rotation Nr. 24


rotation Nr. 24 - 4.Juni 1997

> Editorial

>Scheuklappen und Tatsachen
Zu den Pamphleten gegen die Wehrmachtsausstellung

>Ein Jahr für nichts
Bund und Länder treten bei der BAföG-Reform auf der Stelle

>Start der Reihe zum "Deutschen Herbst":
20 Jahre "Mescalero-Affäre"

>Die Jusos im AStA

>"Fuck Chirac!" - Jospin vient.
Frankreichs Präsident überlistet sich selbst

>Maske oder Profil?
Kommentar zur SPD und den jüngsten Wahlen in Europa

>Studierendenparlamentssitzung am 2.6.:
Neulich im StuPa...
Appetitliches und Unappetitliches

>Zukunft als Bittsteller?
AStA Münster kämpft (nicht nur) um das Politische Mandat

v"Meinungsfreiheit!"
Interview mit Rudi Mewes,
AStA-Vorsitzender in Münster


rotation: Die Auseinandersetzungen in Münster haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Was ist aus deiner Sicht das besondere am Urteil vom 23. April?
Rudi: Wie schon früher macht sich auch hier das OVG gegen alle gesellschaftskritischen Themen stark: Der Abdruck eines Interviews mit einem Kommunisten, der lange im KZ saß, wird verboten. Gleichzeitig müssen sich Studierende an der FH Münster die Ausfälle eines Politik-Profs gefallen lassen, der z.B. den Juden eine Mitschuld am 2. Weltkrieg gibt. Konkret ist uns nicht nur die historische Beschäftigung mit dem Faschismus verboten wurden. Es wird erstmals auch ganz massiv in die fachlichen Aufgaben der Fachschaften eingegriffen.
rotation: Wie geht Ihr denn in Münster mit dieser Situation um?
Rudi: Wir haben die Stelle eines "Beauftragten für das politische Mandat" eingerichtet. Der kümmert sich z.Zt. vor allem um die Novellierung des Uni-Gesetzes NRW. Das Problem ist, daß das Gericht zuletzt Bundesrecht bemüht hat. Sollte dieser Argumentation in letzter Instanz gefolgt werden, kann man im Prinzip alle fortschrittlichen Landeshochschulgesetze in die Tonne treten. Allgemein wird unsere Arbeit durch die Prozesse schon sehr gelähmt. Die berühmte "Schere im Kopf" funktioniert angesichts der Höhe der Strafandrohung leider ganz gut. Wir versuchen aber, die wichtigsten Themen trotzdem zu bearbeiten - notfalls über die linken Listen. Die ziehen dabei auch alle an einem Strang.
rotation: Ihr habt ja schon mehr als einen Prozeß hinter euch. Wer klagt denn eigentlich immer?
Rudi: Kläger ist immer wieder der gleiche Studi aus dem rechts-konservativem Milieu, der z.B. meint, der AStA sei "nicht für den Aufstand von Bergvölkern in Südostanatolien oder den Widerstand gegen die segensreiche Energiequelle des Atoms" zuständig. Bedenklich ist, daß der Herr seine Aktivitäten ausweitet: So klagen in Wuppertal und Bonn RCDS-Mitglieder mit demselben Anwalt gegen die dortigen ASten. Ähnliche Verfahren laufen in Bremen, Potsdam und Marburg - hier klagt der "Republikaner", der kürzlich ins Stupa gewählt wurde.
Wir hoffen, daß der aktuelle Angriff auf Opfer des Faschismus die Akzeptanz solcher Urteile verringert und Gesetzgeber und Gerichte den ASten endlich Meinungsfreiheit zubilligen.

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