
a. Eduard ist abgereist. => Aussage
b. Ottilie, Charlotte oder der Hauptmann ist abgereist. => Präsupposition
c. Von Eduard war es am wenigsten zu erwarten, dass er abreisen würde. => Präsupposition

(ii') a. Ist sogar Eduard abgereist?
b. Es ist nicht der Fall, dass sogar Eduard abgereist ist.
c. Es ist möglich, dass sogar Eduard abgereist ist.
>> Ottilie, Charlotte oder der Hauptmann ist abgereist.
>> Von Eduard war es am wenigsten zu erwarten, dass er abreisen würde.
=/=> Eduard ist abgereist.


Aufgabe 4

a. Explizite Performative sind:
Ich bitte um etwas Geduld.
Die Passagiere werden gebeten, ihre Handys auszuschalten.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es schon sehr spät ist.

b. Performative Verben sind: bekräftigen, zustimmen, ersuchen


Aufgabe 5

(i) Versprechen
– Der Sprecher prädiziert von sich eine zukünftige Handlung H (Bedingung des propositionalen Gehalts).
– Der Adressat zieht die Ausführung von H durch den Sprecher der Unterlassung von H vor, und der Sprecher glaubt, dass der Adressat die Ausführung von H durch den Sprecher der Unterlassung von H vorzieht (erste Einleitungs­bedingung).
– Es ist sowohl für Sprecher wie Adressat nicht offensichtlich, dass der Sprecher bei normalem Verlauf der Dinge H aus eigenem Antrieb tun wird (zweite Einleitungsbedingung).
– Der Sprecher beabsichtigt, H zu tun (Aufrichtigkeits­bedingung).
– Die Äußerung des Satzes gilt als Übernahme der Verpflichtung des Sprechers, H zu tun (wesentliche Bedingung).

(ii) Danken
– Der Sprecher prädiziert vom Adressaten eine in der Vergangenheit liegende Handlung H (Bedingung des propositionalen Gehalts).
– Die Handlung H nützte dem Sprecher, und der Sprecher glaubt auch, dass H ihm nützte (Einleitungs­bedingung).
– Der Sprecher empfindet dem Adressaten gegenüber Dankbarkeit oder Anerkennung (Aufrichtigkeitsbedingung).
– Die Äußerung des Satzes gilt als Ausdruck der Dankbarkeit oder Anerkennung (wesentliche Bedingung).


Aufgabe 6

a. Sie (erster Redezug), mir (dritter Redezug), ich (fünfter Redezug): situative Personaldeixis. (gleich) hier (vierter Redezug): situative Lokaldeixis.

b. Mir ist das Benzin ausgegangen ist direkt eine Feststellung und indirekt eine Frage dannach, wo man Benzin bekommen kann. Dass man sich bei der Tankstelle beim Postamt mit Benzin versorgen kann, ergibt sich als konversationelle Implikatur aus Beim Postamt, äh, gleich hier um die Ecke gibt es eine Tankstelle.

c. Der gesamte Satz ist Fokus: [Mir ist das BenZIN ausgegangen]F Fokusexponent: BenZIN

d. A: Entschuldigen Sie. [Anrede]
B: Ja? [Erwiderung der Anrede]
A: Mir ist das Benzin ausgegangen. [Feststellung+Frage]
B: Kein Problem. Beim Postamt, äh, gleich hier um die Ecke gibt es eine Tankstelle.[2x Feststellung]
A: Oh, da habe ich ja nochmal Glück gehabt. Vielen Dank! [Feststellung, Dank]
B: Keine Ursache. Auf Wiedersehen. [Feststellung+Erwiderung des Dankes, Verabschiedung]
A: Auf Wiedersehen. [Verabschiedung]